Bekenntnisse eines perfekten Ehemanns
der auch der perfekteste Ehemann komisch wirkt: wenn er sich einbildet, die ihm Angetraute hineinlegen zu können.
Ich spreche von Gloria, unserer besten Freundin aus Junggesellenzeiten. An besagtem Mittwoch ließ sie sich in unseren bequemsten Fauteuil plumpsen und saß da, bleich, zusammengekauert, ein Bild des Jammers, ein Bündel Elend, ein Schatten ihres Wracks. Hatte ich wirklich dieselbe Gloria vor mir, die sich noch gestern zum Smartset von Tel Aviv zählen durfte? Jene Gloria, die als eines der lebenslustigsten, attraktivsten Mädchen des ganzen Landes galt, es mag höchstens dreißig Jahre her sein? Was war ihr zugestoßen? Und warum war sie nicht mehr so jung wie früher? Sic transit Gloria Birnbaum, dachte ich unter schnöder Ausnützung ihres Vornamens. Der Name Birnbaum taugte zu nichts dergleichen. So hieß ihr Gatte.
Der war, wie sich zeigte, der Anlaß ihres Kommens und ihrer Verzweiflung.
»Ich muß mit dir sprechen«, begann Gloria.
»Mein Mann betrügt mich.«
Ich erstarrte. Nathan Birnbaum betrügt seine Frau? Dieser stille, stets korrekte Brillenträger, dieses Muster von Ordnung, Recht, Gesetz und Feigheit geht fremd? Das ist das Ende. Das bedeutet den Zusammenbruch unseres Staatsgefüges: wenn sogar Nathan Birnbaum ...
Mir war zum Weinen. Aber ich ermannte mich und sammelte meine Stimme: »Hast du Beweise, Gloria?«
»Beweise? Pah! Ich habe meinen Instinkt. Eine Frau braucht für so etwas keine Beweise. Sie spürt es. Aus hundert kleinen Anzeichen spürt sie es.«
Und sie gab mir das erste der hundert Anzeichen bekannt: Nathan legte ihr gegenüber ein völlig gleichgültiges Benehmen an den Tag. Er sprach kaum noch mit ihr. »Wenn er sich wenigstens ab und zu eine kleine Aufmerksamkeit für mich einfallen ließe. Ein kleines Geschenk, oder Blumen, oder was immer. Aber damit ist es schon lange vorbei. Ich bin schon seit Monaten überzeugt, daß es eine andere Frau geben muß. Und vorige Woche wurde mein Verdacht bestätigt.«
»Bestätigt? Wie? Wodurch?«
»Nathan verwandelte sich plötzlich in den zärtlichsten aller Ehemänner. Bestand aus nichts als Liebe und Aufmerksamkeit. Kam mit kleinen Geschenken an, mit Blumen, oder was immer. Ob er mit mir gesprochen hat? Pausenlos hat er mit mir gesprochen. Das ist typisch. Da weiß man sofort, woran man ist.«
»Aber Gloria, das alles -«
»Das alles reicht für eine liebende Frau vollkommen aus, um sie ins Bild zu setzen. Oder daß er plötzlich einen Appetit entwickelt wie ein junger Wolf. Besonders für Fische. Der Fisch enthält bekanntlich diese gewissen Proteine, die für den Mann in gewisser Hinsicht so wichtig sind. Jetzt frage ich dich: wozu braucht ein verheirateter Mann Proteine? Ich kann dir sagen, wozu. Er will sich für seine Nutten in Form bringen. Deshalb ißt er soviel.«
»Ich hatte den Eindruck, daß er in der letzten Zeit ein wenig abgenommen hat?«
»Natürlich hat er abgenommen. Er hält ja auch strenge Diät. Ißt nur noch Obst. Etwas anderes rührt er nicht mehr an. Damit er seinen Bauch wegbekommt. Geht in die Sauna. Läuft jeden Morgen vor dem Frühstück fünfmal um den Block. Macht Turnübungen. Liegt Tag und Nacht in der Sonne, um braun zu werden. Was tut ein Mann in seinem Alter mit Sonnenbräune?«
»Als ich ihn neulich traf, schien er mir eher blaß.«
»Stimmt. Glaub nur ja nicht, daß mir das entgangen wäre. Blaß? Krankhaft bleich. Sieht aus wie eine Leiche. Schleppt sich nur noch mühsam dahin. Bringt es vor Erschöpfung nicht mehr fertig, ums Haus zu laufen oder ein paar Turnübungen zu machen. Seine ganze Kraft geht für seine erotischen Abenteuer drauf. Ist doch klar.«
»Gloria, du übertreibst.«
»Ich übertreibe nicht. Ich bin eifersüchtig, das gebe ich zu. Aber wenn ich höre, wie er sich im Bett hin- und herwälzt, schwinden meine letzten Zweifel: er kann nicht schlafen, weil er an seine Liebesaffären denkt. Vor ein paar Tagen hätte ich ihm beinahe die Pantoffeln über den Kopf geschlagen.«
»Weshalb, um Himmels willen?«
»Stell dir vor: ich wache auf - mein Blick fällt auf meinen Gatten neben mir - und was sehe ich? Er schläft. Schläft wie ein sattes Baby. Ich, seine Frau, wälze mich nachts im Bett hin und her, krank vor Eifersucht - und er schläft! So friedlich und entspannt schläft nur einer, der sein Glück gefunden hat. Womöglich träumt er noch von dieser anderen. Oder gleich von mehreren.«
Gloria begann leise zu weinen, und auch in mir stieg allmählich ein
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