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Berge Meere und Giganten (German Edition)

Berge Meere und Giganten (German Edition)

Titel: Berge Meere und Giganten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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aufzurichten. In Eile schoben ihn die beiden Männer mit einem Speisevorrat an den Eingang des Tunnels, dem sie sich nicht zu nahen wagten; sie selbst schwirrten vor den nahenden Lurchen nach Osten.
    Vor den belgischen Senat wurde nach zwei Wochen dieser Skandinavier geführt. Ein Schwarm von Menschen, aus ihren Kellern gelockt, begleitete ihn. Er predigte von dem Wunder der Turmalinnetze. In ihnen stecke die Seele des Lebendigen. Er war fast so groß wie ein Mann seines Alters, schwankte aber, war übermäßig erregt, blickte frisch; die Haut vorher schwärzlich, war durchsichtig blaß; man sah fast das Blut darunter fluten. Die Haut schilferte, die Haare waren blond, übermäßig lang, auf die Schultern heruntergewachsen. Ten Keir hörte im Keller des Rathauses von Brüssel nur kurze Zeit den sonderbaren phantasierenden einarmigen Skandinavier an, ordnete an, ihn nach Hause zu befördern. Er brachte im Augenblick die entsetzlichen Lurche mit den Schleiern zusammen: ob man gegen die Bestien mit dieser Waffe vorgehen könnte. Am selben Tag war sein Bericht in Delvils Händen.
    Von seinem Verwüstungsfeldzug unter den Siedlern heimgekehrt saß der in London. Am Abend dieses Tages waren die beiden Männer einig, daß die Gewölbe der Turmaline besonders zu schützen seien; niemand war an sie heranzulassen, es durfte auch nichts nach außen gelangen von den Kräften der Turmaline und daß die Schleier noch wirksam waren. Den Skandinavier ließ Ten Keir in der Nacht fassen und einsperren. Die schon auftauchenden Gerüchte von der sonderbaren Wiederherstellung des Mannes, den die Lurche fast getötet hatten, ließ er als Phantastereien zerstreuen. Eine Kommission von Physikern und Biologen prüfte die walisischen Netze. Delvil gehörte ihr an. Ein wütender Gedanke hielt ihn fest: in diesen Netzen waren die Kräfte, mit denen man Bestien Widerstand leisten konnte, und nicht nur den Bestien! Delvil war innerlich verhakt. Er haßte diese Welt, die Erde, die ihm dies antat, die phantastische blöde schrankenlose Macht, die sich vor ihm aufstellte und ihn wie ein wilder Bulle umwarf. Man hatte nicht dazu die Äcker verachten gelernt, das Korn weggeworfen, das der Boden gab, das Vieh, das sich selbst fortpflanzte, um dies zu erdulden. Es steckte eine Rache der Erde dahinter, die ihr aber nicht bekommen sollte. Wie hatten die Berge in Island dagestanden, wie hatten die Vulkane sich mit Donnern und Lava-Ausbrüchen gebärdet, man hatte sie aufgerissen. So hatte man sie behandelt wie die stolzen Flieger, die man segeln ließ, aber die Luft riß man unter ihnen weg – was nutzte das große starke Flugzeug; und wie die Schiffe, die mit einmal nicht mehr fahren konnten, weil kein Meer da war. Das waren Erlebnisse für Schiffe und Flieger.
    In die unterirdischen Arbeitsräume ließ Delvil Schleier der Turmaline bringen. Die Physiker, obwohl den herrschenden Familien angehörig, ließ er unter Todesdrohung an die gefahrvolle Arbeit treiben; alle Gewalt war bei ihm. Den Männern und Frauen blieb nichts übrig, nachdem sie dem Schicksal oberirdischer Vernichtung durch die Urtiere entgangen waren, sich den Netzen zu nähern, den eigentlichen Gebärerinnen des Unglücks. Delvil, in wenigen Wochen ganz ergraut, mit magerem Gesicht, forderte sie täglich vor sich. Sie berichteten. Von seinem Haß auf die Urtiere war in allen; aber sie grollten ihm auch. Sie wußten nicht, wie er sie täglich rufen ließ, daß er sie beobachtete prüfte, ob sie nicht schon etwas gefunden hätten, womit sie sich zum Herrn über ihn aufwerfen könnten. Er sprach nur von seiner Wut auf die Tiere, von der Notwendigkeit, die Städte die Einrichtungen die Menschen zu schützen. Kein Wort sagte er davon, daß er auf Rache und Vernichtung aus war. Vermöchte er zu tun, wie der Skandinavier Kylin an den Bergen getan hatte: sie erschüttern, anschwellen machen, bis sie platzten. So Grönland von der Wurzel bis zur Spitze, kreuz und quer aufreißen. Einmal hatte ein persischer König das Meer peitschen lassen, weil es seine Brücke zerbrach: wie gut er den König verstand.
    In Pausen, die sonderbar und unverständlich waren, kamen die Bestien von Norden. Das Meer verseuchten ihre Leichen. Unter der Erde arbeitete in London Delvil mit seinen Gehilfen. Sie brauchten Tiere und Menschen zu ihren Versuchen. Delvil war glücklich, als man so weit war, ohne Schaden die Schleier zu zerkleinern, und sie in kleinen Ausschnitten Kreisen Blättern auf Lebewesen tat. Er brüllte:

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