Bekenntnisse eines perfekten Ehemanns
steht der kleine Japaner auf, ganz ruhig, macht einen Schritt zurück, verlegt sein Gewicht auf das linke Bein, hebt die rechte Hand ungefähr bis zur Hüfthöhe - und bevor man weiß, was geschieht, greift er in seine Tasche und bespritzt Katschkes aus einer Pistole mit Tränengas. Was soll ich Ihnen viel erzählen -unser Schwergewichtsmeister ist zu Boden gegangen und hat geheult wie ein kleines Kind. Hübsch, nicht?«
»Sehr hübsch«, bestätigte ich. »Aber was hat das mit Karate zu tun?«
»Katschkes hat Karate gelernt, aber er konnte sich nicht konzentrieren. Ganz wie ich sagte. Es hängt alles von der Konzentration ab .«
In diesem Augenblick wurde mein Innenarchitekt von Gideon zu einer kleinen Demonstration gerufen, ungeachtet seines Rheumas, denn außer ihm war niemand mehr da. Unter diesen Umständen zog ich mich in den Duschraum zurück, wo ich ihn nachher zu treffen hoffte. Er kam nicht. Vielleicht war die Demonstration ein wenig zu lebhaft verlaufen.
Ich verließ das Institut. Durch die offene Türe eines anderen Klassenzimmers sah ich Rüben Levkowitz mit einem braunen Gürtel um den Bauch.
Auf dem Heimweg erstand ich einen Revolver und ein Insektenspray. Ich trainiere jetzt zu Hause. Mit einem brüllend hervorgestoßenen »Azanyad!« spritze ich die Flüssigkeit auf das Fenster, wobei ich die rechte Schulter in eine Linie mit meiner Hüfte bringe und das linke Bein gestreckt rotieren lasse. Seit gestern trage ich eine grüne Krawatte. Sie bezeichnet den vierten Grad des »Phiola«, der alten, edlen Kunst der Selbstverteidigung gegen Karate.
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Compukortschnoi
Ist der hobbysuchende Ehemann ein hundertprozentiger Intellektueller, so haben wir ein Problem. Dieses löste sich in meinem Fall, als Onkel Benno aus Amerika zu Besuch kam und Geschenke für die ganze Familie mitbrachte. Als ich das mir zugedachte auspackte, fand ich ein flaches Kästchen vom Umfang eines Taschenbuchs, mit 16 blitzblanken Druckknöpfen versehen.
»Damit du dich nicht langweilst«, grinste Onkel Benno. »Ein Schach-Computer.«
Ich liebe das Schachspiel seit meiner Jugend. Die ganze Weisheit des Fernen Ostens liegt darin. Schriftsteller, besonders Satiriker, haben eine ähnliche Neigung zum Schach wie Politiker zum Poker. In den frühen Vierzigerjahren war ich sogar drauf und dran, ein Schachbuch zu schreiben. Leider kamen mir die Nazis dazwischen, und ich bin damals nur ganz knapp dem drohenden Matt entronnen.
Im Durchschnitt verbringe ich jetzt 36 Stunden täglich mit Onkel Bennos Geschenk. Wir beginnen schon am Morgen zu spielen, noch während ich mich rasiere, und hören erst auf, nachdem ich mit dem Kästchen im Arm zu Bett gegangen bin. Verdrängter Sex? Homoerotische Tendenzen, wie die beste Ehefrau von allen vermutet? Möglich. Ich muß gestehen, daß ich an meinem hübschen Spielgefährten mit den süßen Blinkeknöpfchen leidenschaftlich hänge ...
Und er ist nicht nur hübsch, er ist auch gescheit. Mit seinem kleinen, zarten Stimmchen piepst er nach jedem Zug - einmal, wenn’s theoretisch ein richtiger Zug war, zweimal, wenn ich einen Fehler gemacht habe. Sein
Gegenzug erscheint in roten Chiffren auf einer eigens für ihn eingebauten Fläche.
Ich nenne ihn Compukortschnoi, weil er ein guter Spieler ist. Er ist auch ein guter Verlierer. Wenn ihm klar wird, daß ich die Partie gewinne, läßt er ein trauriges Blinksignal aufleuchten: »I give up« (ich erwähnte schon, daß er aus Amerika kommt). Manchmal hingegen, wenn die Partie sich zu seinen Gunsten wendet, schaut er mich verächtlich an, und es erscheint rot auf seiner Fläche: »You bum«, was soviel heißt wie: »Du Patzer«. Und wenn er in eine bedrängte Situation gerät, verlangt er mehr Zeit zum Nachdenken. Er benimmt sich ganz wie ein Mensch. Ob er eines Tages zu sprechen beginnen wird, mein Compukortschnoi? Russisch? Jiddisch?
Die beste Ehefrau von allen hält mich für verrückt, aber das ist natürlich nur Eifersucht. Sie versteht eben nichts vom Schach. Ihre Beziehung zur Geisteswelt des Fernen Ostens beschränkt sich auf Yoga und Yoghurt.
Was den Umgang mit Compukortschnoi besonders reizvoll macht, ist die Möglichkeit, mitten in der Partie seinen Intelligenzquotienten zu ändern, genauer: seine sachlichen Fähigkeiten zu steigern oder zu senken. Er verfügt über zehn Leistungsstufen. Auf der ersten denkt er immer nur eine Sekunde nach und spielt überhaupt wie ein Anfänger. Auf der zehnten braucht er für
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