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Berge Meere und Giganten (German Edition)

Berge Meere und Giganten (German Edition)

Titel: Berge Meere und Giganten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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er sich verändere. Aber von jeder Wanderung kam er wilder sehnsüchtiger zu ihr. Ihr Acker lag dicht bei Servadaks. Seine Blicke lagen halbe Tage auf den Baumstämmen dem Boden den Schoten Artischockenkraut Gewürzblumen ihres Ackers. Immer wartete sie, ob er die Kräuter Obstbäume ansehe, ob er sich über ihre Hühner freue. Er freute sich, aber sein Lächeln zeigte, er freute sich über sie. Dicht bei ihren Feldern lag ein ruhiger See. Sie schwamm wonnig in dem lauen flachen Wasser, Servadak jauchzte neben ihr; sie ließ sich im Wasser von ihm küssen umschlingen, sah sein glutverzehrtes Gesicht. Sie lief in ihre Hütte, warf sich: »Oh was was was was soll ich tun! Was soll ich tun! Ist er nicht krank. Ich möchte ihm gut sein, er ist schrecklich. Er leidet. Er verschlingt mich. Was soll ich tun.«
    Zur Diuwa, der milden glanzäugigen ließ sie sich führen. Die lachte: »Weißt du, Majelle. Ich will dir sagen: du wohnst weit von uns allen entfernt mit deinem Servadak. Würdest du näher wohnen und öfter zu uns kommen, wüßtest du schon: das kommt tausendfach vor. Es ist bei Männern und Frauen nicht sonderbar. Sie sind so froh alle, einer den andern zu haben. Nach so langem Entbehren. Und nun überfroh.« »Ich bejammere ihn ja, Diuwa. Er arbeitet. Was er muß, arbeitet er. Aber nichts betrachtet er. Er ißt, ohne zu schmecken. Ich habe es gesehen, als er bei mir saß: es hat ihm nichts ausgemacht, ob ich ihm Gurke oder Senf oder gebackene Trüffeln gab. Er schluckt lacht und ist froh.« »Weil du da bist.« Majelle weinte: »Ja weil ich da bin. Aber ist er nicht wahnsinnig.« »Du Kind. So sind viele.« Majelle weinte: »Hilf mir doch, Diuwa. Er ist gut, Servadak. Er hat grausig in London gelitten. Er kannte nichts als Maschinen und das Spiel und Lungern. Er hat es mir erzählt. Und dann ist er zu uns gekommen. Wie schön konnte es bei uns werden. Und es wird nicht.« Diuwa hielt die junge Majelle auf dem Schoß, sann: »Eins will ich dir sagen. Als du von London kamst: dies mußt du nicht glauben, daß du allen Schmerz zurückgelassen hast. Majelle. Der Schmerz das Unglück ist nicht nur in London. Das kommt überall mit, wo man den Fuß hinsetzt. Sogar hierher, wo alles weich wie ein Garten Eden ist, hier an der Garonne.« »Ich fürchte mich vor dem Schmerz nicht.« »Du könntest Servadak rasch töten, Majelle, wenn du mit ihm in der Hütte bist auf einer Wanderung. Willst du das. Ja. Das haben schon manch andere getan, Mädchen und Männer. Es ist keine Qual. Es ist kaum ein Schritt, du weißt es selbst, zwischen einer Wanderung mit dem Geliebten und dem Hinsterben. Es ist er nicht, dein Freund, dieser Servadak, das stirbt. Wenn er entrückt ist, an deinem Leib sich zurückbiegt, sich fallen läßt, sich verströmt, hat er nicht mehr die Seele Servadaks. Du ersparst ihm nur die Rückkehr. Laß ihn drüben. Jetzt bist du still.« Lange war Majelle still, auf dem Schoß der Führerin, an ihre Brust verkrochen. Hauchte: »Das kann ich nicht.« »Ich weiß schon. Weil du dann selbst mit ihm wanderst.« Geduckt saß Majelle. »Gut, Kind. Wir wollen etwas anderes denken.« Majelle an ihrer Brust atmete: »Er ist so zart. Mein Nachtfalter; kann ihm nichts tun.« »Wir denken etwas anderes.« Majelle umhalste die Frau: »Du bist mir böse, Diuwa.« »Nicht spielen, lieber Schmetterling. Willst du mir deinen Nachtfalter überlassen?« »Dir?« »Vielleicht zähme ich ihn. Vielleicht ist er eine Schlange, eine richtige mit Giftzähnen, und ich muß ihm den Ring vom Fuß nehmen.« »Soll ich’s tun? Tu ihm nichts. Du hilfst.«
    »Servadak, Diuwa läßt dich bitten.« »Ich gehe nie mehr zu den andern, Majelle, mein Licht. Nie mehr. Willst du mich wegschicken.« »Sie will dich sehen.« »Ach, ich darf jetzt zu dir kommen. So lange habe ich an meinem Lorbeerbaum gesessen. Nun bin ich bei dir. Ich weiß, du hast mich verklagt. Majelle, du bist zur Diuwa gegangen und hast um Hilfe gegen mich gebeten. Es tut mir nicht weh. Du hast mich ja vor mir selbst so oft angeklagt. Aber ich kann doch nicht von dir lassen. Ich muß dir ein Geständnis machen, meine Hand, mein Hals, mein Kräuselhaar, mein Planet, meine Sonne, meine Erde, meine Nacht, mein Tag. Ich kann dir nur den zehnten Teil sagen von dem, was ich zu dir fühle. Ich wagte es ja auch nicht mehr. Aber ich kann es nicht zurückhalten.« »Drück mich nicht so, Servadak, süßer Servadak.« »Jetzt schämst du dich, weil du bei der Diuwa meinetwegen warst.« »Was

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