Belgarath der Zauberer
hat.«
»Meinst du, daß ich mal nach ihr sehen kann?«
»Gewiß. Aber gib acht daß die Säuglinge nicht wach werden.«
»Merke dir das gut, Durnik«, riet ihm Belgarath. »Die Kleinen nicht aufzuwecken wird in den kommenden Monaten deine Hauptbeschäftigung sein.«
Durnik lächelte und ging dann mit Poledra in den Schlafraum.
»Du solltest ihn nicht so necken, Großvater«, tadelte Garion.
»Ich habe ihn nicht geneckt, Garion. In einem Haus mit Zwillingen macht der Schlaf sich rar. Einer von beiden scheint stets wach zu sein. Möchtest du etwas trinken? Ich weiß, wo ich Pols Faß finden kann, glaub’ ich.«
»Sie wird dir den Bart ausreißen, wenn sie dich in ihrer Speisekammer erwischt.«
»Sie wird mich nicht erwischen. Zur Zeit ist sie zu sehr damit beschäftigt, Mutter zu sein.« Der alte Mann ging durchs Zimmer und begann, die Speisekammer zu durchsuchen.
Garion zog sich den Mantel aus, hängte ihn an einen Holznagel und kehrte zum Kamin zurück. Seine Füße fühlten sich noch immer kalt an. Er blickte in die Höhe und betrachtete das Gitterwerk der Dachsparren. Man konnte unschwer erkennen, daß es Durniks Werk war. Die peinlich genaue Beachtung jeder Einzelheit zeigte sich in allem, was der Schmied tat. Hier, über dem zentralen Zimmer, lagen die Dachsparren frei, doch über dem Schlafraum befand sich ein Speicher, und eine Treppe an der rückwärtigen Wand führte dort hinauf.
»Gefunden«, rief Belgarath triumphierend aus der Speisekammer. »Sie hat versucht, es hinter dem Mehlfaß zu verstecken.«
Garion lächelte. Sein Großvater konnte ein Bierfaß wahrscheinlich im Dunkeln am Grund einer Kohlengrube aufstöbern.
Der alte Mann kam mit drei schäumenden Krügen zurück, stellte sie auf den Tisch und zog sich einen Stuhl heran, so daß er zum Kamin stand. Dann nahm er einen der Krüge, setzte sich und streckte die Beine in Richtung des wärmenden Feuers. »Zieh dir einen Stuhl heran, Garion«, forderte er den Jüngeren auf. »Wir können es uns getrost gemütlich machen.«
Garion tat es. »Das war eine Nacht«, sagte er.
»Ja, mein Junge«, erwiderte der alte Mann. »Da hast du recht.«
»Sollten wir nicht Tante Pol gute Nacht sagen?«
»Durnik ist bei ihr. Wir wollen sie nicht stören. Jetzt ist eine besondere Zeit für Eheleute.«
»Ja«, stimmte Garion zu und dachte an die Nacht vor zwei Wochen, als seine Tochter geboren wurde.
»Wirst du bald nach Riva zurückkehren?«
»Das sollte ich wohl«, erwiderte Garion. »Aber ich glaube, ich werde ein paar Tage warten – zumindest so lange, bis Tante Pol wieder auf den Beinen ist.«
»Warte nicht zu lange«, riet Belgarath ihm mit einem verschmitzten Lächeln. »Schließlich sitzt Ce’Nedra nun ganz alleine auf dem Thron.«
»Sie weiß, was zu tun ist, und wird keine Schwierigkeiten haben.«
»Ja, aber willst du denn, daß sie die Dinge auf ihre Weise erledigt?«
»Oh, ich denke nicht, daß sie jemandem den Krieg erklären wird, solange ich fort bin.«
»Wahrscheinlich nicht, aber bei Ce’Nedra weiß man das nie so genau, nicht wahr?«
»Du machst dich über meine Frau lustig, Großvater.«
»Ich mache mich nicht über sie lustig. Ich liebe sie aufrichtig, aber ich kenne sie. Ich sage nur, daß sie ein bißchen unberechenbar ist.« Der alte Zauberer seufzte.
»Hast du etwas, Großvater?«
»Ich habe nur in einer alten Wunde gestochert. Ich glaube, du und Durnik wißt gar nicht, wie glücklich ihr euch schätzen könnt. Ich war nicht zu Hause, als meine Zwillinge geboren wurden. Ich war geschäftlich unterwegs.«
Natürlich kannte Garion die Geschichte. »Du hattest keine Wahl, Großvater«, sagte er. »Aldur befahl dir, nach Mallorea zu gehen. Die Zeit war gekommen, den Orb von Torak zurückzuerobern, und du mußtest an der Seite von Cherek Bärenschulter und seinen Söhnen in den Kampf ziehen.«
»Versuch nicht, es so vernünftig darzustellen, Garion. Die Tatsache bleibt bestehen, daß ich meine Frau im Stich gelassen habe, als sie mich am dringendsten brauchte. Wäre ich in dieser Nacht bei ihr gewesen, wäre einiges vielleicht anders gekommen.«
»Fühlst du dich deswegen noch immer schuldig?«
»Natürlich. Diese Schuld trage ich seit dreitausend Jahren. Du kannst mir jede königliche Begnadigung gewähren – die Schuld wird dadurch nicht gelöscht.«
»Großmutter vergibt dir.«
»Natürlich vergibt sie mir. Deine Großmutter ist ein Wolf, und Wölfe sind nicht nachtragend. Die Sache ist die: Sie kann mir
Weitere Kostenlose Bücher