Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Berge Meere und Giganten (German Edition)

Berge Meere und Giganten (German Edition)

Titel: Berge Meere und Giganten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
Vom Netzwerk:
der Provence bewohnten sie, hielten sich an den Ufern der starken Flüsse.
    Noch bevor der Kampf um Grönland beendet war, verließen kleine Scharen der britischen Siedler die Inseln, auf denen man sie ausrotten konnte. Im Norden und um sie herum stiegen die Städte in die Tiefe, da berührten Gruppen der wandernden Schlangen das untere platanenbewachsene Flußtal der Garonne und das fette Weideland. White Baker stieß mit ihren Scharen in das Land, das einmal Melise, die grausame Königin von Bordeaux, beherrscht hatte. In das Becken zwischen den Pyrenäen, dem östlichen Gebirgsmassiv und dem Ozean flossen sie ein. Bewegten sich in den warmen Auen der Charente, unter grünenden Edelkastanien, dunklen Ulmen, den Laubkronen der Nußbäume, auf Wiesen und Rebenrükken. In den Forsten, besonnten Gauen, endlosen verwilderten Getreideflächen verloren sie sich unter die alten halbspanischen und afrikanischen Siedler.
    Von den Stadtschaften losgelassen blühten sie im Tal der Charente, um das breite Bett der Garonne. Die Schlangen hatten von der britischen Insel ihre dunklen Lehren von der Wanderung in der Liebesumarmung und Entrückung mitgebracht. Um Perigueux und Bergerac bis zur Mündung der Gironde, wo die schwelgenden Römer Wälle gebaut hatten, bewegten sie sich, zwischen Sanftmut und Überschwang schwankend, Männer und Frauen. Die Finsternisse Nebel kalten Winde Fröste der britischen Insel waren nicht hier. Die Gewalten der Stadtschaften waren verschwunden. Hier war nur der Mistral furchtbar, die schmetternden Gewitter des Frühlings und Sommers, und die Springflut, die vom Ozean in die Mündung der großen Gironde lief und über die Äcker hinschlug. Schlafende Wildnis, Gartenfluren, goldener Ginster, zertrümmerte Straßenzüge. Ab und zu ein Blitz, vor dem sie sich duckten; die Flugzeuge und Wagen der in die Tiefe gesunkenen Stadtschaften, von der Erde rafften sie Sand und Steinmassen, von den weichen Felsen klöppelten sie Stücke ab, fuhren sie in den Boden für die Mekifabriken. Die am Meer sahen auch die großen Luftfrachter, die regelmäßig täglich die Salze Säuren Stein lasten von Norden hertrugen. Von keinem gehindert siedelten sich die Fremden auf dem reichen Boden an. In Gehöften siedelten sie, auf den gras und rebenbestandenen Fruchtäckern, den alten Sümpfen und Schwemmland, auf pflanzenbewucherten Bodenanschwellungen, unter dem hochstämmigen Kirschlorbeer, neben wilden dichtzweigigen Akazien, die ihre Blattbüschel über kleine Bäche ausluden.
    Und wie die Menschen über den weichen dunstenden Boden gingen, der Wein und die Bodenwürze in sie stiegen, war ihr Drang zueinander nach der langen Entfremdung tief. Es gingen nach den Schlangen mit White Baker Gruppen nach Gruppen flüchtiger Siedler, britischer flandrischer fränkischer jütischer über den Boden, und wurden wie sie ergriffen. Dieses grenzenlos Heutige Frische Sicherneuernde. Jeder Lufthauch erregend sich zu entäußern, umzustülpen.

    SERVADAK SASS allein unter einem sattgrünen Kirschlorbeer, der junge noch gelbblasse Mensch, und lockte Light for-me, Mein Licht, die Frau, die am Dordogneufer neben ihm siedelte. Ach sie sollte zu ihm kommen. Sie war schon oft mit ihm in das Dickicht gegangen, wo eine heilige Hütte stand, hatte mit ihm die süße Wanderung angetreten. Er lockte immer von neuem, die braune Light for-me ließ es sich gefallen. Er saß bewegungslos unter dem knorrigen astverschlingenden Kirschlorbeer. Sie lachte zwischen den Erbsenstauden: »Servadak, du sitzt an dem Baum, als wärst du seine Wurzel. Sieh einmal über dich: er wächst schon so grün aus dir.« »Light for-me, du hast schon genug gearbeitet.« »Sieh meine Arme, Sevadak, wie dick sie sind. Jeden Tag werden sie dicker. Sie werden noch platzen. Ich freue mich.« »Für wen tust du so viel.« »Und wenn ich Kinder bekomme, Servadak, wer wird ihnen zu essen geben.« »Ich werde sie füttern. Und die andern auch.« »Ich hab Arme, Servadak, und es sind meine Kinder. Ich sitz’ nicht unter dem Baum. Sieh meine Erbsen an.« »Komm zu mir, Light for-me.« »So sagen auch die Erbsen: komm zu mir. Und meine Hähnchen. Und die Trüffeln.« »Komm zu mir, Light for-me. Mein Augenlicht. Meine Weide. Ich sitze nur hier, doch nur für dich, sehe deinen Acker an, bin froh, daß du darüber gehst. Sieh meine Erbsen. Taugen die nichts?« Sie lachte: »Schlecht sind sie. Rotes Unkraut ist dazwischen. Ich helfe dir nicht, wenn es Schoten gibt.« »Komm näher.«

Weitere Kostenlose Bücher