Bekenntnisse eines perfekten Ehemanns
Borniertheit meiner Frage ging sichtlich über Stocklers Fassungsvermögen. »Allerhöchstens fünf Minuten am Tag. Was brauchen diese süßen kleinen Kerle denn schon? Ein bißchen Verständnis, ein bißchen Aufmerksamkeit, das ist alles. Und ich kenne jeden einzelnen von ihnen, als wäre er ein alter Freund.«
Bei diesen Worten steckte Stockler seinen Zeigefinger ins nächste Aquarium und gab einen gurrenden Laut von sich, worauf sämtliche Pyjama-Fische von Panik erfaßt wurden und in die entfernteste Ecke des Behälters stoben. Einige versuchten sich in den Bodensand einzugraben, an allen Flossen zitternd. Zwei trafen Anstalten, aus dem Wasser zu springen. »Sie sind schwanger, die Guten«, erläuterte Stockler. »Ich erwarte ungefähr tausend Fingerlinge .«
Muß ich weitererzählen? Am nächsten Tag gingen die beste Ehefrau und ich zu Masalgowitsch.
»Willkommen in der großen, glücklichen Familie der tropischen Fischliebhaber!« begrüßte er uns. »Bei mir bekommen Sie alles, was Sie brauchen, und in der besten Qualität, die es gibt.«
Tatsächlich strahlte der ganze Laden die unverkennbare Atmosphäre professioneller Kennerschaft aus. Es wimmelte von Aquarien in allen erdenklichen und in jeder nur möglichen Ausführung, von Zubehören und Füllungen, von Schlingpflanzen und Algen und Korallenriffen, von elektrischen Spülapparaten und Unterwasserheizkissen. Angesichts der schier unübersehbaren Pracht hatten wir Mühe, eine Auswahl zu treffen, die unseren einigermaßen beengten Finanzverhältnissen halbwegs entsprach. Schließlich erstanden wir ein mittelgroßes Aquarium, das wir jedoch mit einer Vielfarbenbatterie und einer elektrischen Luftpumpe ausstatten ließen. Natürlich kauften wir auch die nötigen Spezialfilter zur Reinigung des Wassers. Und die nötigen Reinigungsutensilien. Und ein verstellbares Netz. Masalgowitsch überzeugte uns, daß wir auch eine Abkratzvorrichtung für Seitenwandalgen brauchten. Und ausreichende Mengen weißen Sandes, feinkörnig. Und einen Warmwasserkocher, der 25 Liter faßte. Und einen Korb für Würmer.
Und Würmer. Denn der Wurm ist des Fisches Lieblingsspeise.
»Daran darfst du dich nicht stoßen«, tröstete ich meine kleine Frau. »Auch die Eskimos essen Würmer. In manchen Provinzen Chinas gelten sie sogar als Delikatesse. Die Würmer, nicht die Eskimos.«
Meine kleine Frau, schweigsam wie nur sehr selten, begnügte sich mit der Mitteilung, daß sie weder ein Eskimo sei noch in einer chinesischen Provinz lebe. Ehrlicherweise mußte man ja auch zugeben, daß diese Würmer, zumindest auf den ersten Blick, tatsächlich wie Würmer aussahen: längliche rote Fleischnudeln, die sich ununterbrochen krümmten und ununterbrochen gar nicht gut rochen ... nun ja. Schönes Wetter heute. Lieben Sie Mozart?
Als wir unsere Fracht abtransportieren wollten, erinnerte uns Masalgowitsch, daß es unter den gegebenen Umständen eigentlich üblich sei, auch Fische zu kaufen. Unsere Barschaft reichte gerade noch für zwei PyjamaFische. Mit kundigem Griff holte Masalgowitsch das glückliche Paar aus seinem Behälter hervor, tat es in ein Glas und überreichte es uns: »Sie sind leicht zu unterscheiden. Das Weibchen ist immer etwas größer als das Männchen.« Wir prüften unser Paar und stellten fest, daß sie beide absolut gleich groß waren.
»Kommt vor«, lachte Masalgowitsch. »Es ist ein besonders fettes Männchen und ein besonders mageres Weibchen. Aber seien Sie unbesorgt - sie werden Ihnen eine Menge kleiner Pyjamas schenken, die beiden Schlingel, hahaha .«
Zu Hause installierten wir alles genau nach der Gebrauchsanweisung. Als technisch begabter Ehemann war es mir ein Leichtes, die ein wenig lärmende elektrische Pumpe in Betrieb zu setzen und den Warmwasserkocher anzudrehen, damit unsere kleinen Lieblinge sich nicht erkälteten. Schwierigkeiten ergaben sich bei der Unterbringung der Würmer. Masalgowitsch hatte als geeigneten Aufenthaltsort den Kühlschrank empfohlen, aber die beste Ehefrau von allen drohte mit Hungerstreik, falls etwas dergleichen geschähe. Sie war als Kind sehr verhätschelt worden, und die Folgen einer so grundfalschen Erziehungsmethode müssen sich früher oder später zeigen. Unter dem Bett wäre genügend Platz gewesen, aber da wollte meine Frau - es ist nicht ihre Schuld, es ist die Schuld ihrer Eltern - unbedingt wissen, ob eine Garantie dafür bestünde, daß die Würmchen in der Nacht nicht vielleicht aus dem Körbchen kröchen und in
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