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Berlin 1933-1945: Stadt und Gesellschaft im Nationalsozialismus (German Edition)

Berlin 1933-1945: Stadt und Gesellschaft im Nationalsozialismus (German Edition)

Titel: Berlin 1933-1945: Stadt und Gesellschaft im Nationalsozialismus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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man historischen Herrschaftsbauten entlehnte und in verfremdeter, vereinfachter Gestalt einsetzte. So wurden Eingänge durch Pfeilerstellungen und -vorbauten betont. Oft sind die Fassaden symmetrisch angelegt. Mit den überall anzutreffenden Natursteinverkleidungen wollte man herrschaftliche Größe zum Ausdruck bringen, mit der blockhaften Kontur, den tief eingeschnittenen Fenstern und den kantig hervortretenden Fenstereinfassungen den Eindruck von Dauerhaftigkeit erzeugen.
    Die Verwaltungsgebäude wurden mit Hoheitszeichen, Reliefs, Wandmalereien und anderen Bilddarstellungen ausgestattet. Die am 22. Mai 1934 erlassene »Kunst am Bau«-Vorschrift verlangte, »daß bei allen Hochbauten des Reiches, der Länder, der Gemeinden, der Körperschaften des öffentlichen Rechts und der Körperschaften, bei denen Reich, Länder oder Gemeinden die Aktienmehrheit oder die Mehrheit der Geschäftsanteile besitzen, grundsätzlich ein angemessener Prozentsatz der Bausumme für die Erteilung von Aufträgen an bildende Künstler und Kunsthandwerker aufgewendet werden muß«.
    Die verschiedenen Stilrichtungen konnten durchaus variabel eingesetzt werden. Im Wohnungsbau wie im Industriebau lässt sich zeigen, welche Spanne unterschiedlicher Architekturauffassungen möglich war. Auf dem Kasernengelände des Regiments »General Göring« sind die Garagen und Hallen sachlich und funktional gestaltet, während die Truppenunterkünfte ein heimatliches
Gefühl aufkommen lassen. Sogar innerhalb eines Bauwerks konnten die Baustile wechseln. Das Gebäude der Nordstern-Versicherung am Fehrbelliner Platz macht das sehr anschaulich deutlich. Von außen wirkt das Gebäude mit seiner durchgehenden Natursteinverkleidung und den kantigen Fenstereinfassungen monumental. Die Eingangshalle hingegen verweist mit der Fahrstuhlanlage, einem frei in den Raum gestellten Glaszylinder, auf die avantgardistische Architektur der 1920er Jahre. Auch der Flughafen Tempelhof (1935–1939 von Ernst Sagebiel) vereint zwei unterschiedliche Architekturauffassungen: Die zur Stadt ausgerichtete Seite ist sehr repräsentativ gestaltet. Einen hochmodernen Eindruck vermittelt dagegen die zum Flugfeld gerichtete Front mit der stützenfreien Stahlkonstruktion der Flugsteige. Die Stadtseite ist steinern und massiv, die Flugfeldseite stählern und transparent.
    Die Eigenheiten der Architektur zwischen 1933 und 1945 lassen sich besser mit stilübergreifenden Kriterien fassen. Erstens sind die Bauten alle durch eine Versachlichung geprägt. Das betrifft nicht nur die Verwaltungsgebäude und Fabriken, sondern auch die Wohnanlagen und Siedlungen, die niemals überladen wirken, auch wenn sie im traditionalistischen Stil mit Walmdächern und Fensterläden ausgestattet sein mögen. Dem sachlichen Stil ist schmückendes Beiwerk fremd. Wenn Ornamente auftreten, zum Beispiel Hoheitszeichen oder Reliefs, dann wirken sie wie additiv aufgesetzt. Zweitens ist die Architektur immer einer Ordnung unterworfen. Das ordnende Prinzip kann sich in der Fassadengliederung oder in der städtebaulichen Anordnung der Bauteile im Gelände äußern. Die Ordnung muss nicht unbedingt auf Geometrie beruhen, sie kann durch das harmonische Zusammenspiel unterschiedlich positionierter Bauteile erzeugt werden, und auch die aufgelockerte und gegliederte Bauweise der Wohnsiedlungen und Kasernen folgt einer hierarchischen und funktionalen Ordnung. Und drittens enthält die Architektur des Nationalsozialismus immer eine sakrale Komponente. Unabhängig vom Baustil sind die Bauten mit überzeitlichen Werten aufgeladen. Der nationalsozialistische Staat gründete sich auf den Mythos eines »ewigen Reiches«, er forderte keine demokratische Beteiligung ein, sondern Glaube und Hingabe. So wie bei den nationalsozialistischen Feiern und Kundgebungen Motive der christlichen Liturgie nachgeahmt wurden, enthalten auch die Bauten sakrale Elemente. Selbst bei Siedlungen und Fabrikanlagen kann man spüren, dass es immer um etwas Höheres ging, etwa um die »Volksgemeinschaft«, die sich in einer solchen Wohnanlage oder Fabrik formte.
    Damit stellt sich die Frage nach den Inszenierungsabsichten der nationalsozialistischen Architektur. Die Großbauten in der Innenstadt, der Flughafen
Tempelhof oder das Reichssportfeld sollten monumentale Denkmäler der Macht und der Größe des »Dritten Reiches« sein und als solche sowohl auf das eigene Volk als auch auf die internationale Öffentlichkeit wirken. Folgerichtig wurden diese Bauten

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