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Berge Meere und Giganten (German Edition)

Berge Meere und Giganten (German Edition)

Titel: Berge Meere und Giganten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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»Gewaltiges. Gewalt. Ach ich reiche nicht aus. Geschehe was will.« Und da zogen welche ihre Jacken aus, mit fliegenden Fingern, betasteten sie, der Atem flog ihnen, sie ließen die Jacken in das Feuer fallen, hielten sich die Ohren zu, wie es knisterte und sprühte, schluchzten hilflos, bitter heraus: »Wo ist eine Rettung.« Und immer riefen Kylin und Idatto, am Lichtschein hängend, unerbittlich: »Feuer. Grönland.« Schmeichelnd, unter einem Zwang, nahmen manche sich die Tücher ab, Bänder, was sie lose an sich trugen, drückten sie sich schmeichelnd an das zärtlich entspannte Gesicht, warfen es in sanftem Bogen ab in die stolze aufprasselnde Flamme. Sie standen in der Umschlingung der Finsternis, vom Feuerschein überspielt, das Gesicht zogen sie nach rückwärts, dann tauchten sie es wieder ein in das weiß rote Licht.
    Idatto hatte sich mit einem schmelzenden Lächeln von Kylin abgelöst. Sachte bog er seine Knie, machte Schritte um das Feuer. Schlich um den Brand. In weitem Bogen schlich er um den Brand. Die Arme hielt er gehoben, sein Mund zum Frohlocken geöffnet, aber er sprach kein Wort. Der junge Schmächtige blickte nicht in das Feuer, nur gerade vor sich in die lichtdurchzuckte Luft, auf den nadelbestreuten Waldboden. Verneigte sich alle paar Schritt. Umkreiste das Feuer. Und die, neben denen er lief, standen auf. Seine Stimme kam: »Auf! Steht auf. Das Feuer gepriesen. Grönland gepriesen. Die Vulkane gepriesen.« Und die gekrümmten Rücken, geduckten Schultern folgten. Seufzten noch, schauderten schluchzten in ihrer Angst, aber er kreiste weiter. Kylin kauerte am Boden. Wie sie stöhnend und flüsternd vorbeizogen, verlor er die Besinnung, lag rückwärts gestreckt im Dunkel.
    Idatto löste sich vom Feuer, lief rufend in den Wald. Vom Flußtal der Aire stiegen einzeln, in Scharen Menschen her. Erschreckt beängstigt mischten sie sich unter die Herumziehenden. Drängten fragten. Sie wußten, man mußte sich trennen. Von Grönland ging das Gerede. Das Feuer wehte streng; man schob sich an den Brand, warf beschwörend bittend Tücher und Gürtel hinein, kaufte sich los. Wie viele knieten; die Angst bezwungen.
    Man hob Kylin auf. Er stierte in das Gewimmel, horchte auf das Raunen Rufen Aufschreien. Idatto führte ihn. Kylin lächelte fremd: »Habt ihr Furcht vor mir? Ich bin der, der auf Island den Herdubreid und Krabla gesprengt hat. Ihr habt keine Furcht vor mir. Ihr seht ja, was wir hingebaut haben: das Feuer. Das große große Feuer. Keine Furcht. Weicht ihm nicht aus. Auch den Vulkanen und Grönland nicht. Sie sind sonst ein Gefängnisvogt, der auf euch wartet, euch in Ketten werfen will. Keine Furcht. Ihr müßt das Feuer ansehen, bis ihr es aushaltet. Seht das große Feuer. Seht es an.« »Näher, näher. Es zerreißt nicht. Ach wie es blüht. Grüßt es. Grüßt es. Grüßt Island. Unsere Heimat. Verneigt euch. Grüßt.« Viele stürzten hin. Die Rufe brausten durch den Wald.
    Kylin trat langsam an den Brand, während die Flammen unter neuem Holz brodelten. Die Führer um ihn wurden still, schwärmerisch verzückt ehrfürchtig an dem Feuer hängend. Kylin ließ sein hartes Gesicht bescheinen: »Da brennt es. Wärmt. Brennendes Flammenfeuer. Es hat die Vulkane auf Island zerrissen. Die Gletscher gesprengt. Das ist wie Wasser, das die Schiffe zerschlägt und die Schiffe trägt. Wohl uns, daß wir nicht auf den Shetlands verdorrt sind. Die Angst hat uns verlassen. Ich verneige mich schon. Du brennst, wenn wir nahe kommen. Laß dich besänftigen. Sei uns gnädig. Sei uns allen gnädig.« Idatto hielt Kylin umfaßt. »Nun frage ich dich, Idatto, ob du verhungern und sterben oder leben willst. Haben wir ein Recht zu sterben. Ein lebendiges Wesen die Welt: das ist ungeheuer zu denken. Ist es möglich zu sterben, nachdem wir dies wissen. Hör wie sie rufen. Sie verstehen alles wie wir. Dies verstehen alle Menschen. Es ist keine Zaubersprache, die wir verstecken können. Idatto, du junger. Wir werden uns bald trennen. Jeder wird einzeln gehen. Ich muß leben, du auch, die andern. Das Feuer preisen. Und was wir gesehen haben. Jetzt kommt das Leben.«
    Damatile, die starke schwarzhaarige Frau vor ihnen, streckte wagerecht selig die Arme hin, lächelte durch die Spalten der geschlossenen Augen. Wie von einem Vogel lockte gluckerte ihre Stimme: »Wie kamen wir auf den Einfall, zusammen zu bleiben, um uns totschlagen zu lassen. Wie ein Bad ist dies, eine Wonne, in der ich liege. Eben ist uns das Bad

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