Bella und der geheimnisvolle Wüstenprinz
darüber nachzudenken. Jetzt war alles noch zu frisch und schmerzhaft.
Erfolglos versuchte Bella, sich eine vorwitzige Haarsträhne aus der Stirn zu pusten. Doch der fehlende Conditioner hatte dazu geführt, dass ihr seidenweiches Haar inzwischen wie trockenes Stroh aussah. Und sich auch so anfühlte!
„Dann muss dieser … Scheich ja ganz schön jung gewesen sein, als er plötzlich die Zügel in die Hand nehmen musste“, überlegte sie laut.
„Gerade mal achtzehn“, erwiderte Atif und nickte. „Er ist allerdings sein Leben lang auf diese Rolle vorbereitet worden.“
„Armer Kerl. Seine Kindheit war sicher wenig beneidenswert. Aber mit dem ganzen Öl im Hintergrund muss er ziemlich reich sein. Warum hat er dann bis jetzt noch nicht geheiratet? Ist er so alt und hässlich, dass er sich nicht einmal eine Frau kaufen kann?“
„Seine Hoheit ist Anfang dreißig und wird von Menschen, die so etwas weit besser beurteilen können als ich, für ausnehmend attraktiv gehalten. Irgendwann wird er sich eine passende Gefährtin suchen und sie heiraten“, entgegnete Atif. „Aber wie es heißt, hat er damit keine Eile.“
„Wer wollte ihm das vorwerfen?“, seufzte Bella verständnisvoll. „Die Ehe kann ein wahrer Albtraum sein! Mein Vater hat sich gleich dreimal hineingestürzt. Er ist ein Verfechter der These: Wenn es beim ersten Mal nicht klappt, musst du es wieder und wieder versuchen!“ Die letzten Worte hatte sie fast ausgespien.
Atif betrachtete sie einen Moment gedankenvoll, sagte aber nichts.
„So ein Durchhaltevermögen ist doch zu bewundern, oder nicht?“, fuhr sie fort.
Der alte Mann ignorierte auch das. „Ihr Vater war also dreimal verheiratet?“, erkundigte er sich.
„So ist es. Denken Sie nicht auch, dass er nach so viel Praxis inzwischen ein Experte in Sachen Ehe sein müsste?“
„Sie müssen Ihren Groll loslassen, Bella, sonst vergiften Sie Ihr Inneres nur noch mehr. Sie sind zu leidenschaftlich, zu vehement.“
Sie lachte. „So bin ich eben … zu leidenschaftlich, zu laut, zu viel von allem! Wären Sie mit einer Horde Schwestern und Halbschwestern, drei Müttern und einem despotischen Vater geschlagen, würden Sie mich vielleicht besser verstehen. Nichts kann einen mehr aufregen und kostet mehr Nerven als die eigene Familie. Höchstens der Umstand, dass gleichzeitig dein Handy, dein Notebook und dein iPod konfisziert werden!“
„Gerade wenn die Wogen des Lebens am höchsten schlagen, ist es unabdingbar, seinen Seelenfrieden in Ruhe und Abgeschiedenheit zu suchen“, belehrte Atif sie.
„Gegen ein paar Tage Erholung in einer hübschen Oase hätte ich ja gar nichts einzuwenden gehabt“, schmollte Bella anscheinend unbeeindruckt von den philosophischen Gedankengängen des alten Mannes. Dabei bewunderte sie ihn insgeheim um seine Seelenruhe und -stärke, die das Leben so viel einfacher erscheinen ließen. Leider hatte sie nicht die geringste Ahnung, wie sie es anstellen sollte, selbst einen ähnlich beneidenswerten Zustand zu erlangen.
„Sonne, Palmen … Wasser, um darin zu baden“, schwärmte sie weiter. „Ich habe nicht einmal etwas gegen den Sand, solange ich von meiner Liege auf ihn hinunterschauen kann – natürlich mit einem kühlen Drink in der Hand!“
Ohne eine Miene zu verziehen, verbeugte Atif sich vor ihr. „Ich überlasse Sie jetzt Ihren eigenen Gedanken, Bella. Wir sehen uns dann um neun beim Yoga.“
„ Yoga! Hurra! Hoffentlich platze ich bis dahin nicht vor Aufregung!“
Ihr Sarkasmus ging ins Leere. Atif schien sie nicht zu hören. Die Grimasse, die Bella hinter seinem Rücken schnitt, bekam er ohnehin nicht mit, während er langsam davonging und im Zelt verschwand. Irgendwie brachte sie das noch mehr auf.
Es reichte! Schluss mit Yoga, Schluss mit Meditation und Wüstensand!
Sie musste den Schlüssel für den Jeep finden und von hier verschwinden. Selbst wenn das bedeutete, irgendjemanden gefesselt und geknebelt im Zelt zurücklassen zu müssen!
Bella wollte ihren verwegenen Plan gerade in die Tat umsetzen, als ihr auffiel, dass sich die Wachen vom Eingang der entfernt liegenden Stallungen zurückgezogen hatten. Neugierig beschattete sie die Augen mit einer Hand, während es hinter ihrer Stirn arbeitete und ihr Fluchtplan immer konkretere Formen annahm.
Niemand dort drüben kennt mich, richtig? Wenn ich also mit der nötigen Entschlossenheit vorgehe, kann ich durchaus Erfolg haben.
Während Bella den Weg Richtung der weißen Gebäude einschlug,
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