Berger, Fabian
Vollmer hingegen glaubte trotz allem noch daran, dass er irgendwann die Story seines Lebens schreiben würde. Er musste nur noch etwas Geduld aufbringen. Gedankenverloren starrte er auf die leeren Stühle, die auf dem Podium hinter einem langen Tisch aufgereiht waren. Der Beginn der eiligst anberaumten Pressekonferenz von HARDCOMP - eines deutschen Tochterunternehmens des weltweit größten Computerkonzerns aus den Vereinigten Staaten - hatte sich bereits um eine halbe Stunde verzögert.
Seine Geduld war nahezu erschöpft, da öffnete sich eine Tür seitlich des Podiums. Ein Sicherheitsmitarbeiter mit bulliger Statur trat in den Saal und überflog die Menge mit prüfenden Blicken. Auf sein Zeichen folgten ihm drei weitere Personen, dessen Gesichter Vollmer bekannt waren. Darunter Thomas Imhoff, Geschäftsführer von HARDCOMP Deutschland, der in seinem maßgeschneiderten Anzug eine Selbstsicherheit ausstrahlte, die kaum zu übertreffen war. Ein Blender, wie er im Buche steht, dachte Vollmer, der Imhoffs Laufbahn achtsam verfolgt hatte, seitdem dieser vor knapp einem Jahr das Ruder übernommen hatte. Eine ungewöhnlich große Anzahl von Fehlentscheidungen und zu hoch gesteckte Ziele hatten dem Aktienkurs der Firma eine Talfahrt beschert. Wichtig war jedoch letztlich nur, was er der Presse an diesem Tag mitzuteilen hatte. Imhoff hatte längst an Glaubwürdigkeit und Kompetenz eingebüßt und nur mit einer Sensation konnte er seinen Kopf noch aus der Schlinge ziehen.
Prüfend klopfte der Geschäftsführer auf das Mikrofon, das er aus der Halterung gelöst hatte. Die Gespräche der Journalisten verstummten. Viele wirkten nicht ernsthaft darauf gespannt, was ihnen der Firmenchef zu verkünden hatte. Sie wollten die Pressekonferenz lediglich hinter sich bringen.
»Meine Damen und Herren. Ich begrüße Sie zur heutigen Stellungnahme von HARDCOMP Deutschland. Als ich die Leitung übernommen habe, habe ich mein vordergründiges Ziel, unser Unternehmen in eine erfolgreiche Zukunft zu führen, niemals aus den Augen verloren. Doch dieses Vorhaben muss ich heute an dieser Stelle korrigieren.«
Einige zynische Stimmen wurden laut.
»Bitte, meine Damen und Herren.« Imhoff hob die Arme zu einer beschwichtigenden Geste. »Auch wenn wir während der Erforschung einer wirklich bahnbrechenden Technologie gezwungen waren, einige Rückschläge hinzunehmen, haben sich all unsere Bemühungen letztlich doch ausgezahlt. Daher sehe ich das Vorhaben, HARDCOMP lediglich zukunftssicher zu gestalten, als überholt und nicht mehr als bedeutend an. Sie werden dies verstehen, nachdem Sie sich angehört haben, was ich Ihnen mitzuteilen habe.« Er legte eine kurze Pause ein, um gleich darauf fortzufahren. »Die Information, die ich heute offiziell an Sie und damit auch an die Öffentlichkeit weitergeben darf, stand bis vor Kurzem noch unter strengster Geheimhaltung. Sie, meine Damen und Herren, werden also die Ersten sein, die davon erfahren. Sie dürfen sich glücklich schätzen, diesem historischen Moment beizuwohnen. Ich habe die Ehre und auch die Verpflichtung, Ihnen heute mitzuteilen, …« Er atmete tief ein und hielt die Luft für ein paar Sekunden zurück. »... dass es HARDCOMP endlich gelungen ist, einen Quantencomputer zu entwickeln, der aufgrund seiner unvorstellbaren Leistung die Computerindustrie schon in nächster Zukunft revolutionieren und ein neues Zeitalter in der technologischen Entwicklung einleiten wird. Dies ist unseren hervorragenden Wissenschaftlern der HARDCOMP-Forschungsabteilung zu verdanken, die mutig genug waren, diesen schwierigen Weg mit mir zu beschreiten. Das bisherige physikalische Verständnis muss aufgrund unserer gewonnenen Erkenntnisse neu definiert werden. Was bis heute galt, zählt jetzt nicht mehr.«
Einer der Journalisten unterbrach Imhoff. »Was meinen Sie mit einer unvorstellbaren Leistung ?«
»Glauben Sie mir bitte. Selbst wenn ich eine Antwort auf Ihre Frage hätte, wären Sie nicht imstande, die enorme Rechenleistung dieses Computers mit Ihrem Verstand zu begreifen«, antwortete Imhoff mit einem überheblichen Grinsen und ließ einen weiteren Reporter zu Wort kommen.
»Können oder wollen Sie nicht darauf eingehen?«
»Die Rechenleistung des von uns entwickelten Quantencomputers findet auf der herkömmlichen Skala keinen Platz mehr. Sie ist so enorm, dass wir diese nicht erfassen können, jedenfalls noch nicht. Aber wir arbeiten daran.«
»Soll das heißen, dass Sie nicht einmal wissen, wozu
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