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Berge Meere und Giganten (German Edition)

Berge Meere und Giganten (German Edition)

Titel: Berge Meere und Giganten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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Häuserwände auf, wuchteten zerschmetterten aneinander. Pferde auf den Weideplätzen brachen los, galoppierten hell und heiß wiehernd, warfen Menschen nieder, stürzten Stufen herunter, bissen entsetzt nach anderen Tieren, nach schlagenden Menschen, an Baumstämme, die vor ihnen nicht auswichen. Die Menschen, wo sie betroffen wurden, in Häusern auf Straßen auf Wiesen suchten zu entkommen. Liefen, riefen sich an, faßten sich, sahen sich nicht, tasteten blind weiter. Dann rasten Tiere und Wagen unter sie. Sie warfen sich hin. Wo sie ein Erdloch fanden, krochen sie hinein. Auf Geräusche lauschten sie nach allen Seiten, um zu wissen, wohin sie flüchten sollten. Und wie sie ruhig anhielten, in die Nacht gebannt, hatte sie die feindliche Truppe gefaßt. Wie man Sand in einem Sieb schüttelt, wurden sie von den Feinden ergriffen, mit Kugeln und Geschossen von oben und den Seiten durchlöchert. Blitze ließ man durch sie laufen. Einen brennenden, einen tötenden Augenblick war Licht unter ihnen.
    Vor Lauenburg schickte die hellbraune Castel gegen eine dichtbesiedelte truppenbesetzte Landschaft einen Flußlauf. Das Wasser der Elbe, breit fließend, viele Meter in die Erde eingegraben, erhob sich wie abgerahmt aus seinem Bett, übersetzte in meterbreiter Ausdehnung den baumbestandenen steingefaßten Uferrand, stäubte spritzte hin wie unwillig, dann heftiger, schwemmte brauste mächtig wogend in die wiesenpark-straßenbezogene Landschaft. Flach ausgebreitet wälzte sie sich südwärts in die offene Heide ein. In die Häuser Zimmer, durch die Fenster sprang der Strom, Menschen Geräte Tiere Zäune aufhebend. Gärten Ställe Fabriken demolierte er, unablässig weiter schwellend, getrieben von der bald lautlosen bald orkanartig heulenden gegen das Flußbett gerichteten Gewalt, die das Wasser angefallen hatte. Man erfuhr später, daß Frauen der Gruppe Castels im Besitz der Erfahrungen waren, die bei der Insel Jan Mayen in so ungeheure Erscheinung traten und einen neuen Abschnitt in der Bezwingung des Wassers darstellten. Die Elbe war abgeschnitten bis zur halben Tiefe durch die sprühenden vergasenden Ketten, die ins Wasser tauchten aus starr überhängenden Drähten. Sie floß flach unterhalb dieser Sperre. Jenseits der Sperre aber wuchs sie wie geschleust mauerartig hoch, überlief, die schwere schlammwälzende Elbe, das Land, füllte es klatschend.
    Die Castel legte um ihre bis zur Elbe vorgebrachte Truppe einen Verteidigungsgürtel mit Fernwaffen, wartete die Wirkung ihres Vorgehens an Marduk ab. Wie der bei Ülzen stehende Jan Lubbock und Lorenz, über die Tat der schweigsamen Castel entsetzt nach Zimbo suchten, erschien der schwarze schmalköpfige Zimbo bei Lauenburg, fragte die Castel, die ihn kannte, nach ihren Absichten. Die gab ihm zurück, sie werde genau das tun, was sie erreichen könne. Er wollte bei ihr eintreten, die weiteren Operationen leiten. Sie lehnte ohne eine Miene zu bewegen ab. Zimbo röchelte einen Augenblick in Wut vor ihr, dann schlug er sich auf die Brust, nahm ihre geschlossene Hand, als sie lächelte, wünschte ihr Glück. Während die Castel sich um Lauenburg befestigte, hielt Zimbo Lorenz und Lubbock in der Gewalt, daß sie davon absahen, sich der gefährlichen Frau anzuschließen. Sie taten, was der schlaue Mann vom Kongo ihnen vorschrieb. Lieferten die siebzig Flüchtigen aus den Mekifabriken nach Berlin an Marduk ab, der sie zu den übrigen tat, versteckten ihre Waffen, gebärdeten sich unterwürfig gegen den grauen Konsul und den Senat. Der graue hohe Marduk legte sich wieder die Waffen an, die er im Beginn seines Konsulats trug. Die Wache des Ratsgebäudes und um ihn verstärkte er um Hunderte. Der schwarze schweigende Lucio Angelelli bezog seinen alten Posten.
    Das weite Land, das die Stadtschaft an sich gerissen hatte, überflog Marduk mit Angelelli. Die wieder vorstoßenden Brandwerfer der Lüneburger Heide sahen sie, die Flammen in Celle, das Wallen und Schwemmen der Elbe am Standort der verräterischen Angela Castel, im Land verstreut halb aufgelöste plündernde Horden, Ackerbauern, die sich gegen Nachbarn verteidigten. Warnende Nachrichten erreichten sie in Hannover: die verfemte Castel bereitete einen Angriff auf Berlin vor, Hamburg und England stünden hinter ihr. Ein weiblicher Bote von ihr kam in Hannover an auf der Suche nach Marduk; in einem kurzen Brief ermahnte die Castel den Konsul, seine Waffen niederzulegen und sich außer Landes zu begeben; sie sei nicht die einzige

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