Bekenntnisse Des Hochstaplers Felix Krul
schliefe. Aber verstohlen will ich dich stehlen sehen. Steh auf, wie du da bist, diebischer Gott, und stiehl! Du hast mir bei weitem nicht alles gestohlen, was ich mit mir führe, und ich habe für die paar Tage, bis mein Mann mich holt, nichts im Bureau deponiert. Da im Eckschränkchen, in der oberen Lade zur Rechten liegt der Schlüssel zu meiner Kommode. Darin findest du unter der Wäsche allerlei. Auch Bargeld ist da. Schleich herum mit Katzentritten im Zimmer und mause! Nicht wahr, du wirst deiner Diana diese Liebe erweisen!«
»Aber, liebes Kind – ich sage so, weil du es gerne hörst aus meinem Mund – liebes Kind, das wäre nicht schön und gar nicht gentlemanlike nach dem, was wir einander geworden …«
»Tor! Es wird die reizendste Erfüllung unserer Liebe sein!«
»Und morgen kommt Monsieur Houpflé. Was wird er …«
»Mein Mann? Was hat der zu sagen? Beiläufig erzähl’ ich ihm mit dem gleichgültigsten Gesicht, ich sei auf der Reise ausgeplündert worden. Das kommt vor, nicht wahr, wenn man als reiche Frau ein wenig unachtsam ist. Hin ist hin und der Räuber längst über alle Berge. Nein, mit meinem Mann laß mich nur fertig werden!« »Aber, süße Diane, unter deinen Augen …«
»Ach, daß du keinen Sinn hast für die Lieblichkeit meines Einfalls! Gut, ich will dich nicht sehen. Ich lösche dieses Licht.« Und wirklich drehte sie das rotbeschirmte Lämpchen auf dem Nachttisch ab, so daß Finsternis uns umhüllte. »Ich will dich nicht sehen. Ich will nur hören, wie leise das Parkett knackt unter deinem Diebestritt, nur deinen Atem hören beim Stehlen, und wie sacht in deinen Händen das Diebesgut klirrt. Fort, stiehl dich entschlüpfend weg von meiner Seite, schleiche, finde und nimm! Es ist mein Liebeswunsch …«
So war ich ihr denn zu Willen. Behutsam hob ich mich fort von ihr und nahm im Zimmer, was sich da bot – über bequem zum Teil, denn gleich auf dem Nachttisch in einem Schälchen waren Ringe, und die Perlenkette, die sie zum Diner getragen, lag offen auf der Glasplatte des von Fauteuils umstandenen Tisches. Trotz tiefer Dunkelheit fand ich auch gleich im Eckschränkchen den Schlüssel zur Kommode, öffnete deren oberste Schublade fast lautlos und brauchte nur ein paar Wäschestücke aufzuheben, um auf Geschmiedetes sowohl, Gehänge, Reifen, Spangen, wie auf einige bedeutend große Geldscheine zu stoßen. Dies alles brachte ich ihr anstandshalber ans Bett, als hätte ich es für sie eingesammelt. Aber sie flüsterte: »Närrchen, was willst du? Es ist ja dein Liebes-Diebsgut. Stopf es in deine Kleider, zieh sie an und mach dich aus dem Staube, wie sich’s gehört! Mach schnell und flieh! Ich habe alles gehört, ich habe dich atmen hören beim Stehlen, und nun telephoniere ich nach der Polizei. Oder tue ich das lieber nicht? Was meinst du? Wie weit bist du? Bald fertig? Hast du deine Livree wieder an mit allem, was an Liebes- und Diebesgut darin? Meinen Schuhknöpfer hast du wohl nicht gestohlen, hier ist er … Adieu, Armand! Leb ewig, ewig wohl, mein Abgott! Vergiß nicht deine Diane, denn bedenke, in ihr dauerst du. Nach Jahr und Jahren, wenn – le temps t’a détruit, ce cœur te gardera dans ton moment bénit. Ja, wenn das Grab uns deckt, mich und dich auch, Armand, tu vivras dans mes vers et dans mes beaux romans, die von den Lippen euch – verrat der Welt es nie! – geküßt sind allesamt. Adieu, adieu, chéri …«
Drittes Buch
Erstes Kapitel
M an wird es begreif lich, ja löblich finden, daß ich der vorstehenden außerordentlichen Episode nicht nur ein ganzes Kapitel gewidmet, sondern mit ihr auch den zweiten Teil dieser Geständnisse nicht ohne Feierlichkeit abgeschlossen habe. Es war, so kann ich wohl sagen, ein Erlebnis fürs Leben, und kaum hätte es des innigen Ansuchens der Heldin bedurft, sie nie zu vergessen. Eine in so vollendetem Sinn kuriose Frau wie Diane Houpflé und die wunderbare Begegnung mit ihr sind nicht danach angetan, je vergessen zu werden. Das soll nicht heißen, daß die Situation, in welcher der Leser uns beide belauschen durfte, als bloße Situation eben, gänzlich vereinzelt dasteht in meiner Laufbahn. Nicht immer sind alleinreisende Damen, und namentlich ältere, nichts weiter als entsetzt über die Entdeckung, daß ein junger Mann sich bei Nacht in ihrem Schlafzimmer zu schaffen macht; nicht immer ist oder bleibt es in solchem unverhofften Fall ihr einziger Impuls, Alarm zu schlagen. Aber wenn ich solche Erfahrungen gemacht
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