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Berge Meere und Giganten (German Edition)

Berge Meere und Giganten (German Edition)

Titel: Berge Meere und Giganten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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Bisweilen abends wurde einer geholt, ein Mann und eine Frau. Zwei drei der Grünen standen in der stillen Schlafkammer vor dem aufgerichteten Wesen, das seine bunten Kleider an den Boden geworfen hatte, fragten das Weib den Mann, ob es bereit sei eins seiner Glieder zu opfern. Das zuckte zusammen schrie, war im Moment narkotisch betäubt. Oder es senkte langsam, Blick um Blick mit den ernsten Grünen tauschend, den Kopf, sann und fragte zitternd. Es gab viele, die nicht schrien, sondern sannen und fragten. Sie erhielten jede Aufklärung. »Warum nicht, warum nicht?« knirschte es zwischen den Zähnen »wenn es euch nur gelingt.« Und sie gingen zwischen den Grünen in einer Auflockerung ihres Inneren, ganz schwebend und abwesend, weggetrieben durch die Korridore. »An mir soll’s nicht liegen. Zeigt, was ihr könnt.« Und triumphierend überflogen sie, als hätten sie es selbst hergerichtet, die blendend erleuchteten weißgekachelten Beobachtungshallen mit ihren Blicken, die Tische, auf denen Apparate standen, die eigentümlichen Glaskästen, Särgen ähnlich, in denen Menschen und leinenbedeckte Gliedmaßen lagen, die sich bewegten, sonderbar die Finger spreizten, griffen. Freudig nahmen sie den Anblick auf. Es surrte rauschte um sie. Eigentümliche Hitze wehte überall, kam aus den Spalten der Glaskästen, in denen Menschen, von Röhren Drähten umgeben, von Flüssigkeiten umrieselt lagen, geschlossenen Auges, hell beleuchtet, deutlich die Brust hoben und senkten. Sie hatten selbst bald, glückgeschwellt wie sie waren, die entrückende Maske vor dem Gesicht.
    Um sie, in gläsernen Schränken, in Kästen Wasserbetten, bei wechselnder Temperatur von Erdkälte bis zu hoher Wärme lagen auf Watte, schwammen in Behältern umhüllt und bloß, weiße und rote Organe und Organteile. Aus Standgefäßen floß ihnen in dünnen Röhren die ernährende Durchblutungsflüssigkeit zu. Sie rieselte auch in die Leiber die Muskeln der bewußtlosen schlafenden geöffneten Menschen, der Männer und Frauen aus Uganda aus Kapstadt London, wie sie herangetrieben waren. An alle, lebende Organismen, lebende Organe, durchpulste Organteile waren die beobachtenden Apparate herangeschoben. Die Grünen gingen hin und her, entnahmen Zellen, trugen sie in Schalen an andere Kästen. Die ungeheuer hohen Glaszylinder, in denen sich weiße rotgeäderte Därme an ihrem Gekröse langsam wurmartig bewegten, getrennt oder verbunden mit dem Organismus. Substanzen goß stäubte strich man auf sie, beobachtete die Verwandlung, die sie auf der triefenden Schleimhaut, an der dünnen Darmwand erfuhren. Die Schädel waren manchen der Menschen geöffnet, die behaarte Kapsel lag neben ihnen. In ein flüssiges warmes Bett war nach rückwärts das vorquellende pulsierende Gehirn gelagert. Dick zogen sich die blauen strotzenden Venen über die weißliche gefurchte Masse; sie war auseinander gezogen, Drähte und Röhrchen führten in ihr Inneres. Drähte und Röhrchen führten auch zu den Därmen, in das Blut, in die Leber. Mit blitzenden Metallapparaten, schickenden registrierenden, war alles verbunden. Auf Gummisohlen gingen Männer und Frauen mit schützenden Gesichtsmasken durch die Räume, in denen kein Laut gehört wurde außer dem gelegentlichen gesangartigen Stöhnen, das aus den Glassärgen kam.
    Schwere Eisenwände, verschiebbar, trennten die gekachelten Räume von stark gemauerten, in denen auf Beeten Erdaufschüttungen Pflanzen, niedrige und hohe Bäume wuchsen. Auch sie waren umgeben von einem Wirrsal von Drähten und Röhren. Sie waren gespalten, angebohrt; in die Kronen Stämme Wurzeln führten Leitungen. Kühl waren einzelne hohe Säle durchweht; in anderen brütete die Luft; rote grüne phosphoreszierende Lichter lagen auf den Pflanzen.
    In kleinen und unscheinbaren fabrikartig finsteren Seitenräumen und Kellern, in Bottichen, hitzeschwebenden Kesseln und Schränken geschah die Hauptarbeit dieser Anlage: die Nachahmung Nachbildung der beobachteten Vorgänge, erst mit reichem lebendigem Hilfsmaterial aus Tieren und Pflanzen der Nachbarräume, dann mit immer weniger. Die Hilfssäfte und Zellen wurden aufs äußerste eingeschränkt; es ging so weit, daß Meki sagte, er brauche zur Erzeugung einer Fettsorte, einer Eiweißgruppe nicht mehr lebende Substanz als der frühere Bierbrauer Hefe zu seinem Getränk. In der Tat vermochte auch Meki nie ganz organisches Material auszuschalten. Und die Arbeit, die den ersten Schritt des Unternehmens in die Praxis

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