Berger, Fabian
aber noch etwas, was ich dir sagen wollte.« Sie versuchte, sich kurz zu fassen. »Ich habe eben die Schwester von Deichmann besucht, und sie hat mir ein Foto von ihm und seiner Freundin gezeigt. Jedenfalls ist der Tote nicht Konrad Deichmann!«
Lorenz blieb stumm.
»Bist du noch dran?« Hannah wartete.
»Natürlich!«
Sogleich fuhr sie fort. »Sie hat mir ein Foto gezeigt. Darauf war eindeutig Karl Senner zu sehen, der andere Proband. Das dachte ich zumindest. Doch sie versicherte mir, dass es sich bei dem Mann um ihren Bruder Konrad Deichmann handelt.«
»Aber wie kann das sein?«, entgegnete Lorenz. »Die Fotos auf den Krankenakten zeigen doch eindeutig ...«
»Die Bilder von Deichmann und Senner sind wahrscheinlich vertauscht worden«, vermutete sie.
»Dann hat uns Nathanael in die Irre geführt. Verdammter Mist!«
»Was diese beiden Probanden angeht, hast du vollkommen recht«, pflichtete sie ihm bei. »Doch in Bezug auf Charlotte Bernstein sind die Akten korrekt.«
»Woher willst du das wissen?«
»Deichmann hat während einer stationären Behandlung in der Psychiatrie eine Frau kennengelernt, die aufgrund einer Persönlichkeitsstörung ebenfalls dort in Behandlung war. Und diese Frau war niemand anderes als Charlotte Bernstein. Sie sind sich wohl näher gekommen. Jedenfalls waren beide bei Professor Braun in Behandlung. Nur, dass die Therapie bei Deichmann positiv anschlug, während Charlotte Bernstein weniger Glück hatte.«
Lorenz unterbrach sie. »Ruf sofort Saarfeld an und gib die neuen Informationen durch!«
»Das habe ich schon gemacht. Es gibt allerdings noch eine unerfreuliche Nachricht: Charlotte Bernstein ist verschwunden.«
Vollmer und Hannah erreichten das Institut und fuhren auf den Parkplatz hinter das Gebäude. Als sie den schwarzen Lieferwagen erkannte, lief ihr ein Schauer über den Rücken. »Oh, Scheiße!«
»Was ist los?« Lorenz klang besorgt.
»Nichts. Ich muss auflegen.« Sie klappte ihr Handy zu und blickte auf den Transporter. »Der Leibwächter ist schon hier!«
Vollmer parkte etwas entfernt hinter einem anderen Fahrzeug und stellte den Motor ab. Die beiden beobachteten den Eingang. »Und was machen wir jetzt?«
Hannah überlegte und traf schließlich eine Entscheidung. »Sie machen gar nichts, sondern bleiben hier!« Mit gezogener Waffe hievte sie sich aus dem Wagen.
»Was haben Sie vor?«
»Ich gehe jetzt da rein!«
Vollmer hielt sie fest. »Halten Sie das wirklich für eine gute Idee? Warten Sie doch bis Ihre Kollegen eingetroffen sind. Sie können ja kaum laufen.«
»Dann könnte es zu spät sein. Sagen Sie denen, dass ich schon im Gebäude bin.« Sie riss sich von ihm los und schlich auf den Eingang zu. Nur zwei Autos standen noch auf dem Parkplatz und aus keinem der Fenster drang Licht. Vorsichtig warf sie einen Blick durch die Glastür ins Innere. Die Gänge waren menschenleer. Sie streckte ihre Hand nach dem Griff aus und rüttelte daran. Verschlossen! Dicht an die Wand gedrückt schlich sie ein paar Meter um das Gebäude herum. Mehrere kleine Fenster befanden sich in Kniehöhe, doch keines stand offen. Es blieb ihr nichts anderes übrig, als gewaltsam einzudringen. Mit einem kräftigen Hieb schlug sie den Knauf ihrer Waffe gegen das Glas. Die Scheibe zersprang mit einem lauten Krachen in tausend Stücke. Sie klopfte die verbliebenen Scherben vom Rahmen und zwängte sich durch die schmale Öffnung. Sie schaffte es mit dem gesunden Bein zuerst auf dem Boden aufzukommen und griff nach dem Krückstock. Dann schritt sie zur einzigen Tür auf der gegenüberliegenden Seite, zog sie lautlos auf und warf einen Blick über den Flur. Niemand da! Schließlich verließ sie den Raum und folgte dem schmalen Korridor. Der Puls schlug ihr bis zum Hals. Sie war sich gar nicht mehr so sicher, das Richtige zu tun. Vielleicht hätte sie doch auf das Einsatzteam warten sollen. Plötzlich hörte sie Stimmen, die lauter wurden je tiefer sie ins Gebäude vordrang. Sie rieb ihre nassen Handflächen an den Hosenbeinen ab und umklammerte ihre Waffe. Sie musste sich nun entscheiden. Weitergehen oder umkehren. Das war doch eigentlich ganz einfach.
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D as grelle Licht der Neonröhren brannte in Brauns Augen. Müde fuhr er sich mit der Hand durchs Gesicht. Imhoff war ihm die ganze Zeit nicht von der Seite gewichen und hatte jede seiner Handlungen genauestens verfolgt.
Unvermittelt wurde die Labortür geöffnet. Der Leibwächter stand im Türrahmen und schob mit gezogener Waffe
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