Bekenntnisse eines perfekten Ehemanns
dumpfer Zorn gegen Nathan auf. Konnte der Kerl nicht etwas vorsichtiger sein? Mußte er sich alles anmerken lassen?
Mittlerweile hatte Gloria ihre Fassung wiedergewonnen: »Und wo finde ich ihn gestern? Ich finde ihn in der Garage, wie er gerade seinen Wagen wäscht und auf Hochglanz poliert. Ebensogut hätte er mir gestehen können, daß er eine neue Freundin hat. Nein, mein Lieber, man muß wirklich kein Genie sein, um das alles zu durchschauen. Du kennst doch sicherlich diese Sorte von Ehemännern, die sich plötzlich zweimal am Tag rasieren und mit eingezogenem Bauch und einer neuen Krawatte vor dem Spiegel stehen, weil sie sich von ihrer verführerischen Wirkung überzeugen wollen?«
»Ja«, antwortete ich. »Ja, Gloria. Ich kenne diese Sorte von Ehemännern.«
»Siehst du!« Gloria triumphierte. »Und das alles macht mein Nathan nicht! Ich muß ihn zwingen, den Wagen zu waschen, ich muß ihm gut zureden, sich zu rasieren, sonst rennt er drei Tage lang mit Bartstoppeln im Gesicht herum. Damit will er mich täuschen, dieser raffinierte, niederträchtige, berechnende Lump .«
Gloria brach in Tränen aus.
»Ich liebe meinen Mann!« stieß sie hervor. »Was soll ich tun? Bitte sag mir, was ich tun soll!«
»Du mußt seine Eifersucht wecken, Gloria«, sagte ich. Und fügte der unmißverständlichen Deutlichkeit halber hinzu: »Du mußt ihn betrügen.«
»Das ist keine Lösung«, schluchzte Gloria.
»Das mach’ ich seit zwanzig Jahren.«
zurück zum Inhaltsverzeichnis
Fremd in St. Pauli
Das internationale Problem alleinreisender Ehemänner verdient eingehende Behandlung. Nehmen wir als neutrales Spielfeld für diesen Zweck das gute, alte Hamburg. Der Fremde, der in dieser Großstadt nach neun Uhr abends durch die Straßen geht, hat das dumpfe Gefühl, der einzige Überlebende an einem ausgestorbenen Ort zu sein. Vielleicht stößt er an einer Ecke mit ein paar schwankenden Gestalten in Matrosenkleidung zusammen, aber das sind ja gleichfalls Fremdlinge. Irgendwelche Anzeichen eines organischen Lebens gibt es in dieser Zweimillionenstadt nach neun Uhr abends nicht. Ausgenommen.
Ausgenommen St. Pauli. Dort konzentriert sich alles, was sich in anderen Großstädten auf verschiedene Viertel oder Straßenzüge verteilt. Dort gibt es Menschen, Lärm und Musik bis in die frühen Morgenstunden.
St. Pauli ist eine interessante Mischung von Las Vegas und Sodom. Blühende Spielcasinos wechseln mit Striptease-Lokalen, deren sexuelle Aufklärungs-Akte selbst dem abgebrühtesten Eunuchen aus Singapur die Schamröte ins gelbe Gesicht treiben. Opiumhöhlen für Transvestiten, Transvestitenhöhlen für Opiumraucher und fachmännisch geleitete Massenorgien für gestrandete Seefahrer vervollständigen das Programm.
Die ehrsamen Hamburger Bürger wollen natürlich von St. Pauli nichts wissen und sprechen nie davon. Dem Fremden, der das dennoch tut, begegnen sie mit väterlicher Nachsicht und dem entschuldigenden Hinweis auf den leider nicht wegzuleugnenden Umstand, daß Hamburg eine Hafenstadt ist. Das hat nun einmal gewisse Entartungserscheinungen zur Folge, mit denen man sich wohl oder übel abfinden muß.
Nehmen wir etwa den Manager des Hotels, in dem ich während eines trostlosen Europatrips ohne die beste Ehefrau von allen abgestiegen war:
»Ich für meine Person«, sagte er, »würde für nichts in der Welt die Reeperbahn aufsuchen. Bei Ihnen, mein Herr, ist das natürlich etwas andres. Sie als ausländischer Journalist sind geradezu verpflichtet, alles kennenzulernen, was unsere Stadt zu bieten hat. Sie dürfen aber«, fügte er mahnend hinzu, »unter gar keinen Umständen allein nach St, Pauli gehen. Die Gangster und Unterwelttypen, von denen es dort nur so wimmelt, würden Sie in den erstbesten dunklen Hausflur zerren und Sie bis zum letzten Pfennig ausrauben.«
Ich dankte ihm mit bewegten Worten und fragte, ob und wo ich vielleicht jemanden finden könnte, der einen unselbständigen Ehemann begleiten würde.
»Hm. Das ist ein schwieriges Problem. Es kommt natürlich nur ein erfahrener Weltmann als Begleitperson in Betracht. Einer, der sich wirklich auskennt. So wie ich.« Er überlegte einige Sekunden und wandte sich an seine Gattin. »Was meinst du, Liebling?«
»Ich meine, daß du den Herrn begleiten solltest«, lautete die prompte Antwort.
»Nein, Gertrude, nein!« Der Manager schüttelte sich vor Widerwillen. »Alles, nur das nicht!«
»Manchmal«, widersprach Gertrude, »muß man für seine Gäste
Weitere Kostenlose Bücher