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Berge Meere und Giganten (German Edition)

Berge Meere und Giganten (German Edition)

Titel: Berge Meere und Giganten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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hingen über den Klippen; die Därme quollen ihnen aus den Schnauzen. An ihnen schlangen die Vogelechsen.
    Sie kamen alle nicht weit. Flogen etwas, senkten sich wieder auf den Boden. Es schien, als ob der Rest ihrer Kraft sie bei der Berührung mit den kalten Steinmassen der Erde verließ. Keines der skandinavischen Tiere, obwohl von niemandem verfolgt, kam über den sechzigsten Breitengrad auf dem Landweg nach Süden. Sie fraßen Bäume Ackererde. Dann lagen sie lahm. Warfen sich, schnellten wie in einem Anlauf hoch, verkamen. Die Waldungen Gärten Vögel Weichtiere hatten sie schon verschlungen, oder sie waren verbrannt. In die Erde fraßen sich die grönländischen Untiere ein, wie sie starben. Wuchsen dann sonderbar in ihre Gräber. Wo sie reglos lagen, wucherte die Erde, die sie verschlungen hatten, in ihren Mäulern, zwischen ihren Vogelkiefern, in den Schlundröhren, Eingeweiden aus, durchdrangen die Weichteile in langen spitzen Kristallen, sogen die Weichteile nach. Und um die Leiber herum, in den Bodenhöhlungen zitterte die Erde, ließ feine Kristallbündel sprießen, so daß die Riesenleichen in zackigen Nestern lagen. Die Körper der Untiere selbst aber vom Boden verschlungen, waren nichts als eigentümliche Bodenerhebungen, die sich wie Tierrümpfe über den Berghängen, über Akkerflächen hinzogen, von blitzenden Steinen begleitet.
    Die Untiere, die weiter den Süden erreichten, Jütland bestiegen, sich nahe Hamburg zeigten, waren Quallen und Medusen mit Armen, die sich untereinander zu starken Schwimmflossen verbanden. Auf das flache Land, über die sandigen Küsten wälzten sich in einem wilden Trieb, in zitternder Verwirrung die riesenstarken gallertigen Wesen. Ihre Körper, unter dem grönländischen Licht blühend durchsichtig, hatten in der Kälte der Meere die Gelbröte des Dotters angenommen; blutige geschwollene Stränge durchliefen sie. Sie rollten fauchten; dellten sich krampfhaft zusammen, sprangen flogen vorwärts. Sie spritzten Schleim um sich, sanken mehr in sich zusammen. Über Flüssen hingen sie, pumpten Wasser in sich. Aber dies Wasser war nur eine Erinnerung an das Wasser, in dem sie gediehen waren; war schweres kaltes liebloses Wasser. Sie soffen mehr, spien es im Wirbel aus. Ihre Arme hangelten nach Blökken an den Wegen, würgten sie sich in die Mundöffnung. Diese Blöcke konnten sie nicht zerknirschen; die stürzten ihnen durch die Darmwindungen. Über die Landschaften sanken die schattenhaften Wesen hin. Bräunlich und violett tröpfelte Blut von ihnen; sie fielen wie mächtige Spinngewebe über die jütischen Ebenen.
    Wen die Fasern des Gewebes berührten, was von dem dampfenden blasenwerfenden Blut bespritzt wurde, veränderte sich im Augenblick. Schafherden leckten übergischt an dem Blut. Die Zunge quoll ihnen über die Zähne weg, fiel auf das Gras, sich verbreiternd verdeckend. Die Tiere standen da, zerrten an den fürchterlichen Organen, an denen sie sofort erstickten. Andere sogen glotzend blökend an den roten Fleischmassen, die ihnen unaufhaltsam aus den Mäulern wuchsen; zugleich schwoll ihnen auch der Gaumen, Rachen, den der Saft berührt hatte. Die dehnten, wölbten sich. Riesenschädel, den ganzen Rumpf in Umfang und Gewicht übertreffend, trugen sie auf den Hälsen, die zu schwach für die Last waren. Die Schafe wurden auf den Boden hingezogen, zappelten mit dem kleinen Anhang ihrer Rümpfe. Rasch kamen eine Anzahl Tiere um, die gierig an dem Blut der Medusen geschluckt hatten und deren Leib Rippen Rückgrat von den anschwellenden Eingeweiden in Stunden zersprengt wurden. Bei Hamburg erfolgte das erste große Verderben der Menschen. Siedler und Einwohner der Stadtschaft wurden betroffen. In die Häuser hinein wurden im Bogen das Blut und der Schleim der verendenden Urtiere gesprenkelt. Menschen, die am Kopf oder den Gliedmaßen begossen wurden, verloren im Augenblick die Besinnung. Ihre wuchernden Organe erdrosselten sie selbst. In den Zimmern wurden Menschen, denen eine Hand bespritzt war, von den schweren wuchernden Fleischmassen aufgesogen; die Hand die Finger füllten den ganzen Raum, kleiner kleiner schrumpften Arme Beine der Rumpf dahinter. Das Herz schlug nicht mehr, die Menschen lagen weiß tot, nicht größer als eine Faust, manchmal wie ein Apfel, ein Karton einlaufend unter dem dunstenden Riesenorgan, dessen Haare wie Spieße aufrecht standen, die an den starren Wänden geknickt wurden. Die tolle Szene in der kleinen Bauernsiedlung, wo eine Bäuerin

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