Belials Braut
je hätte träumen lassen. Angelina war wunderbar.
Das Foto war einfach super. Craig konnte es nicht fassen. Es war für ihn ein kleines Wunder. Er sah das Gesicht, und er sah es ein wenig verschwommen, was an seinen Augen lag, denn die Aufregung hatte seinen Blick stark getrübt.
Welch ein Gesicht!
Sie hieß Angelina. Der Name hatte etwas mit Engeln zu tun, und engelsgleich kam sie ihm auch vor. Ein Wunder der Natur. Er sah das lange Haar, das wie Gefieder wirkte. Es stand von beiden Seiten des Kopfes ab und erinnerte ihm im Prinzip an Schwingen. Dazwischen sah er das Gesicht. Auch etwas unscharf, was ihm in diesem Fall nichts ausmachte. Er sah es nicht nur als schön, sondern sogar als wunderschön an. Die helle Haut, die kleine Nase, der wunderbare Mund, und natürlich die Augen. Sie schimmerten und glänzten, und sie gaben ein Leuchten ab, das er sich bestimmt nicht einbildete. Diese Augen hatten für ihn etwas Wunderbares und Geheimnisvolles. Aus dem Blick strömten ihm Lockung und Verheißung entgegen, aber auch ein Versprechen, das einzig und allein ihm galt. Er war es, der sich auf dieses Gesicht, nein, auf den gesamten Menschen freuen konnte. Der Anblick übertraf all die Vorstellungen, die er sich von Angelina gemacht hatte.
Craig war völlig aus dem Häuschen. Er schwitzte jetzt noch mehr. Er wusste, dass Angelina eine Antwort erwartete, doch der Dreißigjährige war so durcheinander, dass es ihm nicht gelang, sie zu formulieren. Durch seinen Kopf huschten alle möglichen Gedanken und Vermutungen, nur konnte er sie nicht in eine Richtung drücken, um sich auf die Person zu konzentrieren.
Er zitterte. Keine Nachricht für sie? Worte und Satzfragmente schwirrten ihm durch den Kopf, zugleich mit dem Blut, dass hart gegen seine Schläfen drückte. Er hörte es auch klopfen. Er spürte, dass er völlig von der Rolle war.
Die Mail verschwand wie von Zauberhand. Zugleich zog sich auch das Bild zurück. Es sah aus, als würde es in den Schirm hineinkriechen und nie mehr wieder auftauchen.
Aber er hatte es behalten. In seiner Erinnerung war es nicht mehr zu löschen. Wie zu Stein geworden saß Craig Wilson auf seinem Platz und glotzte die graue Fläche an.
In der Herzgegend spürte er Stiche. Das Atmen fiel ihm schwer. Wenn er die Luft einsaugte, drang ein leises Stöhnen aus seinem Mund. Er wünschte sich so sehr das Bild zurück. Der Anblick hatte seine Sehnsucht nur noch stärker angestachelt.
Es kam nicht...
Craig hatte das Versprechen nicht vergessen. Wir werden uns sehen, das hatte sie ihm gemailt. Er glaubte fest daran. Wenn jemand so aussah wie sie, dann war man keine Lügnerin. Nicht mit dem wunderbaren Engelsgesicht.
Lügnerinnen, das waren immer nur die anderen, aber keine Frauen wie Angelina.
Reglos blieb Craig auf seinem Platz sitzen. Er lauschte dem eigenen Atem, der aus seinen Nasenlöchern floss. Er spürte ihn über seine Lippen gleiten, und er merkte auch, dass seine Kehle trocken geworden war.
Der Herzschlag pumpte. Er schüttelte sich. Er wollte aufstehen, um sich etwas zu trinken zu holen, doch das verkniff er sich. Es konnte ja sein, dass in der Zwischenzeit, wenn er den Schirm verlassen hatte, etwas passierte.
Plötzlich riss er die Augen weit auf. Ja, sie hatte sich wieder gemeldet. Es war so weit. Sie wollte sich mit ihm treffen. In großen Buchstaben war der Treffpunkt auf dem Schirm zu lesen.
Craig Wilson las ihn mehrere Male, bis er sicher sein konnte, sich nicht geirrt zu haben. Das war einfach einmalig und sogar mehr, als er sich vorgestellt hatte.
Sie wollte ihn sehen. Nicht erst in ein oder zwei Tagen, sondern an diesem Abend.
Endlich fühlte sich Craig Wilson in der Lage, eine Antwort zurückzuschicken.
»Ja«, mailte er und sprach dabei jedes einzelne Wort mit. »Ja, ich werde kommen und pünktlich sein...«
***
Gewittriger Regen peitschte auf die Erde nieder. Heftige Windstöße blähten die Wasserfahnen auf, orgelten heulend heran und rüttelten am Geäst der Bäume, um deren noch vorhandene Stärke auszuprobieren. Die Welt war in einem Chaos aus Wasser und Sturm versunken, als wollte sich der Sommer mit dieser mächtigen Schau von den Menschen verabschieden, um Platz für den Herbst zu schaffen.
Immer wieder gab es Gewitter. Gab es Regengüsse wie Sintfluten und kleine Naturkatastrophen. Inselartig wanderten sie weiter über das Land, um sich irgendwann aufzulösen.
Bei diesem Wetter jagte man keinen Hund nach draußen. Wer eben konnte, der blieb in den
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