Bel Ami (German Edition)
Loch, das Wogen einer erregten Menge. Der Keller war von Gaslampen und venezianischen Laternen erleuchtet, die zwischen den Blättern versteckt waren, mit denen man die Wände ausgeschmückt hatte. Man sah nichts wie grüne Äste. Die Decke war mit Farnkraut geschmückt, der Boden mit Blumen und Blättern bestreut. Man fand diese Einrichtung entzückend. Im kleinen Keller im Hintergrunde war die Bühne für die Fechter eingerichtet, von beiden Seiten standen zwei Reihen Stühle für die Preisrichter. Im ganzen Keller waren Bänke aufgestellt, die im ganzen zweihundert Personen aufnehmen konnten. Eingeladen waren vierhundert.
Vor dem Podium standen schlanke junge Leute im Fechtkostüm mit langen Gliedern, hochgedrehten Schnurrbärten und posierten vor den Zuschauern. Man nannte sie beim Namen und zeigte auf die Fechtmeister und Amateure, auf die Berühmtheiten des Fechtsportes. Um sie herum standen jüngere und ältere Herren in schwarzen Gehröcken und plauderten mit den Fechtern. Auch sie wollten gesehen, erkannt und bemerkt werden; das waren die Fürsten der edlen Fechtkunst in Zivil, die Sachverständigen im Stich und Hieb.
Fast die ganzen Bänke waren von Frauen besetzt; man hörte das Rauschen ihrer Kleider und das Gemurmel ihrer Stimmen. Sie fächelten sich wie im Theater; denn es herrschte schon eine erstickende Hitze in dieser laubgeschmückten Grotte. »Mandelmilch! Limonade! Bier!« hörte man von Zeit zu Zeit einen Witzbold rufen. Frau Walter und ihre Töchter setzten sich auf die Plätze in der ersten Reihe, die für sie reserviert waren. Als Du Roy sie hingeführt hatte, wollte er sich zurückziehen und sagte:
»Ich muß Sie leider verlassen, die Herren dürfen die Bänke nicht besetzen.«
Frau Walter sagte zögernd:
»Ich möchte Sie aber sehr gern hierbehalten. Sie können mir die Namen der einzelnen Fechter nennen. Wenn Sie hier am Ende der Bank stehenbleiben, werden Sie sicher niemanden stören.«
Sie sah ihn mit ihren großen sanften Augen an und fuhr fort zu bitten:
»Nicht wahr, Sie bleiben bei uns, Herr ... Herr Bel-Ami. Wir können Sie nicht entbehren.«
»Ich gehorche mit Vergnügen, gnädige Frau«, erwiderte er.
Überall hörte man das Urteil des Publikums:
»Dieser Kellerraum ist sehr spaßig ... sehr nett.« Georges kannte diesen gewölbten Raum nur zu gut. Er dachte an jenen Vormittag, den er hier am Tage vor seinem Duell zugebracht hatte, ganz allein, gegenüber der kleinen weißen Scheibe, die ihm aus dem Hintergrund des weiten Kellers wie ein großes, furchtbares Auge entgegenleuchtete. Von der Treppe her ertönte Jacques Rivals Stimme:
»Es geht gleich los, meine Damen!«
Und sechs Herren in enganliegenden steifen Kleidern, die den Brustkasten hervortreten ließen, betraten das Podium und setzten sich auf die für die Jury bestimmten Stühle. Man flüsterte ihre Namen: es waren der General de Raynaldi, der Vorsitzende, ein kleiner Mann mit großem Schnurrbart, der Maler Josephin Roudet, ein großer kahlköpfiger Mann mit langem Vollbart, Matthéo de Ujar, Simon Ramoncel, Pierre de Carvin, drei junge elegante Herren, und schließlich der Fechtmeister Gaspard Merlerori.
Dann erschienen zwei Zettel an den beiden Seiten des Kellers. Rechts stand: Monsieur Crèvecœur, und links Monsieur Plumeau.
Es waren zwei Fechtmeister, zwei tüchtige Fechtmeister zweiten Ranges. Sie traten auf, beide sehr hager, mit militärischen Allüren und steifen Bewegungen. Sie begrüßten sich mit den Waffen, wie zwei Automaten, und der Kampf begann. In ihren Kitteln aus Leinewand und weißem Leder sahen sie wie zwei Pierrotsoldaten aus, die sich zum Scherz miteinander schlugen.
Von Zeit zu Zeit hörte man das Wort »Getroffen« und die sechs Preisrichter streckten mit Kennermiene ihre Köpfe aus. Das Publikum sah weiter nichts als zwei lebende Marionetten, die sich schnell bewegten und die Arme vorstreckten.
Man verstand nichts, aber man war doch zufrieden. Die beiden Gestalten erschienen den meisten doch ein bißchen ungraziös und etwas lächerlich. Man dachte an die hölzernen Hampelmänner, die zu Neujahr auf den Boulevards verkauft werden.
Die beiden ersten Fechter wurden durch die Herren Planton und Carapin abgelöst. Ein Fechtmeister vom Zivil und der andere vom Militär. Planton war sehr klein und Carapin sehr dick. Es sah aus, als müßte er gleich beim ersten Florettstich wie ein aufgeblasener Ballon platzen. Man lachte. Planton sprang wie ein Affe. Carapin bewegte nur seinen Arm; der
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