Bericht vom Leben nach dem Tode
überzeugen, daß es nur ein Universum gibt. In einer langen Reihe von Séancen mit Joan als Medium schweifte sie nie von diesem Thema ab, außer gelegentlich, um Beispiele von illustrativem und sonstigem Dokumentationsmaterial zu nennen. Auf diese Weise wurde die erste abgerundete Folge von Berichten in der Ichform über das Leben nach dem Tode geschaffen, das seit den Offenbarungen von Frederic Myers ein Vierteljahrhundert früher der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden war. Zwar hatte Myers mit einer Erfahrung von zwanzig Jahren im Jenseits gesprochen, während Betty nur ein paar Monate Jenseits-Erfahrung besaß. Nichtsdestoweniger ist ihre Aussage von einzigartigem Wert. Das, was sie Myers voraus hatte, war, daß sie infolge ihrer medialen Begabung bereits vor ihrem Tod zwanzig Jahre lang in den jenseitigen Regionen »gereist« war. Die Genauigkeit, mit der sie das ihr sichtbare Gelände schildert, verleiht ihrem Bericht besondere Überzeugungskraft – obwohl ihre Erfahrung wahrscheinlich auf Stufe Zwei und Drei beschränkt war, während Myers die komplette Struktur aller Bewußtseinsebenen zu beschreiben versuchte. Immerhin hat sie aber sein Konzept unterstützt: »Manche Individuen«, meldete sie, »leben in entfernteren Räumen des Alls.«
In seinem Kommentar zu Bettys Ausführungen schreibt White:
Die Menschheit hatte seit eh und je die Vorstellung, es gebe zwei völlig verschiedene Seinszustände, die voneinander wie durch eine Mauer getrennt seien – die »Auf Erden«- und die »Im Himmel«-Vorstellung. Diese Aufteilung wurde natürlich in allen nur möglichen Terminologien ausgedrückt. Die Vorstellung aber bleibt immer dieselbe, in jedem Zeitalter, bei jedem Volk, in jedem Glaubensbekenntnis.
Betty nannte sie eingeschränktes und uneingeschränktes Universum, verneinte aber die Mauer dazwischen. Es war ihre Aufgabe, in diesen Ausführungen die Mauer niederzureißen. Um dies zu ermöglichen, wies sie zuerst darauf hin, daß es in Wirklichkeit gar nicht zwei Welten gibt, sondern einzig zwei Aspekte ein und desselben Universums. Wir leben hier im eingeschränkten Aspekt, eine Behauptung, die wahrscheinlich keiner von uns leugnen wird. Setzt man dies voraus, so folgt logischerweise, daß Betty im anderen Aspekt, im uneingeschränkten, lebt. Dies aber, so versichert sie erstaunlicherweise, ist nicht der Fall. Im Gegenteil, sie lebt in beiden Aspekten, im gesamten Universum, sowohl im eingeschränkten Bereich – diesem kleinen Prozentsatz des Ganzen, den wir hier auf der Erde bewohnen – als auch im riesigen und geheimnisvollen uneingeschränkten Bereich, den wohl unsere Wissenschaft, wie sie versichert, erahnt, aber von dem wir bislang noch so gut wie nichts wissen. Für Betty gibt es ein einziges homogenes Universum, weil unsere Hindernisse für sie gar keine sind.
Also sind wir gezwungen, unser Erde-Himmel-Bild zu berichtigen. Wir selbst leben nur in einem winzigen Ausschnitt eines alleinigen Universums, und wir werden durch die Hindernisse in Schranken gehalten, die aber nur uns behindern. Diese Hindernisse haben mit Bettys Seinszustand nichts zu tun, sie sind uns angeboren und sind sogar teilweise unser eigenes Produkt. Überdies sind sie weit mehr, als wir bisher erkannt haben, durch uns selbst veränderbar – wenn wir nur wüßten, wie. Dies ist eines der Dinge, die uns Betty zu zeigen versuchte: in welchem Ausmaß und wie. Und damit berühren wir den praktischen Wert ihrer Ausführungen für uns, gerade jetzt, in der Gegenwart. Besonders für die Gegenwart.
»Es gibt nur ein Universum.« Wann immer ich dieses Leitmotiv Bettys höre, muß ich an eine Episode denken, die ich in einer meiner eigenen Sitzungen erlebt hatte. Eine Frau, die gerade ihren Mann verloren hatte, besuchte mich in der Hoffnung, Kontakt mit ihrem verstorbenen Mann aufnehmen zu können. Die Verbindung kam zustande, sie und ihr Mann unterhielten sich, und sie sagte unter Tränen, wie verzweifelt sie sei, seit er »fortgegangen« sei. Prompt kam die Antwort: »Aber ich bin ja gar nicht fortgegangen.« Dies war im wesentlichen das gleiche, was Bettys Botschaft beinhaltete. Unsere verstorbenen Angehörigen sind nicht »fortgegangen«. Sie leben im gleichen Universum wie wir. Was ihr Leben von dem unsrigen hauptsächlich unterscheidet, ist, daß sie mehr Freiheit haben. In der Schilderung dieser Freiheit und der Sicherheit, die sie einem gibt, liegt die besondere Stärke von Bettys Bericht.
In Beantwortung einer
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