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Bel Ami (German Edition)

Bel Ami (German Edition)

Titel: Bel Ami (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guy de Maupassant
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Entsetzen bemerkte.
    »Nein, nein, der Duellant und der Arzt auf den Rücksitz!« wiederholte Rival nochmals.
    Duroy verstand ihn endlich und sank neben dem Doktor aufs Polster. Als die beiden Sekundanten eingestiegen waren, fuhr der Kutscher los. Er wußte schon, wohin er fahren sollte.
    Aber die Pistolenkiste belästigte alle, am meisten Duroy, der sie lieber nicht gesehen hätte. Man versuchte, sie hinter die Rücken zu stellen, sie störte aber furchtbar; dann stellte man sie zwischen Rival und Boisrenard — sie fiel immer runter. Schließlich legte man sie auf den Boden.
    Die Fahrt verlief sehr eintönig, obgleich der Arzt Anekdoten erzählte. Rival antwortete allein darauf, Duroy hätte gern Geistesgegenwart gezeigt, er fürchtete aber, aus der Rolle zu fallen und seine Aufregung zu verraten; ihn quälte die Angst, er könnte zu zittern beginnen.
    Der Wägen hatte bald freies Feld erreicht. Es war gegen neun Uhr früh an einem jener rauhen Wintermorgen, wo die ganze Natur glänzend, hart und spröde ist wie ein Kristall. Die Bäume im Rauhreif sahen aus, als ob sie Eis geschwitzt hätten; der Boden dröhnte unter den Schritten. Die trockene Luft trug weit die leisesten Geräusche, und der blaue Himmel funkelte wie ein Spiegel. Die Sonne warf auf die erfrorene Erde ihre hellen Strahlen, die nicht zu wärmen vermochten.
    Rival sagte zu Duroy:
    »Ich habe die Pistolen bei Gastine Renette gekauft. Er hat sie selbst geladen; der Kasten ist versiegelt. Übrigens wird das Los entscheiden, ob diese oder die unseres Gegners benutzt werden.«
    Duroy antwortete mechanisch:
    »Ich danke Ihnen.«
    Dann gab Rival Instruktionen bis ins kleinste, denn sein Schutzbefohlener sollte in keinem Falle irgendeinen Fehler begehen. Alles, was er sagte, wiederholte er dabei mehrere Male.
    »Wenn gefragt wird: Sind Sie fertig, meine Herren? so müssen Sie mit lauter Stimme antworten: Ja!
    Beim Kommando ‘Feuer!’ heben Sie rasch den Arm und schießen, ehe bis drei gezählt wird.«
    Duroy wiederholte es in Gedanken:
    »Bei dem Kommando ‘Feuer’ hebe ich den Arm. — Bei dem Kommando ‘Feuer’ hebe ich den Arm. — Bei dem Kommando ‘Feuer’ hebe ich den Arm.« —
    Er lernte es auswendig, wie Schulkinder ihre Aufgaben lernen, indem sie dieselben bis zur Bewußtlosigkeit vor sich hinsprechen, um sie recht fest dem Gedächtnis einzuprägen.
    Der Wagen kam in einen Wald, bog nach rechts in eine Allee ein und dann wieder nach rechts. Plötzlich öffnete Rival die Wagentür und rief dem Kutscher zu:
    »Dort den kleinen Weg hinein.«
    Nun fuhr der Wagen auf einem Weg mit zwei tiefen Gleisen, der rechts und links von einem dichten Unterholz umgeben war, dessen altes, vorjähriges Laub von Eis bedeckt war und zitterte.
    Duroy murmelte immer noch: »Bei dem Kommando ‘Feuer’ hebe ich den Arm.« Und er dachte, daß irgendein Unfall mit dem Wagen vielleicht noch alles gutmachen könnte. Wie gern hätte er ihn umgeworfen! Welches Glück, wenn er sich ein Bein bräche!
    Doch Duroy bemerkte bald am Ende einer Lichtung einen anderen Wagen, der dort hielt, und vier Herren, die auf und ab gingen, um sich die Füße zu wärmen.
    Er mußte seinen Mund auf tun, so schwer wurde ihm das Atmen.
    Die Sekundanten stiegen zuerst aus, dann der Arzt und zuletzt der Duellant. Rival nahm den Pistolenkasten und schritt mit Boisrenard den beiden Fremden entgegen, die auf sie zukamen. Duroy sah, wie sie sich etwas feierlich begrüßten, dann in der Lichtung auf und ab gingen und bald auf den Boden, bald zu den Bäumen hinauf blickten, als suchten sie etwas, was fallen oder fortfliegen könnte. Dann zählten sie die Schritte ab und stießen mit großer Mühe ein paar Stöcke in die gefrorene Erde. Dann traten sie zu einer Gruppe zusammen und losten »Kopf oder Schrift« wie spielende Kinder.
    Der Doktor Le Brument fragte Duroy:
    »Fühlen Sie sich wohl? Haben Sie irgendeinen Wunsch?«
    »Nein, ich brauche nichts. Danke sehr.«
    Es war ihm, als sei er verrückt geworden, als schliefe, als träumte er, und etwas Übernatürliches sei über ihn gekommen und umgäbe ihn.
    Hatte er Furcht? Vielleicht! Er wußte es nicht.
    Alles war so seltsam und eigenartig um ihn herum geworden.
    Jaques Rival kam zurück und sagte zu ihm leise mit befriedigter Stimme:
    »Alles ist fertig. Wir haben Glück mit unseren Pistolen.«
    Duroy war das völlig gleichgültig.
    Man zog ihm den Mantel aus. Er ließ es geschehen. Man befühlte ihm die Gehrocktaschen, um sich zu vergewissern,

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