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Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)

Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)

Titel: Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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wieder da bist, Mensch. Und er wühlt seinen Kopf auf ihrem Schoß. Er zieht sie herüber zu sich, kann sich nicht genugtun, sie anzusehen, zu drücken, das Mädel zu fühlen. Jetzt bin ich wieder ein Mensch, jetzt bin ich wieder ein Mensch, nee, ick laß dir nicht, ick laß dir nicht, und da kann passieren, was will. Er macht den Mund auf: »Mädel, Miezeken, du kannst machen, wat du willst, ich laß dir nicht.«
    Wie glücklich sie sind. Sie sehen sich, die Schultern umschlungen, den Kanarienvogel an. Mieze sucht nach ihrer Tasche, zeigt Franzen den Brief von heut mittag: »Und über den Quatsch haste dir uffgeregt, wat der schreibt?« Sie zerknautscht ihn, schmeißt ihn rückwärts auf die Erde: »Mensch, von sowat kann ich dir n ganzes Paket geben.«

Verteidigungskrieg gegen die
bürgerliche Gesellschaft
    Und in den nächsten Tagen geht Franz Biberkopf mit großer Ruhe spazieren. Er ist nicht mehr so wild bei seinem dunklen Geschäftemachen, beim Schieben von Hehler zu Hehler oder zum Käufer. Er spuckt drauf, wenn ihm was nicht gelingt. Franz hat Zeit, Geduld und Ruhe. Wenn das Wetter besser wäre, würde er tun, was ihm Mieze und Eva sagt: nach Swinemünde fahren und sich was gönnen; aber mit dem Wetter ist nichts los, das regnet und gießt und nieselt jeden Tag, kalt ist es auch, in Hoppegarten sind ganze Bäume abgerissen, wie muß es da draußen sein. Franz ist dick mit Mieze und geht mit ihr ein und aus bei Herbert und Eva. Einen besser situierten Herrn hat Mieze auch schon, Franz kennt ihn, Franz gilt als ihr Ehemann, mit dem Herrn und einem andern kommt er gelegentlich gern zusammen, man ißt und trinkt freundschaftlich zu dritt.
    Auf welcher Höhe steht jetzt unser Franz Biberkopf! Wie gut geht es ihm, wie hat sich alles gewandelt! Er war schon dicht am Tode, wie hat er sich gehoben! Welch sattes Geschöpf ist er jetzt, dem nichts fehlt, nichts am Essen, Trinken, nichts an der Kleidung. Ein Mädel hat er, das ihn glücklich macht, Geld hat er, mehr als er verbraucht, seine ganze Schuld an Herbert hat er schon abgetragen, Herbert, Emil, Eva sind seine Freunde, sie meinen es gut mit ihm. Tagelang sitzt er bei Herbert und Eva herum, erwartet Mieze, fährt zum Müggelsee raus, wo er mit zwei andern zusammen rudert: denn Franz wird von Tag zu Tag geschickter und stärker im linken Arm. Ab und zu horcht er an der Münzstraße, an der Pfandkammer herum.

    Du hast geschworen, Franz Biberkopf, du willst anständig bleiben. Du hast ein dreckiges Leben geführt, du warst unter die Räder gekommen, zuletzt hast du die Ida umgebracht und hast dafür gesessen, das war fürchterlich. Und jetzt? Sitzst auf demselben Fleck, Ida heißt Mieze, der eine Arm ist dir ab, paß auf, du kommst auch noch ins Saufen, und alles fängt dann nochmal an, dann aber schlimmer, und dann ists aus.
    – Quatsch, kann ich dafür, hab ick mir dazu gedrängt, Lude zu sein? Quatsch, sage ich. Ich habe getan, wat ick konnte, ich habe mein Menschenmögliches getan, ich hab mir den Arm abfahren lassen, dann soll eener kommen. Ick hab einfach die Neese voll. Hab ich nicht gehandelt, bin ich nicht rumgeloofen von Morgen bis Abend? Nu hats geschnappt bei mir. Nee, ick bin nich anständig, ick bin ein Lude. Da schäm ich mir gar nicht für. Und wat bist du denn, wovon lebst du, vielleicht von wat anderes als von andere Menschen? Quetsch ick etwa jeman aus?
    – Du wirst im Zuchthaus enden, Franz, du kriegst von einem ein Messer inn Bauch.
    – Soll er machen. Vorher hat er meins probiert.

    Das Deutsche Reich ist eine Republik, und wers nicht glaubt, kriegt eins ins Genick. In der Köpenicker Straße an der Michaelkirchstraße ist Versammlung, der Saal ist lang und schmal, Arbeiter, junge Männer mit Schillerkragen und grünen Kragen sitzen auf Stuhlreihen hintereinander, Mädchen und Frauen, Broschürenverkäufer gehen herum. Auf dem Podium hinterm Tisch zwischen zwei andern steht ein dicker Mann mit halbkahlem Kopf, hetzt, lockt, lacht, reizt.
    »Schließlicherweise sind wir nicht dazu da, um aus dem Fenster rauszureden. Das können die im Reichstag tun. Hat mal einer einen von unsere Genossen gefragt, ob er nicht inn Reichstag will. Inn Reichstag, mit der Goldkuppel drauf und Klubsessel drin. Hat er gesagt: Weeste, Genosse, wenn ick det mache und geh inn Reichstag, dann wär da bloß noch ein Lump mehr. Zum Schornstein rausreden, dazu haben wir keine Zeit, da verpufft alles. Da sagen die Kommunisten ohne Listen: wir wollen Entlarvungspolitik

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