Bel Ami (German Edition)
ein guter Fechter?«
»Gar nicht!«
»Verflucht! Und wie steht es mit dem Pistolenschießen?«
»Schießen kann ich etwas.«
»Gut. Sie werden sich üben, während ich mich mit allem weiteren befasse. Warten Sie eine Minute.«
Er ging in sein Ankleidezimmer und kam bald gewaschen, rasiert und in eleganter Toilette zurück. »Kommen Sie mit!« sagte er.
Er wohnte im Erdgeschoß eines kleinen Hauses und führte Duroy in den Keller hinab, einen riesigen Keller, der in einen Fecht- und Schießplatz umgewandelt war. Sämtliche Öffnungen nach der Straße hatte er verstopfen lassen. Er zündete eine Reihe Gasflammen an, die bis zum Ende des zweiten Kellers reichten. Im Hintergrunde stand eine eiserne, blau und rot angemalte Figurenscheibe eines Mannes. Dann legte er zwei Pistolen nach dem neuesten Hinterladersystem auf den Tisch und begann mit kurzer, scharfer Stimme zu kommandieren wie auf dem Kampfplatz:
»Fertig?
Feuer — eins — zwei — drei!«
Duroy gehorchte willenlos; er hob den Arm, zielte, schoß, und da er die Puppe mehrmals in den Bauch traf, denn er hatte in seiner Kindheit oft mit einer alten Sattelpistole seines Vaters auf die Spatzen im Hof geschossen, so erklärte Jaques Rival befriedigt:
»Gut — sehr gut — sehr gut — es wird gehen. Schießen Sie so bis Mittag. Hier liegen Patronen. Haben Sie keine Angst, sie zu verbrauchen. Ich hole Sie zum Frühstück ab und teile Ihnen alles Nähere mit.«
Und er verschwand.
Duroy blieb allein; er schoß noch ein paarmal, dann setzte er sich hin und begann nachzudenken. Wie töricht war doch die ganze Geschichte. Was bewies ein Duell? War ein Schuft kein Schuft mehr, wenn er sich geschlagen hatte? Was hatte ein beleidigter Ehrenmann davon, sein Leben gegen einen Gauner aufs Spiel zu setzen? Seine Gedanken schweiften im Dunkeln herum, und er dachte daran, was Norbert de Varenne ihm von der Geistesarmut der Menschen, von der Beschränktheit ihres Gesichtskreises und von ihrer törichten Kindermoral gesagt hatte.
Und er sagte ganz laut: »Wahrhaftig, er hatte recht.«
Dann verspürte er Durst; er hörte hinter sich Wasser tropfen, erblickte einen Duschapparat und ging hin, um aus der hohlen Hand zu trinken. Dann verfiel er wieder in Gedanken. Es war so trübe hier im Keller, so düster und traurig wie in einem Grab, und das ferne, dumpfe Rollen der Wagen hörte sich an wie das Nahen eines Sturmes. Wie spät mochte es sein? Die Stunden verstrichen hier unten, wie sie in einem Gefängnis verstreichen mußten, ohne daß irgendein anderes Zeichen ihren Wechsel ankündet, außer dem Erscheinen des Kerkermeisters, der das Essen bringt. Und so wartete er sehr lange.
Plötzlich hörte er Stimmen und Schritte und Jaques Rival erschien in Begleitung von Boisrenard. Sobald er Duroy erblickte, rief er:
»Alles in Ordnung.«
Duroy glaubte zunächst, die Angelegenheit sei durch einen Entschuldigungsbrief beigelegt; er atmete erleichtert auf und stammelte:
»Ah ... ich danke Ihnen.«
Rival fuhr fort:
»Der Langremont scheint einen dicken Kopf zu haben, er hat alle unsere Bedingungen angenommen. Fünfundzwanzig Schritt, einmaliger Kugelwechsel mit Aufheben der Pistole. Man hat dann viel mehr Sicherheit im Arm als beim Senken der Waffe. Geben Sie acht, Boisrenard, was ich Ihnen gesagt habe.«
Er ergriff eine Pistole und schoß, während er dem anderen auseinandersetzte, um wieviel sicherer man zielen konnte, wenn man die Pistole hob. Dann sagte er:
»Jetzt wollen wir frühstücken gehen, es ist zwölf Uhr schon vorüber.«
Und sie gingen in ein benachbartes Restaurant. Duroy war ganz still geworden. Er zwang sich zu essen, damit es nicht aussehen sollte, als ob er Angst hätte; dann ging er mit Boisrenard im Laufe des Tages in die Redaktion und tat zerstreut und mechanisch seine Arbeit; alle fanden ihn sehr mutig. Spät am Nachmittag kam Jaques Rival zu ihm, und sie verabredeten, daß Duroy von seinen Sekundanten am nächsten Morgen um sieben Uhr abgeholt werden sollte, um nach Bois du Vésinet zu fahren, wo das Duell stattfinden sollte.
Das war alles so unerwartet gekommen, so ganz ohne seine Teilnahme, ohne daß er ein Wort gesprochen hatte, ohne daß er seine Meinung äußerte, ohne daß er etwas annehmen oder verweigern konnte, und mit solch einer Geschwindigkeit, daß er verlegen und verwirrt blieb, ohne recht zu wissen, was vorging.
Er speiste mit Boisrenard und ging dann gegen neun Uhr abends nach Hause. Sobald Duroy allein war, ging er einige Zeit
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