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Berge Meere und Giganten (German Edition)

Berge Meere und Giganten (German Edition)

Titel: Berge Meere und Giganten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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lachend, »wo ich mit ihnen etwas mache. Weißt du was.« »Ich denke mir schon.« »Ja, ich mache sie zu Hammeln, allesamt. Wir schicken sie auf eine Wiese, putte putte putt. Wir machen immer hinter einem Baum putt putt. Dann kommen sie an, wir stecken sie in einen Sack und fragen: ›Wollt ihr, wollt ihr gerne Hammel essen?‹ ›Ja‹ antworten sie, ›Hammelchen sehr gern.‹ ›Schön‹, sage ich, ›soll geschehen.‹ Mache den Sack zu. Putte putte putt. Ein Licht da, ein Dampf da. ›Ist euch gut?‹ ›Jawohl.‹ ›Habt ihr Angst.‹ ›Ein bißchen.‹ ›Müßt gar keine Angst haben, Hühnchen. Gebe euch gleich Hammelchen zu essen. Sie kommen schon aus dem Stall.‹ Hätte bald gesagt: aus dem Sack. Ein Licht mehr, knack, zwei Dämpfer. Immer Geduld. ›Wie ist euch denn, Hühnchen?‹ ›Öh, öh.‹ ›Ja wie redet ihr denn. Ihr eßt wohl schon Hammel.‹ ›Öh, öh!‹ Lach nicht, Kuraggara. Mach ich’s nicht richtig?« »Richtig, Mentusi! Öh, öh!« »Meine Hühnchen. Bald mach ich den Stall auf. Ich will euch überraschen. Bald habt ihr die Hammel. Aber was zappelt ihr im Sack! Was strampelt ihr. ›Öh, öh.‹ Was ist das. Ich habe mich vergriffen, Kuraggara. Die Hammel sind schon im Sack! Wie ist es möglich! Wie ist es möglich.« »Ich ersticke vor Lachen, Mentusi, wenn du nicht aufhörst.« »Da! Nein, Kuraggara! Hammel! Leibhaftige beinhaftige schwanzhaftige Hammel! Fellhaftige Hammelchen. Vier Stück, soviel ich Menschen hineintat. Und wo sind meine Menschen. Meine Menschen sind weg. Die Hammel müssen sie aufgefressen haben. Ich habe wohl irrtümlich Hammel mit hineingetan, die haben die Menschen aufgefressen. Ach war ich zerstreut. Menschenfressende Hammel. Was soll ich nun tun.« »Nicht spotten, Mentusi. Wären wir so weit.«
    Tief war die Verachtung der Giganten auf die Menschen ihrer Stadtschaften. Die Maschinen Fabriken Anlagen ließen sie arbeiten, nur um sich mächtig zu fühlen. Sie brauchten die Menschenmassen, um sich an ihnen auszulassen. Es war noch der gemäßigste Gedanke, der auf Tel el Habs geäußert wurde, der Gedanke, den einmal Ten Keir in London aussprach. Ohne Ausdruck war das viereckige rote Gesicht des kleinen Belgiers; sein Entsetzen beim Betrachten der Arbeiten in den Versuchsstädten schlang er herunter. Daß er gebrochen und geweint hatte beim Überfliegen des Kanals, als er einen stummen Turmmenschen auf einem Floß sah, verriet seine Begleitung nicht. Schrankenlos sprachen sich die grauenhaft entstellten hochmütigen Wesen, Männer und Männinnen der Versuchs städte, zu ihm aus. Sagten, die Zeit des wirklichen Menschentums nähere sich erst; sie ahnten sie selbst nur. Entsetzt sah er die schlangenartigen Arme der Polypen sich an ihnen bewegen; dies wäre der Beginn des wirklichen Menschentums. Von den Menschenwesen unter sich, Städtern Siedlern, sprachen sie nicht, oder mit dem Gefühl der Wollust und mit Gelächter. Ten Keir sah, was diese Giganten konnten. Sie würden eines Tages die Menschenmassen verklumpen, wie die Drachenscharen es getan hatten. Er sprach aus: man müsse sich hüten, daß nicht einer von ihnen Mißbrauch mit seinen Mitteln triebe zum Schaden der andern. Es sei gut, einen Blick auf die Menschen zu werfen; die schäumten und tobten zum Teil, zum andern Teil wüßten sie sich keinen Rat. Man müsse da eingreifen. Ein Versuch müsse gemacht werden, wie es die alte Wind und Wasserlehre wollte: die wirren verzagenden Geschöpfe wie Tiere und Pflanzen zu vereinfachen. Vielleicht unter Verminderung ihrer Zahl. Man müsse sehen, zu menschlichen Dauer formen zu kommen. Zu unkomplizierten Lebewesen, die sich erhielten zeugten stürben, ihre äußere Lebensweise jahrhundertelang jahrtausendelang gleichmäßig forttrieben. Die Last des Einzeldaseins, die schreckliche Einzelbeseeltheit müsse ihnen abgenommen werden.
    Die Giganten von Tel el Habs lachten darauf. Er solle sehen, was er schaffe. Vielleicht machten sie zwischendurch auch das; es sei nicht sehr reizvoll. Ten Keir suchte in einer schweren ihn erwürgenden Trauer und Bangigkeit zu Delvil durchzudringen. An den kam niemand heran. Grausige Gerüchte gingen von ihm, über Dinge, die er trieb. Tagelang lief Ten Keir mit seiner Begleitung durch Keller Straßen dieses erdversenkten blitzenden London. Auf Stunden ließ er sich ein Zimmer in einem Haus freimachen. Da saß er im Finstern, weinte. Und kam nicht weg von London. Er lief mit seinen Männern weiter herum. Sie mahnten ihn, er würde

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