Berge Meere und Giganten (German Edition)
befestigen und die Parasiten von ihr abzuschlagen. Man habe freie Ellbogen gesucht; jetzt habe man sie.
Inzwischen blickten er und seine Freunde darauf, Waffen gegen die Untiere zu finden. Sie waren von einem kalten Haß aufgerührt. Alle Strahlen durchbrachen die Tiere. Das Zerreißen der Mißgeschöpfe nutzte nichts; ihre Teile übten mehr Schaden als ihr unversehrter Leib. Wer diese Wesen anfassen und hinmachen könnte. Es war eine heftige und unerträgliche Scham, die Delvil und seine Mitkämpfer erfüllte, daß sie wie ein Urvolk, wie ein Buschmann vor einem Tiger dastanden und keine Rettung wußten.
Es war nicht Delvil, sondern ein unbenannter Mann aus Christiania, der Hilfe brachte. Der, aus einem Sturz der Reptilien gerettet unter Verlust des rechten Armes und der Schulter, fand einen überraschenden Weg. Unter ein sterbendes schon erstarrendes Tier war er geraten. Der vom heißen Blut angespritzte Arm war ihm gewuchert; keinen Schmerz hatte er empfunden, nur ein sonderbares Fluten und Zucken durch den ganzen Leib, ein Blitzen von Lichtern vor den Augen, besonders ein rosa Leuchten, das ihm Wohligkeit und Süße eingab und fast wehrlos machte. Aber das Wallen und Zucken im Rumpf, in der Wirbelsäule, an den Knien und Hüftgelenken nahm plötzlich eine furchtbare drängende Stärke an. Er sagte: so müsse wohl eine Frau fühlen, die gebäre, in den Wochen liege und das heraustreibende Kind stemme ihr den Leib auseinander. Unter dem dumpfen grausamen Schmerz hatte er sich, schon träumend, in der schwimmenden Süßigkeit verloren, hatte seinen Körper nicht frei bekommen. An einem entsetzlichen Stiel hing sein Körper, es war sein Arm, ein Riesenarm, eine weiße geblähte Fleischmasse. In Ekel griff er nach seinem Messer, schnitt hinein, wo er konnte mit dem Arm. Hieb in sich, um die gräßliche Fleischmasse von sich abzutrennen. Die Schnitte und Stiche schmerzten nicht, er hieb wie in ein fremdes Wesen, dicht an seiner Schulter. Und plötzlich stürzte er ab und war bewußtlos. Dieser Mann aus einer Mekifabrik war nach zwei Tagen von einer Rettungskommission gefunden worden, wurde da er noch atmete nach Christiania transportiert. Wo man ihm unter den größten Vorsichtsmaßregeln die Schulter entfernte, die noch nach der Selbstamputation des Mannes zu einer sackartigen Geschwulst gewuchert war. Der Mann war wie ein Kind klein geworden, seine Glieder gummiartig weich; ungeheuer hatte noch nach der Selbstamputation der parasitäre Stummel an ihm gezehrt. Sehr schwer war es ihn zu ernähren, die richtigen Stoffe in ihn zu werfen; der braungelb bis schwärzlich gefärbte Mensch schien ein völlig verändertes Blut zu haben. Sogar seine Augen, die Iris seiner früher blauen Augen hatte einen grauschwarzen Ton angenommen. Soviel er auch in einem Heißhunger verschlang und soviel er trank, er gedieh schwer, fror in seinem Bett, dieses Wunder eines Wesens, das die Urtiere nicht vernichtet hatten. Da erzählte er, dessen Geist nicht verworren war, aber immer unter einer Betäubung lag, von Blitzen die durch ihn gegangen wären, von dem Wallen und Zucken im Rumpf, als ihn das Untier berührte, dies Recken und Reißen und Schneiden in den Finger und Kniegelenken, in den Wirbeln. Er hatte es jetzt nicht mehr. Noch wie der Stumpf an ihm sog, hatte er es gefühlt. Der träumende, mit dem Gespenst der Tiere ringende Mann meinte, ihm fehle etwas. Er wolle nicht mehr essen, es hätte keinen Sinn. Man müsse ihm das geben, was die Tiere hätten. Dann würde er gesund. Immer wieder drang er, halb bewußtlos, darauf. Die Ärzte, mit Elektrizität und vielen Strahlen arbeitend, konnten den Zustand nicht ändern. Als der Mensch immer trieb und bat, man möchte ihn nach Grönland bringen, an das rosa Licht, von dem die Schiffer berichteten, verfiel man darauf nach den Schleiern zu forschen, die die westlichen Senate für sich von Grönland geholt hatten. Es war ganz still von ihnen geworden. Sie waren in unterirdischen Riesengewölben an der belgischen Nordseeküste und in walisischen Bergen vergraben; niemand kümmerte sich um sie. Von zwei abenteuerlustigen Männern begleitet flog der Skandinavier über die Nordsee. An den flämischen Bänken fauchten Riesenlurche unter ihnen. Fast wonnig atmete der dem Tode nahe Skandinavier schon hier. Und als man ihn auf die grüne Wiese an der flandrischen Küste setzte in der Nähe des Tunnels, der zu den Turmalingewölben führte, veränderte sich sein Blick; er lächelte, suchte sich
Weitere Kostenlose Bücher