Bel Ami (German Edition)
Madeleine und sah ihm dabei tief in die Augen:
»Sie haben doch Madame de Marelle von unseren Plänen noch nichts mitgeteilt?«
»Nein, Teuerste, ich versprach Ihnen, zu schweigen und habe keiner lebenden Menschenseele ein Wort davon gesagt.«
»Nun gut, es wird jetzt Zeit sein, sie darauf vorzubereiten. Ich werde meinerseits Walters übernehmen. Also es geschieht diese Woche, nicht wahr?«
Er war rot geworden: »Ja, gut, morgen«, sagte er.
Sie senkte ihre Augen, als wolle sie seine Verwirrung nicht bemerken, und sagte:
»Wenn es Ihnen recht ist, können wir Anfang Mai heiraten. Es würde sehr gut passen.«
»Ich füge mich Ihnen mit Freuden in allem.«
»Der zehnte Mai ist ein Sonnabend. Er wäre mir besonders lieb, denn es ist mein Geburtstag.«
»Schön, den zehnten Mai.«
»Ihre Eltern wohnen in der Nähe von Rouen, nicht wahr? So sagten Sie mir wenigstens.«
»Ja, dicht bei Rouen, in Canteleu.«
»Was tun sie dort?«
»Sie sind ... sie sind kleine Rentner.«
»Ach, ich freue mich sehr darauf, sie kennenzulernen.«
Erschrocken verstummte er.
»Ja ... aber ... es sind ...«
Dann nahm er sich zusammen und sagte:
»Meine teuerste Freundin, es sind Bauern, die ein Wirtshaus besitzen, die sich Hände und Füße blutig gearbeitet haben, damit ich studieren konnte. Ich schäme mich ihrer nicht, aber ihre bäuerliche Einfachheit ... könnte Ihnen vielleicht doch peinlich sein.«
Sie lächelte zärtlich. Ihr Gesicht strahlte von sanfter Güte.
»Nein, ich werde sie sehr gern haben. Wir werden sie besuchen. Ich will es. Wir sprechen nachher darüber. Auch meine Eltern waren kleine Leute. Doch sie sind schon beide tot. Ich habe keinen Menschen mehr auf Erden ...« Sie reichte ihm die Hand und fügte hinzu: » ... außer Ihnen!«
Er fühlte sich gerührt und ergriffen. Noch nie hatte eine Frau ihn so bezaubert.
»Mir ist noch etwas eingefallen,« fuhr sie fort, »aber es ist recht schwer zu erklären.«
»Was denn?«
»Nun ja, mein Lieber, ich bin nämlich wie alle Frauen. Ich habe meine kleinen Schwächen. Ich liebe alles, was schön glänzt und gut klingt. Ich würde so gern einen adligen Namen tragen. Könnten Sie sich gelegentlich unserer Heirat nicht etwas ... etwas adeln?«
Diesmal errötete sie, als hätte sie ihm einen unpassenden Vorschlag gemacht.
Er antwortete einfach:
»Ich habe schon oft darüber nachgedacht, aber es scheint wohl nicht so einfach zu sein.«
»Weshalb denn?«
Er lachte.
»Weil ich nicht lächerlich erscheinen will.«
Sie zuckte die Achseln.
»Aber gar nicht, nicht im geringsten. Alle Welt tut das und niemand lacht darüber. Zerlegen Sie Ihren Namen einfach in zwei Teile und nennen Sie sich Du Roy! Das geht doch sehr gut.«
Er antwortete schnell, wie jemand, der sich in solchen Dingen gut auskennt:
»Nein, das geht nicht. Das Verfahren ist zu einfach, zu gewöhnlich und zu bekannt. Wohl habe ich schon daran gedacht, den Namen meiner Heimat anzunehmen; zunächst als literarischen Decknamen, ihn dann allmählich dem meinigen hinzuzufügen. Später könnte ich, wie Sie vorschlagen, meinen Namen teilen.«
»Canteleu ist Ihre Heimat?«
»Ja.«
Sie überlegte.
»Nein, die Endung gefällt mir nicht. Könnten wir vielleicht das Wort etwas ändern ... Canteleu?«
Sie nahm eine Feder vom Tisch und schrieb verschiedene Namen hin und prüfte ihr Aussehen. Plötzlich rief sie:
»Halt! Halt! Ich habe es!«
Sie reichte ihm ein Stück Papier, auf dem er las:
»Madame Duroy de Cantel.«
Einige Sekunden überlegte er, dann erklärte er ernst:
»Ja, so ist es ausgezeichnet.«
Sie war entzückt und wiederholte mehrmals:
»Duroy de Cantel, Duroy de Cantel, Madame Duroy de Cantel. Vortrefflich! Fabelhaft! Sie werden sehen, wie leicht sich alle Welt daran gewöhnt. Man muß die Gelegenheit ausnutzen, denn nachher würde es zu spät sein.
Von morgen ab zeichnen Sie Ihre Artikel D. de Cantel. Und die Lokalnachrichten lediglich mit Duroy. Das kommt in der Presse jeden Tag vor, und niemand wird sich wundern, daß Sie einen Schriftstellernamen annehmen. Sobald wir verheiratet sind, können wir das noch ein bißchen ändern und unseren Freunden sagen, Sie hätten aus Bescheidenheit das »du« nicht hervorgehoben in Anbetracht Ihrer Stellung, oder wir brauchen auch gar nichts zu sagen. Wie heißt Ihr Vater mit Vornamen?«
»Alexander.«
Sie murmelte zwei-, dreimal hintereinander:
»Alexander, Alexander«, und lauschte auf den Wohlklang der Silben; dann schrieb sie auf ein
Weitere Kostenlose Bücher