Beißen für Anfänger 1: Hexenzirkus (German Edition)
wirklich?«
Als ich seinen Tonfall hörte, wusste ich instinktiv, dass er eine Braue fragend hochgezogen hatte. Ich wusste außerdem, dass ein Typ, der so heiß war wie er – und dazu noch mindestens dreihundert Jahre alt – vermutlich tausend Frauen geküsst hatte, die allesamt besser küssten als ich. Auf den heißen Feger mit dem nackten Bein aus der Französischen Revolution traf das bestimmt zu, da war ich mir ganz sicher. Ich trat noch einen Schritt zurück, als nun eine Welle der Übelkeit meinen Magen überrollte.
Dumme Fran! Dumme, grottenschlecht küssende Fran!
»Fran?«
Ich hielt abwehrend die Hände hoch und wich zur Seite aus. »Schon gut. Spar dir die Worte. Ich entschuldige mich. Es wird nicht wieder vorkommen.«
Er nahm meine Hände, legte sie an seine Brust und schmiegte seine eigenen, warmen darüber, während er mich sanft an sich zog. »Jetzt machst du mich traurig. Das war kein Kuss, Fran.«
Ich konnte ihn nicht anschauen, wollte ihm nicht in die Augen sehen. Also musterte ich stattdessen sein Ohrläppchen, das mit dem Diamantstecker darin. »Ich habe mich entschuldigt. Du musst mir nicht unter die Nase reiben, wie untalentiert ich bin –«
»Du bist nicht untalentiert, nur unerfahren. Möchtest du, dass ich dich küsse?«
»Nein«, sagte ich bockig. Nie zuvor hatte ich mich so gedemütigt gefühlt. Jetzt bemitleidete er mich auch noch, weil ich nicht wusste, wie man richtig küsste. Bemitleidet zu werden hasste ich fast so sehr, wie ich es hasste, wenn man mich als Freak bezeichnete.
»In Ordnung. Wie wäre es, wenn du mich noch mal küsst? Fahre dieses Mal nicht einfach nur mit den Lippen über meine, sondern lass sie dort und sag dabei ›Mississippi‹.«
»Du machst dich über mich lustig.«
Er nahm die Hände von meinen, die noch immer an seiner Brust ruhten, legte sie an meine Taille und zog mich so nah an sich, bis ich seinen Atem auf meinem Gesicht spürte. »Ich kann dir versichern, das Letzte, wonach mir im Moment der Sinn steht, ist, mich über dich lustig zu machen. Küss mich, Fran. Bitte.«
Es war das »Bitte«, das den Ausschlag gab. Ich löste den Blick von seinem Ohrläppchen und hob das Kinn ein wenig an, bis mein Mund nur noch Millimeter von seinem entfernt war. »Mississippi«, murmelte ich, und meine Lippen wurden ganz warm und weich, als sie seine berührten.
»Noch mal«, flüsterte er.
»Mississippi«, hauchte ich und beließ die Lippen dabei die ganze Zeit auf seinen.
»Ein letztes Mal noch.« Seine Stimme war so dunkel und seidig wie schwarzer Satin.
Mississippi
, dachte ich, als ich ihn küsste, ihn wirklich küsste, und ihm dabei die Arme um den Hals schlang. Sie kamen sich mit seinem Zopf ins Gehege, darum löste ich das Lederband, das ihn zusammenhielt, bis sich seine Haare wie kühle Seide über meine Hände ergossen, während er den Mund an meinem bewegte und ihn ein kleinen Spalt weit öffnete, um an meiner Unterlippe zu saugen.
Langsam löste ich meine widerstrebenden Lippen, die seine nicht hergeben wollten (kluge Lippen), dann streichelte ich seine Schultern und seine Brust, bevor ich meine Hände, die sich plötzlich kalt und leer anfühlten, sinken ließ. Mein Hirn – was davon übrig war – strampelte sich wie ein Hamster in seinem Rad ab, um sich einen anderen Kommentar einfallen zu lassen als: »Heiliger Bimbam! Du weißt aber, wie man küsst!«
»Ähm«, sagte ich und wäre am liebsten vor Scham gestorben.
Ähm?
Komm schon, Fran, das kriegst du besser hin
.
Er starrte mich einen Augenblick an, dann legte er den Kopf in den Nacken und fing schallend an zu lachen. Ich wurde knallrot, dessen bin ich mir ganz sicher, weil meine Backen nämlich glühend heiß wurden. Plötzlich drückte er mich kraftvoll an sich, dann gab er mich frei.
Nach der Umarmung fühlte ich mich besser. Meine Hände lagen währenddessen auf seinen Armen, und ich spürte nicht den kleinsten Funken Spott bei ihm. Ich nahm Erheiterung wahr und Freude und ein sehr warmes, prickelndes Gefühl, das ich nicht zu genau unter die Lupe nehmen wollte, aber es gab kein Anzeichen dafür, dass er mich auslachte. »Ich hoffe nur, du lachst mit mir und nicht über mich, weil ich andernfalls für immer traumatisiert wäre und nie wieder jemanden küssen könnte, ohne mich zu fragen, ob ich mich nicht total blöd anstelle.«
Er nahm meine Hand und drückte sie, dann zog er mich in Richtung Markt. »Du stellst dich nicht blöd an beim Küssen, Fran. Ich habe gelacht, weil du so
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