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Berge Meere und Giganten (German Edition)

Berge Meere und Giganten (German Edition)

Titel: Berge Meere und Giganten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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Atkinson war Eunuch aus Weiberhaß, auch aus Menschenhaß geworden. Die Herren und Herrinnnen von Tel el Habs mochten sich, nach dem Anblick der Turmmenschen, selbst nicht mehr in ihren menschlichen Organen sehen. Was sie an den Sklaven ihrer Gefängnisse erprobten, das taten sie auch für sich. Tribord, vom Berge Glasmaol zurückkehrend, legte seinen alten Namen ab, nannte sich Mentusi. Er aß nicht mehr selbst. Wie ein Wagen stillsteht und nicht vorwärts kommt ohne das Pferd das ihn zieht, so machte er sich zum Wagen. Tiere und Pflanzen spannte er an sich. Mentusi sagte zu der Männin Kuraggara, die früher Frau Macfarlane gewesen war: »Meki und die Generation, die mit ihm lebte, hat recht daran getan, die Äcker Wälder Tiere preiszugeben. Was wir durch uns schaffen können, schaffen wir. Sie haben die großen Fabriken gebaut, die Anlagen. Wir schleppen uns seit Jahrhunderten mit diesen Anlagen herum. Sie erfordern Raum Bewachung. Was hängen wir nicht für Stolz an diese Anlagen. Sie sind jetzt überflüssig. Wir müssen den Angriffspunkt verlegen. Ich bin wieder für Äcker und Viehherden. Mag ein Hund für mich fressen, soviel er will, wenn er nur mein Hund bleibt. Hast du die Steine und die Eichen und Viehherden gesehen, die man den Türmen untergeworfen hat. Die haben für die Türme fressen müssen. Ein Hund will ich selbst sein, wenn ich noch lange in mich stopfe, was die Fabriken brauen.«
    An ihm, der auf Tel el-Habs saß, hingen Polypen. Seine Bauchwand war durchbohrt. In die wüstliegenden Wälder hatte er seine Gehilfen geschickt; die brachten ihm Füchse Ottern afrikanische Zebras Schildkröten. Die uralte Schwierigkeit der Vermählung zweier Tierklassen war überwunden; Mentusi erkannte es beim Beobachten der Turmbauten. Die Netze mischten alle Arten zusammen. Wie er über Meki höhnte, höhnte er über Marduk, der Bäume auftreiben konnte: »Kuraggara, das waren Yogis und Fakire. Spaßmacher! Wir wollen sie gelten lassen. Bis zur Grönlandfahrt waren wir nichts. Der Mann, der das Feuer und die Strahlen aus den Vulkanen riß, ist mein Mann.« Kuraggara hielt sich den Leib vor Lachen: »Ich will versuchen, eine Schildkröte zu gebären.« »Warum nicht. Wer soll dich daran hindern.« Sie trieben grausige unheimliche Dinge auf Tel el-Habs, dem Hügel des Gefängnisses.
    Die Giganten, die Herren der westlichen Stadtschaften, hatten die Urtiere über sich gehen und sich nicht zerschmettern lassen. An dem Zauberschleier von Grönland hatten sie sich nicht ergötzt, wie die ersten Seefahrer und die Menschen der zweiten Erkundung, die in dem Rosenlicht aus den Schiffen stiegen, sich in Boote setzten und nackt – Wonne über Wonne – auf dem Wasser schaukelten. Die Herren und Herrinnen der Riesenstadtschaften waren kalt und gehässig hinter der Gewalt her. Wie Räuber sich in einem fürstlichen Park verbergen und hinter dem Gitter die geschmückten Schönheiten auf der Wiese sich bewegen sehen, unter leichten hellen Tüchern mit losen Haaren, die biegsamen Spielerinnen, und wie sie sie abschätzen, ihren Augenblick abwarten und sich auf sie stürzen, um sie zu fesseln und davonzutragen, so belauerten die unzähmbaren Menschen von Tel el Habs das Geheimnis der Vulkane, ergriffen es, zwangen es unter sich.
    Auf dem Hügel des Gefängnisses arbeiteten die von Tel el Habs zusammen mit den Menschen der Basaltstadt, die wie ein zerfallener Bergkegel aussah. Hier bemühte man sich um die Wesen, die man Steine nannte. Roten Rubin, violetten Apatit, Blöcke glasigen Gipses nahmen sie: Die Strahlen Kylins, mit denen die isländischen Vulkane gesprengt waren, stellten sie auf sie ein. Die rubintreibenden rubinformenden Kräfte richteten sie nicht auf den Rubin, sondern auf den verwandten Korund. Sonst hielt der still unter der Wirkung dieser Kraft, die für ihn keine Kraft war; jedes Ding bewegte sich unter seinem eigenen besonderen Drang. Die Basaltmenschen aber hatten die Vulkangluten selbst in den Händen. Das schwere Geschütz dieser Gewalt richteten sie auf die Stoffe. Wie ein Brei, ein Kuchenteig, in den man Hefe wirft, quoll die Steinmasse auf. Die Basaltmenschen legten um die Schleierteile Röhren aus Gläsern; durch Gase ließen sie die Urkraft laufen und sich abdämpfen. Da bewegte sich allmählich in langen langen Stunden der Rubin, wie ein Leintuch an der Sonne bleicht. Und immer brannte zugleich der Kylinstrahl auf ihn, noch ohne Einfluß auf die Masse, die nur gärte. Es gab einen Punkt, den die

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