Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Berge Meere und Giganten (German Edition)

Berge Meere und Giganten (German Edition)

Titel: Berge Meere und Giganten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
Vom Netzwerk:
Marduks Barbaren übten, viel Fleisch aßen. Gruppen dann nur aus Weibern bestehend, die auf den Feldern arbeiteten, noch Mekispeisen nahmen, und alles Unheil auf die Übermacht der Männer schoben; faustgroße Steine trugen sie am Hals zum Zeichen, daß sie sich unfrei fühlten. Im Norden, ganz zerstreut wohnend, Schweiger; Menschen, die sich jede Sprache versagten, nur frühmorgens sangen nach dem Sonnenaufgang; bei einer gewissen Höhe der Sonne begann das demütige Verstummen. Sie waren mit Erde beschmiert, wuschen sich nur einmal in der Woche, gingen Fremden aus dem Wege.
    Die Befehle der Stadtherren wurden dringender. Da sammelten sich bei Bedford am Ouseriver eine Anzahl der Fulbe, spielten neue Possenstreiche des Tolpatsches Hubeane. Dann in wechselnden Gegenden, am Rande von Wäldern, auf Bergplateaus, auf Brachfeldern begannen sie ihre Liebesspiele. Eine dichte Menschenmenge um sie; fröhliche Schlangen, finstere fellbehangene Krieger, schmutzige Schweiger, trübe schlaffe Städter, Ängstliche, die die Zauberer herumgejagt hatten. White Baker unter ihnen. Die braunen zärtlichen Menschen spielten in Masken.

    DAS WAR die Fabel vom Löwen und dem wilden Hund. Das Haus eines Häuptlings war mit Stroh bedeckt. Vor der Tür saß der festlich geschmückte Mann mit einem jungen rottätowierten Mädchen, einem schönen Wesen, seiner Tochter. Eine kleine Schar Menschen um sie. Der Häuptling nahm die Hand vor den Mund, machte sie hohl: »Dies ist meine Tochter Mutiyamba. Ich will sie verheiraten an den stärksten und schönsten Mann. Ich bin reich. Er braucht mir nichts zahlen. Ihr sollt überall ausrufen, in der Steppe, am Fluß, in den Bananengebüschen, auf der Sandinsel: der Häuptling Kassangi will seine Tochter Mutiyamba dem Schönsten und Stärksten geben.« Da war ein zarter Jüngling, Liongo, ein Waisenkind, der liebte das Mädchen. Er trug einen Lendenschurz aus Stroh, die Lanze konnte er nicht werfen. Ging mit in die Steppe, an den Fluß, in die Bananengebüsche, auf die Sandinsel, zu rufen, daß Kassangi die schöne schlanke Mutiyamba dem Schönsten und Stärksten geben wolle. Er tröstete sich, sang vor sich. »Die Fasern meines Herzens schwirren. Warum? Ich habe eine hohe Nelke gesehen; eine weiße Ameise zersticht sie an der Wurzel. Ich muß die hohe Nelke heilen.« Er ging, der Zarte, den übrigen Trommlern voraus. An den Regenteichen, zwischen den lianenumstrickten großen Bäumen im Buschwald, unter Butterbäumen, auf denen kleine Affen sprangen, an den lederblättrigen Feigenbäumen, an Schluchten, aus denen dunkle Fledermäuse und dicke Wespen surrten, im wildaufgeschossenen, tiefdurchstreiften Dickicht des Sorghumgrases, vor grünen Sümpfen, an denen wilde Kürbisse und Luffagurken ihr Gewinde trieben, von Würmern und Schnecken überlaufen, sang der arme Liongo schmetternd das Lob Mutiyambas, um die Stärksten und Schönsten zu locken. Besang die Bemalung ihres Körpers. »Wie junge Zwiebelknollen sind ihre Brüste; kein Baum trägt soviel Früchte wie sie Kleider trägt. Am Kopf, an den Ohren, den Lippen, den Armen hängt Schmuck, wie Blitze aus einem Gewitter zucken. Ihr Blick ist sanft und schmachtet. Ihre Beine sind schlank wie Kupfernadeln. Man kann sie nicht ansehen, ohne von Sehnsucht nach ihr verzehrt zu werden. Die Augen muß man schließen, als hätte man in einen Topf mit heißen Dämpfen geblickt. Und wenn man sie geschlossen hat, findet man keine Ruhe, weil die Augen weiter brennen. Wer Mutiyamba sieht, muß zeigen, daß er ein starkes Herz hat. In ein Gefängnis ist er geworfen, mit ihrem Bild allein. Sein Herz muß stark sein, um die Türen zu zerbrechen und sich zu ihr zu retten. Hundert werden um sie werben! Kassangi ist ein mächtiger Häuptling, einen starken Pfahlbau hat er um sie erbaut. Nur wer Schultern wie ein Berg, Hunger wie ein Schakal hat, kann den Pfahlbau einrennen.«
    In der Steppe hörte den Gesang Liongos ein junger gelber Löwe. Und wie Liongo an der Fledermausschlucht das Mädchen pries, kroch auch ein wilder Hund hervor. Als der zarte Bote des Häuptlings vor seinen Palast zurückkehrte, waren schon viele Jünglinge dagewesen, hatten Proben ihrer Kraft abgelegt, waren von Kassangi verworfen. Mit dem armen heiseren Liongo zogen der Löwe und der wilde Hund an. Der Löwe warf die beiden stärksten Jünglinge um, übersprang mit einem Satz die höchste Einzäunung von Kassangis Gehöft, einen Eimer Palmwein soff er in einem Zuge, nachher schritt er gerade wie

Weitere Kostenlose Bücher