Bericht vom Leben nach dem Tode
man im Studium der geistigen Prinzipien weiterschreite, sagten sie, desto mehr bekümmere einen das Handikap, das durch ungenügendes Bewußtsein verursacht wird. Dies führe dazu, daß man mit dem Geist des Helfenwollens erfüllt wird, mit dem Wunsch, die spirituellen Erkenntnisse, die zur Harmonie führen, anderen mitzuteilen. Da dies aber gleichbedeutend mit geistiger Beeinflussung ist, erregt es sofort Widerspruch und Opposition, so daß man schließlich Gefahr läuft, die gleiche Feindseligkeit, den gleichen Haß heraufzubeschwören, der ursprünglich und immer wieder den Verlust der geistigen Einsicht verursacht und der Welt Unheil gebracht hat. Es geht also darum, der Opposition mit Festigkeit gegenüberzutreten und sich nicht in den Wirbel destruktiver Emotionen hineinziehen zu lassen.
Mit diesem Problem befaßten sich die Unsichtbaren mit großem Eifer, da sie seine Lösung als einen der Grundpfeiler ihrer Mission betrachteten. »Ihr sollt euch nicht vor der Auseinandersetzung drücken; das würde Schwäche bedeuten. Ihr könnt auch nicht gleichgültig bleiben; das wäre Grausamkeit. Andererseits dürft ihr euch nicht in den Strudel erbitterter Meinungskämpfe ziehen lassen; es würde nur die Feuersbrunst verbreiten.«
Was soll man also tun? Der Rat der Unsichtbaren war, daß man zuerst die Stärkung seines eigenen geistigen Gleichgewichts im Auge behalten solle, indem man sich ganz auf das erweiterte Bewußtsein, das man erreicht hat, stütze. »Man kann seinen Freund nicht aus dem Sumpf ziehen, wenn man nicht selbst einen festen Stand hat.« Im Besitze des seelischen Gleichgewichts, mit einem auf höherer Stufe operierenden Bewußtsein kann man dann mittels rein geistiger Projektionen versuchen, das gleiche Zentrum energetischen Potentials in seinem Gegenüber zu wecken, das zuvor in einem selbst erweckt worden ist. Auf diese Weise, so sagten die Unsichtbaren, könne man die emotionalen Stürme der Konfrontation und Kontroverse bestehen.
So wurde Bettys Wunsch, mehr über das Leben nach dem Tode zu erfahren, durch den Auftrag, in ihrem unmittelbaren Erdenleben geistig effektiver zu werden, abgelenkt. Doch ignorierten die Unsichtbaren ihre Neugier nicht ganz. Nachdem sie ihr ihre Hauptaufgabe »eingehämmert« hatten, entsprachen sie Bettys Wunsch auf überraschende Weise.
Und hier begegnen wir wieder Ruth Finley, die später im Leben von Stewart und Betty White und noch später in meiner eigenen medialen Erfahrung eine so große Rolle spielen sollte. Es traf sich, daß 1922 acht ungewöhnliche Persönlichkeiten aus verschiedenen Gegenden der USA während des ganzen Monats Januar in New York waren. Es waren der Journalist Mr. Gaines und seine Frau, die mediale Fähigkeiten in Halbtrance besaß; der Geschäftsmann Mr. Cameron mit seiner Frau Margaret, deren aus ihrem automatischen Schreiben hervorgegangenes Buch The Seven Purposes (»Die sieben Ziele«) 33 ein Bestseller geworden war; die Finleys, deren telepathische Abenteuer als »Darby und Joan« zwei Jahre vorher unter dem Titel Our Unseen Guest erschienen waren – und die Whites. Diese acht, die sich gegenseitig vom Hörensagen kannten, veranstalteten eine Serie von elf Séancen. Das Ergebnis war eine Reihe von Phänomenen, die niemand von ihnen jemals vorher erlebt hatte.
Die besagten Manifestationen gehörten der »physikalischen« Kategorie an. Das war insofern schon überraschend, als alle Teilnehmer so wie ich selbst eigentlich den psychischen Medien zuzuordnen waren. Auf der ersten Sitzung dieser Reihe übernahmen Kontrollgeister die Führung und verkündeten durch die Medien Betty und Joan (alias Mrs. Finley) das Programm: nämlich den Beta-Körper vorzuführen.
Wenn dieser ätherische Körper, der bislang nur wenigen Sensitiven sichtbar war, tatsächlich dem gewöhnlichen Wahrnehmungsvermögen normaler Menschen erfahrbar gemacht werden konnte, würde das für die Parapsychologie von unschätzbarer Bedeutung sein. Es würde eine akzeptable Brücke bilden zwischen dem Diesseits und dem Jenseits. Natürlich hatte es solche Demonstrationen schon seit undenklichen Zeiten gegeben. Aber der Skeptizismus des 20. Jahrhunderts lehnt ja alles ab, was man nicht selbst gesehen, gefühlt und gemessen hat, und pflegt Berichte, die nicht mit den materialistischen Dogmen übereinstimmen, kurzerhand als betrügerisch oder zumindest als unglaubhaft zu bezeichnen. Hier ergab sich eine nahezu ideale Forschungssituation. Alle Teilnehmer waren durch
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