Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)
Herbert Wischow und Eva aus Zoppot aus dem Bad kommen. Im Bad war allerhand passiert, davon läßt sich viel erzählen, das erfährt Franz mit Genuß. Evas Börsianer hatte Pech. Im Spiel gings ihm gut, aber gerade am Tag, wo er 10 000 Mark von der Bank abgeholt hat, soll er in seinem Hotelzimmer bestohlen werden, während er mit Eva soupiert. Wie sowas nur möglich ist. Das Zimmer ist sauber mit Nachschlüssel geöffnet, die goldene Uhr ist weg, ferner 5000 Mark, die er offen im Nachtkasten liegen gelassen hat. Das war nu eine besondere Nachlässigkeit, aber wer denkt denn auch an sowas. Daß in einem solchen erstklassigen Hotel sich Diebe einschleichen können, wo hat denn der Portier die Augen, ich werde Sie verklagen, ist denn hier keine Aufsicht, wir bürgen nicht für Wertsachen auf den Zimmern. Der Mann tobt mit Eva, weil sie ihn so rasch zum Souper gedrängt hatte, warum denn, bloß um den Herrn Baron zu sehen, nächstens küßt du ihm noch die Hände vor Ehrfurcht, schickst ihm eine Bonbonniere, aus meiner Tasche. Jetzt bist du unfein, Ernstchen. Und die 5000 Mark? Kann ich dafür? Ach, wir wollen nach Hause. Da sagt der Bankier wütend: kein schlechter Einfall, bloß weg hier.
So wohnt Herbert wieder in der Elsasser Straße, und Eva muß ein feines Zimmer im Westen beziehen, das ist ihr nichts Neues, sie denkt, es dauert nur einige Zeit, dann hat er genug von mir, dann gehts wieder nach der Elsasser.
Schon in der Eisenbahn, wo sie mit dem Bankier sitzt und seine Liebkosungen im Coupé 1. Klasse mit Langeweile und Scheinwonne über sich ergehen läßt, träumt sie: was macht bloß der Franz. Und wie der Bankier vor Berlin rausgeht und sie allein im Coupé sitzt, fährt sie zusammen und ängstigt sich: der Franz ist wieder weg. Welche Freude und Überraschung und Maulaufreißen dann bei Herbert und Eva und Emil, wie dann am 4.Juli (Mittwoch), wie da reinkommt, wer, na, man kann sich schon denken. Proper, geleckt, das E. K. an die Heldenbrust geklebt, die Augen braun tierisch treuherzig wie immer, warme Männerfaust und starker Händedruck: Franz Biberkopf. Nu halt dir senkrecht. Jetzt verlierste die Balance. Emil kennt die Veränderung schon, er weidet die Schäfchen seiner Augen an Herbert und Eva. Franz ist ein feiner Pinkel. »Junge, du wäscht dir woll die Beene mit Sekt?« so freut sich Herbert. Eva sitzt und versteht nicht. Den rechten Ärmel trägt Franz leer in der Tasche, der Arm ist jedenfalls nicht nachgewachsen. Sie umhalst ihn und küßt ihn. »Gott, Franzeken, wir haben nu dagesessen und haben uns den Kopp zerbrochen, wat macht der Franze, ist uns Angst gewesen, det gloobste nicht.« Franz geht rum, küßt Eva, küßt den Herbert, auch Emil: »Son Quatsch, sich um mir zu ängstigen.« Er blinzelt listig: »Und wie gefall ick euch, als Heldenkrieger, mits Bobbyjackett?« Eva jubiliert: »Wat is bloß los, wat is bloß los, ick freu mir doch so, wie du aussiehst.« »Un ick doch ooch.« »Und – mit wem jehste denn, Franzeken?« »Jehen? Ach so. Nee nee. Damit ist nichts. Ick habe keene.« Und legt los und erzählt und verspricht Herbert, er gibt ihm das ganze Geld wieder, auf Heller und Pfennig, jeden Sechser, in paar Monaten is alles abgezahlt. Da lachen Herbert und Eva. Einen braunen Tausender schwenkt Herbert vor Franzens Augen: »Willst ihn haben, Franz?« Eva bettelt: »Nimm ihn, Franz.« »Ausgeschlossen. Haben wir nicht nötig. Höchstens begießen wir alle den Tausender unten, det können wir.«
Auch ein Mädchen taucht auf,
Franz Biberkopf ist wieder komplett
Sie geben Franzen den Segen für alles, was er tut. Eva, die Franzen noch immer liebt, möchte ihm gern ein Mädel zuschanzen. Er sträubt sich, det Mädel kenn ich, nee, det kennste nich, Herbert kennt sie ooch nich, von woher kennste sie denn, nee, sie ist doch noch gar nicht lange in Berlin, die is aus Bernau, da is sie immer bloß abends mal rübergekommen am Stettiner Bahnhof, da hab ich sie mal getroffen und hab ihr gesagt: du kommst unter die Räder, Kind, wenn de det nich läßt und immer rüberfährst, hier in Berlin kann sich keener so halten. Hat sie gesagt und gelacht, sie will sich ja bloß amüsieren. Na siehste, Franz – Herbert kennt die Geschichte schon, Emil ooch –, eenmal sitzt sie dann da um 12 im Café. Ick geh ran und frag ihr: na, wat machste fürn Gesicht, Mädel, mach man hier keene Wellen. Da heult sie mir wat vor, hat sie uff die Wache gemußt, hat keene Papiere gehabt, mündig ist sie ooch noch
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