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Bergfriedhof

Bergfriedhof

Titel: Bergfriedhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Umschlag unter die Nase. »Das hier sind 5000 Euro, Herr Koller. 5000. Mein Honorar für Ihr Stillschweigen. Ich vertraue Ihnen.«
    Er vertraute mir, wie schön. Ich musterte den Mann. Er hatte ein großes, quadratisches Gesicht, leicht gerötet und von weißen Haaren gekrönt. Eine markante Nase, rechteckige, randlose Brillengläser. Die wässrigen Augen eines Greises. Er benutzte ein würziges Aftershave oder eine Gesichtslotion, und er trug ein blaues, geblümtes Seidentuch. In der Hand hielt er einen Umschlag mit 5000 Euro, für ihn ein Klacks, aber ein satter Betrag für einen arbeitsscheuen Privatflic.
    Zugreifen, sagte eine innere Stimme.
    Und dann? Stillhalten? Die Hände in den Schoß legen?
    Mal sehen. Seit wann zählt ein Versprechen gegenüber so einem Typen, der jede Menge Dreck am Stecken hat?
    »Na los, nehmen Sie schon«, sagte der Alte. »Ich werde Sie weiterempfehlen. Diskretion ist ein wichtiges Argument, wenn man einen Privatdetektiv benötigt.«
    Diskretion, da war das Wort wieder. Ich nickte und streckte eine Hand aus. Der Umschlag war dick und fühlte sich angenehm an. Sollte ich ihn öffnen? Nachzählen? Auf ein Scheinchen mehr oder weniger kam es dem Mann wohl kaum an.
    »Ich vertraue Ihnen«, wiederholte er. »Trotzdem, Herr Koller ... Es tut mir leid.«
    Ich wandte den Kopf und blickte in die Mündung einer kleinen Spraydose. Als es zischte und ich die Augen schloss, war es bereits zu spät. Ich schrie auf. Das Zeug brannte wie Feuer, im ersten Moment glaubte ich, es würde mir die Pupillen wegätzen. Anstatt den Alten zu packen oder wenigstens wild um mich zu schlagen, krümmte ich mich und wischte wie ein Wahnsinniger in meinen Augenhöhlen herum. Mein Sicherheitsgurt wurde geöffnet, dann die Beifahrertür, und ich spürte seine Hände an meiner linken Seite. Im nächsten Moment lag ich auf dem Bürgersteig.
    Er war wirklich alles andere als altersschwach, der Silberrücken.

4
    »Pfefferspray!«, rief Fatty. »Verdammt noch mal! Da hat er dich aber ganz schön gelinkt.«
    Ich zuckte die Achseln.
    »Pfefferspray? Das haben doch sonst nur Frauen dabei, wenn sie abends joggen gehen. Ein Teufelszeug.«
    »Hm«, machte ich.
    »Mensch, Mensch, Mensch«, bemerkte Fatty kopfschüttelnd. »Das darf doch nicht wahr sein. Hat der dich zugerichtet! Der hätte dich, ja alles Mögliche hätte der dich, ist dir das klar?« Er war wirklich sehr besorgt.
    »Reg dich ab und setz dich. Was willst du trinken?«
    »Deine Augen sind immer noch knallrot. Wann war das? Gestern Abend? Ich würde es mal einem Arzt zeigen.«
    »Was du trinken willst, Fatty.«
    »Danke, nichts.«
    »Hab ich nicht.« Ich lotste ihn durch die zwei Zimmer meiner Wohnung auf meinen Balkon. Eine Bonsaiausgabe von Balkon, schattig zudem, aber ich halte mich gerne dort auf. Wenn man einmal sitzt, sitzt man. Ringsumher Steine, keine Blumen, kein Grün, bloß nackte, kahle Backsteinwände und eine hohe Brandmauer. Über dir versperrt der Balkon der Nachbarn den Blick zum Himmel und nur im Hochsommer schafft es die Sonne, für ein paar Stündchen in den sorgfältig gefegten Hof zu lugen. Es sind seltene Augenblicke, in denen die Natur Mitleid mit den Mauerblümchen der Gesellschaft hat. Jetzt noch nicht, denn wir schrieben Ende April. Wenigstens war es warm genug, um sich am frühen Abend ein Stündchen draußen aufzuhalten.
    Fatty stellte seinen Rucksack ab und zwängte sich an dem kleinen Esstisch vorbei auf seinen Platz.
    »Komisch finde ich allerdings«, sagte er, »dass man von Pfefferspray auch blaue Augen bekommt. Genauer gesagt ein blaues Auge.«
    »Ja, sehr komisch.«
    »Wie kommts?«
    »Erzähle ich dir. Schön der Reihe nach. Willst du wirklich nichts trinken?«
    »Nein, danke. Erst mal nichts.«
    Ich machte mir ein Bier auf, setzte mich und berichtete. Vom Anruf des Unbekannten bis zu seinem Verschwinden. Von dem Toten auf dem Grab, von unserer Fahrt durch die Nacht und meiner unsanften Bekanntschaft mit dem Neuenheimer Asphalt. Fatty klappte den Mund auf und zu und machte große Augen. Nachdem der Alte fortgebraust war, lag ich noch einige Minuten zusammengekrümmt auf dem Bürgersteig, bis mir ein besorgter Passant in Anzug und Krawatte aufhalf. Er kam gerade von einem Empfang, war verdammt lustig drauf und wollte mich unbedingt ins Krankenhaus bringen. Ich verzichtete; der Typ schwankte mehr als ich. Tränenblind und Verwünschungen gegen den Alten ausstoßend schleppte ich mich nach Hause.
    »Konntest du den Weg überhaupt

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