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Berge Meere und Giganten (German Edition)

Berge Meere und Giganten (German Edition)

Titel: Berge Meere und Giganten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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während er zugleich durch Ausbreitung seiner Horde die gegnerische zwang sich auszudehnen. Und wie die siegessichere Castel mit Zimbo verhandelte, ihren Tannenzweig in der linken Hand, wurde ihr Schicksal besiegelt.
    Plötzlich, im Gehen und Fahren durch die knietiefen Schneefelder, war der Horde Castels, als ob alles vor ihnen und um sie auswiche umböge. Es war, als ob sie plötzlich in ein Element wie Wasser eingetaucht waren, in dem sie keine Fähigkeit zu blicken und sich zurechtzufinden hätten. Die in den schwarzen Rauch der Castel Gehüllten konnten, wenn sie sich Auge um Auge aneinanderdrängten, sich nicht sehen; jetzt hoben die Menschen, die Einzelläufer oder die in Gruppen, die hinter Wagen oder neben fahrenden Maschinen, Schnee auf, und die Hand, die den weichen kalten zusammenballbaren Schnee griff, – näherte sich ihnen nicht. Die Hand schien in Riesengröße ungeheuer weit entfernt. Sie zogen daran; ungeheuer und langsam, den halben Horizont bedeckend rückte sie näher. Etwas Schwarzes reckte sich vor den Menschen auf, die an den Apparaten standen. In den Himmel gewachsen waren sie. Die Menschen betasteten die Treppenstufen, die zu der Plattform der Apparate führten und die ein halbes Haus hoch schienen; mit mächtigen Händen konnten sie Stufe um Stufe angreifen, die Füße stellten sie, ängstlich, immer ängstlicher auf, sie konnten die Stufen hochsteigen und oben türmten sich die Apparate wie Kathedralen auf. Sie gingen am Boden wankend vorwärts. Sie hatten das Gefühl, die Erde wiche unter ihren Füßen aus, riesig ragte ihr Kopf in die Luft; ein fremder schwarzer Riesenkopf schwankte zu ihnen her. Die Menschen stöhnten in fürchterlicher Bangigkeit, rieben und kneteten an ihren wie gequollenen Armen, an ihrem Kopf, glaubten, sie müßten an sich schieben, sich zurechtdrücken und zusammenrecken. Wie die Menschen in den schwarzen Wolken standen sie da oder warfen sich hin, hielten sich die Augen zu. Sie riefen einander zu, hörten, daß andere in der nächsten Nähe waren, aber wagten nicht hinzuschauen. Und während sie lagen standen, entsetzt wieder zu blicken und schreiten versuchten, immer in Abgründe hinein, auf Felsgebirge hinauf, über Häuser her, liefen die Männer Zimbos, gegen die verzerrenden Lichtstrahlen geschützt, zwischen ihnen, stießen sie wie plumpe Hammel beiseite, nahmen ihnen die Wagen und Apparate weg, die sich an sie klammerten und brüllend um Gnade flehten.
    Drei lange Stunden währte die Unterredung der hellbraunen Angela Castel mit den Führern der gegnerischen Täuschergruppe. Da trat ohne ein Wort zu sprechen der schlanke ernste Lorenz mit einer kleinen Zahl Männer in das Zelt der Castel. Die stand auf, wies die Männer hinaus. Lorenz, den Türausgang haltend, nickte Zimbo, der auch aufgestanden war, stumm zu. Da ging der Neger, der eine lose Pelzjacke trug, auf die befehlende stirnrunzelnde Frau zu, nahm ihr, die zurückwich und den Mund öffnete, den Tannenzweig aus der Hand, tat ihn mit zärtlichem Gebaren unter seine Jacke und knurrte lachend. Die Frau wollte zur Tür mit den anderen Frauen. Zimbo machte ihr selbst am Ausgang Platz. Die Castel schrie noch, warum ihre Wache, die versteinert schien, die Fremden nicht angriff, da stand sie neben Zimbo in der weißen Landschaft. Männer auf Männer zogen vorbei, schoben und trugen ihre eigenen Kriegsgeräte. Man trieb eine kleine Schar Frauen vorbei, die entgeistert blickten; allen waren die Hände auf den Rücken gebunden. Zimbo grinste; seine Leute hatten einigen schon das Rübenzeichen angesteckt. Angela Castel, tief erblassend, verbarg das Gesicht hinter ihren Händen.
    Sie knirschte: »Du bist ein niederträchtiger Betrüger.« »Was macht es.« »Wirst du auch mich fesseln.« »Ich weiß noch nicht. Ich werde wohl genötigt sein es zu tun.« Sie atmete, die Hände herunternehmend: »Dann bitte ich, daß ich bald getötet werde.« »Vielleicht wird das geschehn.« »Ich will es selbst tun.« Er wiegte den Kopf: »Überleg, Angela Castel, ob das gut für mich ist. Wie soll ich denn Marduk meine Ergebenheit und Treue beweisen. Ich kann es doch nicht besser, als wenn ich – dich zu ihm schicke.« Sie sah ihn, vor Raserei vergehend, an. »Komm lieber ins Zelt, Angela Castel. Meine Leute sehen uns. Sie bringen dir vielleicht eine zudringliche Ovation. Sie haben noch Rüben übrig. Binde sie, Lorenz. Sei ruhig, Angela. Marduk wird mir sehr danken für meine sinnige Aufmerksamkeit.«
    Und sofort

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