Bekenntnisse eines perfekten Ehemanns
wertvolle Tips für die Pyjamazucht. Zum Beispiel sollte ich zwei Teelöffel feines Tafelsalz mit je drei Litern Wasser mischen. Ich mischte. Nichts rührte sich. Nur ein salzempfindlicher Pyjama biß mich in den Finger. Masalgowitsch machte mich auf einen verhängnisvollen Fehler aufmerksam: ich hatte vergessen, den Sand mit Regenwasser zu versetzen, das durch einen Seidenstrumpf passiert werden mußte. Ich passierte. Die beste Ehefrau von allen verließ die gemeinsame Wohnung. Von einer Pyjamavermehrung war nichts zu sehen. Stockler verriet mir einen alten Kunstgriff der japanischen Perlenfischer: kleine farbige Glasstückchen auf den Grund des Aquariums zu verstreuen. Ich verstreute. Die Pyjamas, statt für künftige Generationen zu sorgen, spielten mit dem bunten Glas und freuten sich sehr.
Daß es nach einiger Zeit trotzdem zu einem Zeugungsakt kam, war ein böser Irrtum: zwei ordinäre Goldfische hatten sich in einen der Behälter eingeschlichen, wahrscheinlich mit der letzten Lieferung von 30 Pyjamas. Das Ergebnis war eine Goldfischbrut von nicht weniger als 50 Exemplaren. Ich spülte sie die Toilette hinunter. Wollte ich Goldfische züchten? Ich wollte Pyjamas. Nur Pyjamas. Viele Pyjamas.
Dann erschütterte ein heftiger Schock die Welt der Fischzucht. Stockler war auf eine Bananenschale getreten und hatte sich ein Bein gebrochen.
Ich besuchte ihn an einem der nächsten Abende. Als ich seine von neugeborenen Pyjamas überquellende Wohnung sah, verlor ich den letzten Rest meiner Selbstbeherrschung und fiel auf die Knie.
»Stockler«, schluchzte ich. »Lieber, lieber Stockler. Es muß da irgendein Geheimnis geben, ein altes Ritual, das vielleicht schon den Drusen bekannt war und das auch du und Masalgowitsch kennen. Aber du verbirgst es vor mir. Warum solltest du auch etwas preisgeben, was du in langen Jahren aufreibender Forschungsarbeit entdeckt hast. Trotzdem bitte ich dich, Stockler: sag’s mir. Hab Erbarmen. Was ist es? Was muß man tun, damit sich die Pyjamas vermehren? Erlöse du mich um Gottes willen, Stockler!«
Stockler sah mich lange an. Es fiel ihm schwer, seine innere Erregung zu meistern. Endlich sagte er: »Geh nach Hause und löse die Schale einer halbverfaulten Banane in Benzin auf. Laß die Flüssigkeit verdampfen, warte, bis der Rückstand getrocknet ist und pulverisiere ihn. Eineinhalb gehäufte Teelöffel auf zwei Liter Wasser ...«
Wie von Furien gejagt, sauste ich nach Hause - nein, zuerst zu Masalgowitsch. Die Rolläden vor seinem Laden waren bereits heruntergelassen. Ich stürzte zur Hintertür. Sie war geschlossen. Durch das Guckloch sah ich Masalgowitsch im Zwielicht eines Ladenwinkels stehen. Er griff gerade in eine große Kiste mit der Aufschrift »Made in Germany«. Was er aus der Kiste hervorzug, waren kleine Nylonsäckchen. Und was in den kleinen Nylonsäckchen wimmelte, waren lauter kleine Pyjamas. Mit einem heiseren Aufschrei warf ich mich gegen die Tür. Sie barst. Schreckensbleich starrte mich Masalgowitsch an.
»Ich . ich kann nichts dafür«, stammelte er.
»Wer weiß denn schon, wie sich diese verdammten Viecher vermehren . Aber in Hamburg gibt es ein Versandhaus, das liefert in die ganze Welt. Auch an mich. Erst gestern hat Herr Stockler 250 Fingerlinge bei mir gekauft. Wenn Sie wollen, können Sie mir einen Wechsel geben, so wie er. Ich sag’s keinem Menschen ...«
Das also war das Ritual der alten Drusen. Das war Stocklers Geheimnis. Vermehrung durch die Post.
»Was kostet die ganze Kiste?« fragte ich.
Wenige Tage später besuchte mich Stockler. Ich fiel ihm um den Hals, und Freudentränen glänzten in meinen Augen.
»Ich danke, mein Freund. Ich danke dir aus tiefstem Herzen. Die Bananen-Benzin-Mischung hat Wunder gewirkt!«
Stockler stand sprachlos. Sein Blick wanderte langsam über die sechzehn Aquarien, die alle Ecken meines Zimmers füllten und in denen sich Unmengen munterer Pyjamas tummelten. Plötzlich begannen seine Augenbälle wild zu rollen, wie das unmittelbar vor Ausbruch eines Tobsuchtsanfalls üblich ist. Dann, mit einem unartikulierten Aufwimmern, stürzte er davon.
Gestern traf ich ihn bei Masalgowitsch. Er übersah meinen Gruß. Mich ließ das gleichgültig. Einen erfahrenen Fischzüchter wie mich kann man nicht so schnell beleidigen. Mit demonstrativer Selbstverständlichkeit kaufte ich sieben Behälter und verließ den Laden mit dem festen Schritt eines Fachmanns, der ganz genau weiß, wie man Fische kauft und Aquarien
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