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Bekenntnisse Des Hochstaplers Felix Krul

Bekenntnisse Des Hochstaplers Felix Krul

Titel: Bekenntnisse Des Hochstaplers Felix Krul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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instants! La parure de noce! So nenn’ ich deine Götterglieder, die anzuschaun mich dürstet, seit ich zuerst dich sah. Ah so, ah da! Die heilige Brust, die Schultern, der süße Arm! Hinweg denn endlich auch hiermit – oh, la, la, das nenne ich Galanterie! Zu mir denn, bien-aimé! Zu mir, zu mir …«
       Nie gab es eine ausdrucksvollere Frau! Das war Gesang, was sie von sich gab, nichts anderes. Und sie fuhr fort, sich auszudrücken, als ich bei ihr war, es war ihre Art, alles in Worte zu fassen. In ihren Armen hielt sie den Zögling und Eingeweihten der gestrengen Rozsa. Er machte sie sehr glücklich und durft’ es hören, daß er es tat:
       »O Süßester! O Engel du der Liebe, Ausgeburt der Lust! Ah, ah, du junger Teufel, glatter Knabe, wie du das kannst! Mein Mann kann gar nichts, überhaupt nichts, mußt du wissen. O du Beseliger, du tötest mich! Die Wonne raubt mir den Atem, bricht mein Herz, ich werde sterben an deiner Liebe!« Sie biß mich in die Lippe, in den Hals. »Nenne mich du!« stöhnte sie plötzlich, nahe dem Gipfel. »Duze mich derb zu meiner Erniedrigung! J’adore d’être humiliée! Je l’adore! Oh, je t’adore, petit esclave stupide qui me déshonore …«
       Sie verging. Wir vergingen. Ich hatte ihr mein Bestes gegeben, hatte, genießend, wahrlich abgezahlt. Wie aber hätte es mich nicht verdrießen sollen, daß sie auf dem Gipfel von Erniedrigung gestammelt und mich einen dummen kleinen Sklaven genannt hatte? Wir ruhten noch verbunden, noch in enger Umarmung, doch erwiderte ich aus Mißmut über dieses »qui me déshonore« nicht ihre Dankesküsse. Den Mund an meinem Körper, hauchte sie wieder:
       »Nenne mich du, geschwind! Ich habe dies Du von dir zu mir noch nicht vernommen. Ich liege hier und mache Liebe mit einem zwar göttlichen, doch ganz gemeinen Domestikenjungen. Wie mich das köstlich entehrt! Ich
    heiße Diane. Du aber, mit deinen Lippen, nenne mich
Hure, ausdrücklich ›du süße Hure‹!«
»Süße Diane!«
    »Nein, sag ›du Hure‹! Laß mich meine Erniedrigung so recht im Worte kosten …«
    Ich löste mich von ihr. Wir lagen, die Herzen noch hoch klopfend, beieinander. Ich sagte:
    »Nein, Diane, du wirst solche Worte von mir nicht hören. Ich weigere mich. Und ich muß gestehen, es ist für mich recht bitter, daß du Erniedrigung findest in meiner Liebe …«
    »Nicht in deiner«, sagte sie, indem sie mich an sich zog. »In meiner! In meiner Liebe zu euch nichtigen Knaben! Ach, holder Dümmling, du verstehst das nicht!« Und dabei nahm sie meinen Kopf und stieß ihn mehrmals in einer Art von zärtlicher Verzweiflung gegen den ihren. »Ich bin Schriftstellerin, mußt du wissen, eine Frau von Geist. Diane Philibert, – mein Mann, er heißt Houpflé, c’est du dernier ridicule, – ich schreibe unter meinem Mädchennamen Diane Philibert, sous ce nom de plume. Natürlich hast du den Namen nie gehört, wie solltest du wohl? – der auf so vielen Büchern zu lesen ist, es sind Romane, verstehst du, voll Seelenkunde, pleins d’esprit, et des volumes de vers passionnés … Ja, mein armer Liebling, deine Diane, sie ist d’une intelligence extrême. Der Geist jedoch – ach!« – und sie stieß wieder, etwas härter sogar als vorhin, unsere Köpfe zusammen – »wie solltest du das begreifen! Der Geist ist wonnegierig nach dem Nicht-Geistigen, dem Lebendig-Schönen dans sa stupidité, verliebt, oh, so bis zur Narrheit und letzten Selbstverleugnung und Selbstverneinung verliebt ist er ins Schöne und GöttlichDumme, er kniet vor ihm, er betet es an in der Wollust der Selbstentsagung, Selbsterniedrigung, und es berauscht ihn, von ihm erniedrigt zu werden …«
    »Nun, liebes Kind«, so unterbrach ich sie denn doch. »Schön hin und her – wenn die Natur es mit mir recht gemacht –, für gar so auf den Kopf gefallen solltest du mich nicht halten, auch wenn ich deine Romane und Gedichte …«
       Sie ließ mich nicht weiterreden. Sie war auf unerwünschte Weise entzückt.
    »Du nennst mich ›liebes Kind‹?« rief sie, indem sie mich stürmisch umfing und ihren Mund an meinem Hals vergrub. »Ah, das ist köstlich. Das ist viel besser noch als ›süße Hure‹! Das ist viel tiefere Wonne als alle, die du Liebeskünstler mir angetan! Ein kleiner nackter Lifttreiber liegt bei mir und nennt mich ›liebes Kind‹, mich, Diane Philibert! C’est exquis … ça me transporte! Armand, chéri, ich wollte dich nicht kränken. Ich wollte nicht sagen, daß du

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