Ben - Alles auf Anfang (German Edition)
von mir hören?“ Mein Tonfall war trotzig wie der eines kleinen Jungen, aber ich konnte es nicht verhindern.
„Benjamin, es kommt nicht so sehr darauf an, was ich hören will, als auf das, was du zu der Sache zu sagen hast!“, wies mein Vater mich streng zurecht. „Dr. Hartleben war nicht erfreut, auf diese Weise erfahren zu müssen, dass sein Sohn derartige …
Neigungen
hat. Und erst recht nicht, ihn in so einer Lage vorzufinden – noch dazu mit dir! Wir kennen uns seit über 20 Jahren, haben in so manchem Prozess auf gegnerischen Seiten gestanden und uns weiß Gott nichts geschenkt dabei, aber in einer dermaßen peinlichen Situation habe ich mich ihm gegenüber noch nie befunden! Der Junge ist erst 17, und ich musste mein gesamtes Verhandlungsgeschick aufbieten, um zu verhindern, dass der Vater dich anklagt.“
„Er wollte mich anklagen?“ Ich schnaubte. „Wegen was denn bitte? Weil ich mit seinem Sohn rumgeknutscht habe? Seit wann ist das denn strafbar? Wenn der Junge 17 ist, dann darf er selber entscheiden, ob und mit wem er Sex hat oder nicht! Ich habe ihn zu rein gar nichts gezwungen!“
„Und eben das sieht Dr. Hartleben anders. Er glaubt, dass du als der Ältere den Jungen verführt hast!“
„Wenn`s nur mal so gewesen wäre!“, brummte ich missmutig. Das ganze Gespräch ging mir gewaltig auf die Nerven.
„Wie bitte?“, brauste nun mein alter Herr auf, beruhigte sich aber dann wieder, sichtlich angestrengt. Er rieb sich mit der Hand über die Stirn und sah plötzlich unheimlich müde aus.
„Hör zu,“ sagte er dann, „deine Mutter und ich haben uns deine Kindereien jetzt lange genug mitangesehen. Du lebst in den Tag hinein, hast nichts als dein Vergnügen im Kopf, und vor lauter Übermut kommst du nun auch noch auf solche merkwürdige Ideen. Knutschst mit halbwüchsigen Jungs in Fahrstühlen rum, als ob du ein Homosexueller wärst! So geht das nicht weiter. Ich sehe mich daher gezwungen, dir ein Ultimatum zu stellen. Entweder du nimmst mit Beginn des nächsten Semesters ein Studium auf und suchst dir endlich eine respektable, solide und vorzeigbare Partnerin, oder du verlässt mein Haus und stellst dich der harten Realität in Zukunft ohne unseren Rückhalt – und vor allem ohne unser Geld!“
Er sah mich eindringlich an, und ich glaubte zuerst, mich verhört zu haben.
Wie war das? Merkwürdige Ideen? Respektable Partnerin? Das Haus verlassen?
Mein Gesicht musste wohl meine Gedanken widergespiegelt haben, denn die Miene meines Vaters wurde weicher.
„Sieh mal, Benjamin – wir waren ja alle mal so jung wie du, und ich gebe zu, ich habe auch gelegentlich über die Stränge geschlagen. Ich verurteile dich doch auch gar nicht! Ein junger Mann muss sich die Hörner abstoßen, seinen jugendlichen Übermut ausleben, ...
Dinge
ausprobieren bevor er sesshaft wird. Ich weiß, wir haben dich verwöhnt, und vielleicht war das ein Fehler, aber so geht es nicht mehr weiter, das musst du doch selber einsehen! Deine Mutter und ich werden nicht ewig da sein, und wir möchten doch nur, dass unsere Kinder dann auf eigenen Beinen stehen und ihren Platz im Leben gefunden haben. Dass du vor lauter Langeweile schon anfängst mit Jungs rumzumachen, ist doch das beste Zeichen dafür, dass ...“
„Ich schwul bin!“, beendete ich den Satz für ihn und einen Moment lang war es so still im Arbeitszimmer, dass man die sprichwörtliche Nadel hätte fallen hören können. Nadeln gab es hier allerdings keine, nur mich und meinen Vater - und seinen Schock, der allerdings so massiv zu sein schien, dass es durchaus gerechtfertigt war, ihn wie eine dritte Person zu behandeln.
Aber Herrgott – was hatte mein Vater denn gedacht, als er hörte, dass ich mit Hartleben junior geknutscht hatte? Glaubte er wirklich an diesen Mist von wegen jugendlichem Übermut und Langeweile und was er da noch so alles aus dem Hut gezaubert hatte?
Er räusperte sich. „Nun red` keinen Unsinn“, sagte er bestimmt. „Du bist nicht schwul. Du bist mein Sohn!“
Das verschlug mir dann doch für einen Moment die Sprache.
„Und was soll das bitte heißen?“, wollte ich dann mit rauer Stimme wissen, und er machte eine ungeduldige Geste mit der Hand.
„Das soll heißen, dass ein Böttinger nicht schwul ist, basta! Du ebenso wenig wie deine Brüder oder ich! So haben deine Mutter und ich dich nicht erzogen, und wenn wir bei dir auch vielleicht nicht immer alles richtig gemacht haben, ist es doch immer noch Zeit genug, dich an die
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