Berge Meere und Giganten (German Edition)
sie. Auf ihren Wegen zertrümmerten die zweitausend Menschen, rechts und links hinschießend, die metallenen Stiere, das Zeichen der märkischen Revolution, die brüllenden bronzenen Wesen mit der aufgerissenen Flanke, die der blinde Konsul Marke aufgerichtet hatte. Zum Hohn umstellten männliche und weibliche Streifkommandos die Metallsäulen, warteten den Augenblick des furchtbaren langhingezogenen sich wiederholenden Klageschreis. Mitten im Schrei, im grausigsten Sterbelaut zerriß eine Granate den starren Riesenleib, warf zum Entsetzen, zum Abscheu der zugelaufenen Landbevölkerung Säulen und Erzstücke dumpfend auf den Boden. Das Sprengen der heiligen Stiersäulen fachte eine stumme Wut in den Umwohnern an. Ihre Tannenzweige breiteten Kolonnen nach der Zertrümmerung der Säulen über die Bruchstücke aus. Sie hätten schon, wenn sie nicht immer stürmisch abgerückt wären, schon eine Stunde später überall das Feuer an den Sprengorten sehen können, von den Holzhaufen, auf denen die trauernden Menschen die feindlichen grünen Nadelzweige verbrannten, nachdem sie inbrünstig, oft unter Weinen, die Bruchstücke aus Erz und Stein zusammengetragen und in den Boden vergraben hatten.
Zu ihrer Befremdung sah die sehr sichere kleine Castel, wie die Menschen, die sie zu kennen glaubte, vor ihrer Schar finster auswichen. Die durch Einzelläufer hingetragenen Worte von Befreiung und allgemeinem Zusammenschluß der westlichen Menschen fruchteten nichts. Sie erlebte dasselbe Erstaunen, das die Anhänger der alten Herrengeschlechter nach dem Tode Markes vor dem Einbruch Marduks erlebt hatten: der zuckende tiefe Widerwille der Masse vor den Apparaten, ihr zäher Hang an Markes Maßnahmen und seinem Weg. Die Bevölkerung hatte keine Möglichkeit, die Castelsche Horde anzufassen, aber in Irreführung auf Landwegen, massenhaften Einzelschikanen machten sie sich Luft. In der sehr männlichen Masse wechselte Spott auf die freche Weiberhorde der Castel mit Ausbrüchen der Erbitterung. Die Erinnerung an alte Weiberherrschaft lebte noch, reizte die vor den Pflug gejagten Männer aufs Blut. Die Horde der Castel, vorrückend, war wie von Spürhunden umgeben. Die Märker belauerten sie, warteten auf menschliche Beute. Die Frauen und Mädchen dieser Männer haßten die Castelschen Weiber am wildesten; blutgierig lauerten sie auf sie, griffen Zurückbleibende und sich Verirrende an. Zerschlugen sie, taten ihnen Schande an, sperrten sie in Ställe. In zynischer Weise vergriffen sie sich an jungen Geschöpfen, die kurz hinter Salzwedel, durch scheinbare Neugier der Umwohner verlockt, sich darauf einließen, vor ihnen zu sprechen. Kaum war der Hauptzug außer Sicht, warfen sich Frauen auf die Fremden, entkleideten sie vor den hohnlachenden Männern, zogen ihnen knappe Knabenhosen an, die in der Schamgegend geöffnet waren. Vorgebunden war da kein Feigenblatt, sondern eine derbe rote Rübe mit grünem Kraut. Die Hände wurden ihnen auf den Rücken gebunden; so mußten sie zu ihrem Hauptzug durch den Schnee. Und als ein Straftrupp zurückkam, die nahegelegenen Häuser verbrannte, da liefen hinter dem rückkehrenden Trupp, der keine Menschenbeute machen konnte, eine Schar Rinder her. Auf ihnen waren Leichen von gefangenen Kriegerinnen gebunden; den schamlosen Rübenschmuck hatte man zwischen ihre blanken Schenkel gepflanzt. Getrieben wurden die Rinder von zwei Frauen, die die Hände auf dem Rücken hatten. In kurzen Knabenhosen mit den schwankenden Rüben gingen auch sie, aber nicht stumm mit gesenkten Köpfen wie die früher losgelassenen: ihre Brüste waren entblößt, in einem Sack hatte man rechts und links an ihren Rumpf kleine wimmernde Schweine angebunden, deren Schnauzen hervorsahen und gegen die Brüste schnappten.
Die Castel wurde nicht unsicher gemacht. Bei Stendal näherte sie sich der Peripherie der alten Stadtschaft Berlin. Von zwei Seiten war sie belauert, von Marduk, der selbst bei Hannover stand, während sein Hauptmann die Hälfte der Wache in der alten Stadtschaft selbst befehligte, und vom schwarzen schmalköpfigen Zimbo. Und während noch der Hauptmann Marduks von Magdeburg heraufzog, um sie anzufallen, erschien Zimbo mit der Horde des Lorenz unerwartet bei Stendal neben der weit ausschwärmenden Horde der Frau, die sofort Halt machen ließ. Zimbo verlangte noch einmal offen die Führung bei der ganzen Aktion als Beauftragter des Völkerkreises. Dann führte er eine Unterredung herbei mit dem hellbraunen starken Weib,
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