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Berge Meere und Giganten (German Edition)

Berge Meere und Giganten (German Edition)

Titel: Berge Meere und Giganten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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niemanden gesprochen. Jonathan näherte sich Marduk, der seine aschgraue Maske zur Seite drehte. Keinen Blick konnte er von ihm erhaschen. »Halt sie in Schach« ächzte Jonathan. Unten wälzte sich die blonde üppige Balladeuse, durch die erst Stürme von Zittern gelaufen waren, in Krämpfen, in denen sie ganz rasch sprach, mit mehreren Unsichtbaren gegen den Boden hin eine heftige Unterhaltung führte, wieder sich lang ausdehnte. Sie lag mit ausstoßenden Beinen seitwärts allein auf dem Parkett, während die Knäuel die Türen verstopften.
    Marduk drohte am Tisch: »Was ist, Blue Sittard. – Was ist mit den Toten?« Der winselte: »Er kann –; er kann –« Und jetzt hatte er es; er schwang die Arme, heulte: »Er kann es. Er wird sie lebendig machen. Die Toten.«
    Und schallend lachte Marduk, der aufgestanden war: »Ich werde es euch zeigen. Ich kann sie lebendig machen.«
    Sie fluteten in Panik hinaus. Der Graus des Uralischen Krieges.
    Marduk saß hin, mahlte mit den Zähnen, knipste die Finger der linken herabhängenden Hand am Daumen. La Balladeuse lag auf den Ellbogen über dem Parkett, drohte: »Das soll nur sein. Wenn sie es wagt, ist es ihre Sache. Aber an mir hat sie keine Hilfe, das soll sie wissen. Zum hundertsten Male, zum tausendsten Male. Ich habe es ihr gesagt, kurz und bündig. Ravaillac hat damit nichts zu tun. Was kommt ihr mit dem. Das ist ein übles Manöver. Geh weg, Ravaillac. Deine Schuhe? Habe ich nicht.« Sie setzte sich auf, betrachtete ihre blauen Strümpfe, stand taumelnd, blickte vorwärts und rückwärts. Das Haar hing ihr um den Kopf. Ging wie eine Blinde im Zickzack, in den Saal hinein, bog ganz weit nach rückwärts den Kopf, steuerte auf das Podium mit den beiden Männern, oft tief Luft schöpfend, beide Hände auf die Brust gelegt.
    Marduk zog sich zusammen, schwoll auf. Er blickte mit scheinbar lächelndem Ausdruck auf Jonathan, der eine Stufe unter ihm stand. »Bist du hier?« er knipste unter dem Tisch weiter, »ich glaube, ich habe eine Schwachheit getan. Als ich hier hineinging. Die Erbschaft Markes antrat. Was geht mich Marke an. Ich hätte bei meinen Arbeiten bleiben sollen. Die Flammenbergwerke waren nichts.«
    La Balladeuse torkelte in die Mitte des Saals, horchte dahin und dahin; schien nicht zu wissen, von wo das Gespräch kam; ab und zu zeigte sie mit der Hand nach einer Richtung, in der sie weiterspazierte.
    »Sie sind wie Hasen davongelaufen. Haha, bin ich ein Dummkopf und sitze hier. Ich werde Tote lebendig machen. Und alle Lebenden tot. Haha. Komm einmal. Ich will die im Hof ansehen.«
    Der andere blieb neben ihm stehen. Marduk ging an ihnen vorbei. Er polterte finster strahlend, prustend die Stufen herunter ohne Jonathan zu beachten: »Wir haben große Macht; er hat es von mir geglaubt, Blue Sittard, der Dicke. Ich will nicht versäumen, ihm zu gehorchen. Soll ihm nicht widersprochen werden.«
    Die Blonde Flüsternde Gestikulierende rumorte auf ihn zu, wie er über das Parkett strich. Sie standen sich gegenüber: »Mein Junge. Ich will dir sagen, wir lassen uns in keine Debatten ein.« Er schüttelte sie von sich. »Keine Debatten, mein Junge. Hirn muß man haben im Kopf. Wenn man Hirn hat, muß man wissen, was die Hühner für Eier legen. Wirst du mir das ausreden?« »Was will das dumme Weib?« Sie stopfte taumelnd die Fäuste in die Weichen: »Das sag ich dir, wer du bist, Ravaillac, der Trompeter oder die Balladeuse selbst, ich werde mit dir fertig. Mich kriegst du nicht unter. Versuchs mal, Herzchen. Hopp. Du kommst an meine Schuhe nicht heran. Die sitzen fest. Frag den Trompeter, was mit seiner Lampe geschehen ist. Schaum, nur Schaum.« Marduk war vorbei. »Schaum«, schrie sie und torkelte hinter ihm, kam nicht von der Stelle. Sie ging in falscher Richtung, fuchtelte mit den Armen: »Greif ihn, das ist Ravaillac. Ich hab noch Waffen, er soll mir nicht entgehen. Marion, das ist ein Schuft.«
    Jonathan löste sich von der Stufe, auf der er stand, lief hinter Marduk, der aus der Türe ging. Marduk drängte auf den Hof, war verzaubert: »Ich habe es nicht von den Menschen. Das hat in mir unter einer Decke gelegen. Die Propheten und Heiligen sprachen davon. Ich werde Wunder geschehen lassen. Es ist zum Schütteln. Nicht sterben lassen. Dann müßte man noch mehr tun: frisches Leben hinzutun, frisches anderes Leben aufgießen. Die Natur kann die Zähne fletschen.«
    Sie standen auf dem Hof. Die lebenden Gefangenen wurden davongetrieben. Rasch ging er auf die

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