Berge Meere und Giganten (German Edition)
vorher. Kassangi gab ihm die Tochter; der prächtige gelbmähnige Löwe setzte sich neben sie. Mutiyamba erschrak, als das aufgrollende Untier ihr Mann geworden war. Aber sie war stolz über seine Kraft.
Tags darauf feierten sie Hochzeit in Kassangis großem Haus. Der wilde Hund Kri hatte sich nicht vor den Häuptling gewagt, als der gelbe Löwe erschien. Nun kauerte er im Saal neben dem jungen Löwen, der sich nicht wohl zwischen den Menschen an der Tafel fühlte. »Du kennst die Sitten hier nicht, Löwe. Du mußt den Brei zu dir herüberziehen, wenn du essen willst«, flüsterte der Hund herauf. Hintatzte der Löwe nach dem großen Napf, in der Mitte des Tisches, schlang ihn herunter. Die Gäste, die zulangen wollten, blickten betreten vor sich. Kassangi, der Häuptling, ließ sich nichts merken, befahl einen neuen Napf. Er nahm, schob ihn vor die Tochter, den jungen Bräutigam. Kri lauerte auf den Hinterbeinen: »Du bist Bräutigam. Du mußt Geschenke machen. Jedem Gast mußt du zur Erinnerung einen Löffel Brei in die Hand schütten.« Der Löwe wischte sich das Maul, erhob sich, drückte sich den großen Napf vor die Brust, und die Tafel abwandernd goß er jedem Gast einen Löffel Hirsebrei auf die Hand oder klatschte ihn ihm plump vor die Brust. Die ersten hielten still, die nächsten warteten nicht. Sie liefen vor die Tür, platzten ihr Lachen heraus, schüttelten sich über das Untier, das zaghaft zu ihnen herübersah. Finster runzelte Kassangi auf seinem Platz die Stirn. Die Gäste ließ er säubern; die von draußen hereinrufen. Stumm verlief das Mahl. »Eine alberne Gesellschaft«, flüsterte Kri, als sie allein saßen, »du mußt dich nicht daran stoßen. Sie sind neidisch.«
Der Brautzug fuhr durch das Dorf. Neben Mutiyamba saß der prächtige Bräutigam auf dem bändergeschmückten Ochsenwagen. Man blies vor und hinter ihnen und trommelte. Sie kamen vor Kassangis Haus, wo der Häuptling mit seinen Frauen stand und winkte. Einen Satz von rückwärts auf den Wagen machte der wilde Hund, kletterte auf die Planke zwischen dem Paar: »Mutiyamba, dein Bräutigam ist so finster. Streichle mich, liebkose mich, ich bin sein Freund. Das wird ihn erheitern.« Und sie umarmte Kri, küßte seine Schnauze, blickte ihn zärtlich an. Im Zug kicherte man, Kassangi erschrak. In seinem Zimmer nahm der Löwe rasch den Hund beiseite. »Wie hast du es gemacht, daß dich Mutiyamba, meine Braut, geküßt hat. Sie hat mich noch nie geküßt.« »Sei nicht traurig Löwe. Tu ihr nichts. Ich will dir das Geheimnis verraten, aber du versprichst zu schweigen. Sieh her, ich habe mir beim Laufen einen Vorderfuß verstaucht. Das hat sie gesehen, Mutiyamba die Schöne. Sie ist so mitleidig, so zart. Da hat sie mich Armen gestreichelt und geküßt.«
Kassangi mit den Gästen erwartete den Bräutigam zum Trunk. Da hinkte der junge Löwe, der starke prächtige, zur Tür herein. Hinkte rechts, hinkte links. Und wie er bei Mutiyamba stand, quollen ihm die Tränen aus den Augen: »Ich habe mir die Beine verrenkt, beide Hinterbeine, gestern als ich dir zu Ehren sprang.« Er blickte sie kläglich an. Sie zog das Brusttuch über das Gesicht, flüsterte beschämt dem Vater etwas zu, huschte, ihre beiden Mädchen hinter sich, aus dem Saal. Die qualmenden Männer rümpften die Nasen, schnitten spöttische Mienen, spuckten in die Luft. Da bot der Häuptling dem Bräutigam den Krug: »Trink, Löwe. Meine Tochter Mutiyamba, das schönste Mädchen, ist dir zugefallen. Wir wünschen dir Glück. Du hast keinen Kaufpreis zu zahlen. Deine Füße werden wieder heilen. Aber Geschenke wirst du ihr machen. Das ist Sitte bei uns.« Der Löwe auf der Matte nahm den Trunk, verbeugte sich stumm vor dem Häuptling, stieg hinaus. Er wanderte durch das Dorf, in die Steppe, Kri hinter ihm. »Löwe, was läufst du so weit? Du mußt doch hinken, sonst erbarmt sich die Braut deiner nicht. Hinke hinter mir her ins Dorf zurück, gleich, damit der König sieht, wie demütig du bist, obwohl du Schultern wie Berge hast, wie der arme Liongo sang.« »Und was soll ich ihr schenken, ihr und dem Vater Kassangi?« »Daß du darüber nachdenkst. Zeige nur nicht, daß du reich bist, sonst ist er und das ganze Dorf beschämt. Bring ihm keine Antilopen, sonst fürchten sie sich vor denen. Was läufst du überhaupt so weit in die Steppe. Mach am Boden hier – deinen Kot hin. Ja deinen Kot. Ich will zwei Körbchen aus Gras flechten, da tun wir den Kot hinein. Die Körbchen trage ich
Weitere Kostenlose Bücher