Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bel Ami (German Edition)

Bel Ami (German Edition)

Titel: Bel Ami (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guy de Maupassant
Vom Netzwerk:
Frage abzuwarten.
    Duroy ließ sich nicht abweisen.
    »Fragen Sie Madame Forestier, ob sie mich empfangen könnte, und sagen Sie ihr, daß ich im Auftrage ihres Gatten käme, den ich eben auf der Straße getroffen habe.«
    Dann wartete er. Der Diener kam zurück, öffnete rechts eine Tür und meldete: »Madame läßt bitten.«
    Sie saß auf einem Schreibtischsessel in einem kleinen Zimmer, dessen Wände durch schwarze Bücherregale mit wohlgeordneten Büchern gänzlich verdeckt waren. Nur die Einbände mit ihren bunten Farben, rot, blau, gelb, grün und violett, brachten Frohsinn in diese einförmigen Bücherreihen.
    Bekleidet mit einem weißen, spitzenbedeckten Morgenkleid, wandte sie sich ihm lächelnd zu, und als sie ihm die Hand reichte, sah er unter dem weit geöffneten Ärmel ihren nackten Arm.
    »So früh?« fragte sie, fügte aber hinzu: »Das soll durchaus kein Vorwurf sein, sondern bloß eine harmlose Frage.«
    Er stammelte:
    »Oh, Madame, ich wollte gar nicht heraufkommen. Doch ich traf unten Ihren Herrn Gemahl, er zwang mich dazu. Ich bin dermaßen verwirrt, daß ich nicht zu sagen wage, was mich eigentlich herführt.«
    Sie wies auf einen Stuhl:
    »Setzen Sie sich hin und sprechen Sie.«
    Sie hielt zwischen den Fingern eine Gänsefeder, die sie geschickt herumdrehte, und vor ihr lag ein halb beschriebener Bogen Papier. Die Ankunft des jungen Mannes hatte offenbar ihre Arbeit unterbrochen. Es machte ganz den Eindruck, als fühlte sie sich an diesem Schreibtisch genau so zu Hause wie in ihrem Salon, als ob dieses ihr alltäglicher Beruf wäre.
    Ein leichtes Parfüm entstieg dem Morgenrock, der frische Duft der eben beendeten Toilette. Und Duroy suchte den jungen, weißen, warmen Frauenkörper durch die Falten des weichen Stoffes zu erraten. Da er noch immer schwieg, fuhr sie fort:
    »Also sagen Sie, was gibt es?«
    Zögernd murmelte er:
    »Also ... aber wirklich ... ich wage es gar nicht zu sagen ... Ich habe gestern bis spät in die Nacht gearbeitet ... und heute früh ... sehr früh morgens ... um den Artikel über Algier zu schreiben, den Herr Walter von mir haben will ... Es will mir nicht gelingen ... ich habe alles zerrissen ... Ich habe keine Übung in dieser Arbeit und da wollte ich Forestier bitten, mir etwas zu helfen ... für dieses eine Mal ...«
    Sie unterbrach ihn und lachte glücklich und geschmeichelt aus vollem Herzen:
    »Und da hat er Ihnen gesagt, Sie sollten mich aufsuchen? Das war lieb von ihm!« ...
    »Ja, gnädige Frau, er sagte, Sie würden mir aus der Verlegenheit noch besser helfen, als er selbst ... Aber trotzdem wagte ich es nicht, ich wollte nicht ... Nicht wahr, Sie verstehen mich ...«
    Sie stand auf.
    »Das wird reizend sein, so mit Ihnen zusammen zu arbeiten. Ich bin begeistert von Ihrer Idee. Also setzen Sie sich hier auf meinen Platz, denn bei der Redaktion kennt man meine Handschrift. Nun wollen wir Ihnen einen Artikel schreiben, aber einen guten, der auch Erfolg haben wird.«
    Er setzte sich, nahm eine Feder, breitete ein Blatt Papier vor sich aus und wartete.
    Madame Forestier sah seinen Vorbereitungen stehend zu, dann nahm sie vom Kamin eine Zigarette und zündete sie an:
    »Ich kann nicht arbeiten, ohne zu rauchen. Also, was wollten Sie erzählen?«
    Er blickte erstaunt zu ihr auf.
    »Das weiß ich eben nicht, deswegen bin ich auch hergekommen.«
    Sie fuhr fort:
    »Ja, ich werde Ihnen dabei schon helfen. Die Sauce will ich Ihnen machen, Sie müssen mir aber den Braten geben.«
    Er blieb verwirrt, endlich sagte er zögernd:
    »Ich wollte meine Reise von Anfang an schildern ...«
    Da setzte sie sich ihm gegenüber an die andere Seite des großen Schreibtisches und sagte, ihm in die Augen blickend:
    »Nun gut, erzählen Sie mir zuerst, mir ganz allein, verstehen Sie, langsam und ohne etwas zu vergessen. Ich werde dann schon das Passende auswählen.«
    Er wußte aber nicht, wo er anfangen sollte, und so begann sie, ihn auszufragen, wie ein Priester sein Beichtkind. Sie legte ihm ganz bestimmte Fragen vor, durch die ihm eine Menge vergessener Eindrücke, flüchtig bekannte Personen und verschiedene Einzelheiten ins Gedächtnis zurückgerufen wurden. Als sie ihn etwa eine Viertelstunde auf solche Weise ausgefragt hatte, unterbrach sie ihn plötzlich:
    »Jetzt wollen wir beginnen. Zunächst nehmen wir an, Sie berichten Ihrem Freunde Ihre Erlebnisse. Das erlaubt Ihnen, eine Menge Bosheiten zu sagen, Bemerkungen aller Art einzuflechten, und so natürlich und witzig zu sein,

Weitere Kostenlose Bücher