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Bergrichters Erdenwallen

Bergrichters Erdenwallen

Titel: Bergrichters Erdenwallen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Achleitner
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irre, ischt besagter Widschwenter ein gutsituierter Mann, von dem ich nicht glauben kann, daß er Rüben stiehlt!“
    „Gesehen hun ich ihn freilich nit beim Stehlen! Wenn ich aber mein Rubenfeld anschaue, kann's decht nit anders sein, als daß die Möhren gestohlen werden!“
    „Kann der Diebstahl nicht von anderer Seite verübt werden?“
    „Ich glaub' nit!“
    „Warum nicht?“
    „Weil ein anderer Dieb decht zu weit zu gehen hätt'!“
    „Habt Ihr sonst keinen Verdacht?“
    „Gleich nur auf den Widschwenter!“
    „Warum soll dieser anständige Mann just ein Möhrendieb sein?“
    „Weil seine Rosse gar so viel gut ausschauen!“
    Ehrenstraßer blickte den Bauer verwundert an; solche Folgerung überrascht den alten Richter, dessen weitere Fragen und Folgerungen jedoch keinen Erfolg haben.
    Maldoner bleibt bei seiner Mutmaßung und seine Äußerungen drehen sich im gleichbleibenden Kreise.
    Der Richter notiert sich den Fall und belehrt den Bauer dahin, daß alle Vorbereitungen getroffen werden sollen, um den Dieb in flagranti abzufassen. Einige Nächte werde Maldoner doch wohl opfern können und aufpassen. Gelingt es, den Dieb zu erwischen, so solle sogleich Anzeige erstattet werden. Damit war Maldoner entlassen.
    Den Richter beschäftigte die seltsame Äußerung Maldoners, das sonderbare Motiv eines Rübendiebstahles zu recherchieren und eine oder mehrere Nachtpatrouillen in der Weise einzuleiten, daß jene zwei Gehöfte überwacht werden.
    „Herr Bezirksrichter! Haben S' das Unglück schon gehört?“ Mit diesen Worden stürzte Perathoner, der dicke Amtsdiener in die Kanzlei und fuchtelte erregt mit den Armen in der Luft.
    „Was ischt geschehen?“
    „Grad hab' ich's gehört! Das Drahtseil der Luftbahn soll gerissen sein, oder sonst ein Unglück und die Frau von Bauerntanz ischt aus einem Luftwägele herabgefallen!“
    „Nicht möglich! Tot?“
    „Ich weiß sonst nichts Näheres!“
    Eine Flut von Gedanken stürmte auf den betroffenen Richter ein, welcher zum Gendarmerielokal eilte, um Näheres über die Unglücksstelle zu erfahren. Wie kam die Doktorin in einen Luftbahnwagen? Welches Motiv liegt da zu Grunde? Ist es ein Unglücksfall? Oder ist ein Verbrechen verübt worden? Im Gendarmerielokal erfuhr Ehrenstraßer von der Wachtmeisterin lediglich, daß ihr Mann bereits zur Fabrik geeilt, Sittl jedoch auf Patrouille sei. So blieb dem Richter nichts anderes übrig, als zu Ratschiller zu gehen und dort Erkundigungen zu erheben. Aber im Komptoir wußte man nichts. Ratschiller jun. ist nicht anwesend, von der Fabrik keine Meldung da.
    Ehrenstraßer ließ einen Komptoiristen telephonisch in der Fabrik anfragen, doch erfolgte keinerlei Antwort. Somit entschloß sich der Richter sogleich, über den Sattel bergeinwärts zu gehen, schickte aber vorsichtshalber zum Bezirksamt und ließ Träger requirieren.
    Ein Stündchen später langte Ehrenstraßer schier atemlos in der Cementfabrik an, deren Arbeiter zum Teil anwesend, zum anderen Teil auf den Stadtberg zur Hilfeleistung geeilt sind. Genaues wußte niemand anzugeben, und Hundertpfund, der Fabrikleiter, ist nicht da. Es hieß lediglich, daß die Frau von Bauerntanz von einem Arbeiter blutüberströmt unweit des Verankerungsgebäudes am Stadtberg aufgefunden wurde. Ein Streckenarbeiter sei mit dieser Meldung zur Fabrik gelaufen, der andere Arbeiter hingegen zur Stadt gelaufen, um den Wachtmeister zu verständigen.
    Von Bruch des Drahtseiles könne keine Rede sein, denn die Luftbahn funktioniere tadellos und sei ununterbrochen im Betriebe.
    Auf dem Wege zum Stadtberg kam dem Richter der Transport entgegen: Arbeiter trugen die arme Frau auf einer aus Fichtenstämmchen hergestellten Bahre, und an der Spitze des Zuges schritt Hundertpfund, ersichtlich verstört, an der Seite des Wachtmeisters.
    „Um Gotteswillen, was ischt geschehen?“ rief ihm Ehrenstraßer entgegen.
    „Herr Bezirksrichter! Ein tiefbedauerliches Unglück!“ stammelte der Fabrikleiter und trat zur Seite, um die Arbeiter mit der Tragbahre vorbeischreiten zu lassen. Hintendrein folgte nun Hundertpfund mit Ehrenstraßer, der Mühe hatte, seiner Erregung Herr zu werden.
    „Wie kam die Doktorin auf die verrückte Idee, in einem Luftwagen spazieren zu fahren?“ forschte der Richter.
    Hundertpfund erwiderte befangen und bebenden Tones: „Ich zeigte der Frau von Bauerntanz, die sich für unsere Luftbahn lebhaft interessierte, die Hauptverankerung auf der Schneide des Stadtberges und animierte sie,

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