Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)

Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)

Titel: Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
Vom Netzwerk:
warum.

Franz merkt nichts und die Welt geht weiter
    Zweiter September. Franz geht rum wie sonst, fährt mit dem kessen Koofmich ins Freibad Wannsee. Am dritten, am Montag, wundert er sich, ist doch Miezeken nicht da, gesagt hat sie auch nichts, die Wirtin kann sich auf nichts besinnen, hat auch nicht telephoniert. Na, hat vielleicht einen Ausflug gemacht mit ihrem hohen Freund und Gönner, wird er sie wohl bald abladen. Warten wir noch bis Abend.
    Ist Mittag, Franz sitzt zu Haus, klingelts, Rohrpost, von ihrem Gönner, an Mieze. Nanu, was ist das, ich denke, die ist da, oder was ist los. Ich mach den Brief auf: »und wundere mich, Sonja, daß du nicht mal anrufst. Gestern und vorgestern habe ich wie verabredet im Büro auf dich gewartet.« Was ist das, wo steckt die.
    Franz auf, Hut gesucht, versteh ich nicht, mal runter zu dem Herrn, Taxe. »Die ist nicht bei Ihnen gewesen? Wann war sie denn zuletzt hier? Freitag? So.« Die beiden sehen sich an. »Sie haben doch einen Neffen, ist der vielleicht mit?« Der Herr wird wild, was, der soll mir gleich herkommen, bleiben Sie mal hier. Sie trinken langsam Rotwein. Der Neffe kommt. »Das ist der Bräutigam der Sonja, weißt du, wo sie ist?« »Ich, was ist los.« »Wann haste sie zuletzt gesehen.« »Aber das ist ja gar nicht mehr wahr, vor zwei Wochen so.« »Stimmt. Das hat sie mir erzählt. Nachher nicht?« »Nein.« »Und nichts gehört?« »Gar nicht, warum denn, was ist denn los?« »Der Herr hier wird dir selbst sagen.« »Sie ist weg, seit Sonnabend, keine Silbe gesagt, alles liegt, keine Silbe wohin.« Der Gönner: »Hat vielleicht ne Bekanntschaft gemacht.« »Glaub nicht.« Sie trinken zu dritt Rotwein. Franz sitzt still: »Ich glaube, man muß ein bißchen warten.«
    Ihr Gesicht erschlagen, ihre Zähne erschlagen, ihre Augen erschlagen, ihre Lippen, ihre Zunge, ihr Hals, ihr Leib, ihre Beine, ihr Schoß erschlagen.
    Am nächsten Tag ist sie nicht da. Ist sie nicht da. Es liegt alles wie sies gelassen hat. Ist sie nicht da. Ob Eva was weiß. »Haste Krach mit ihr gehabt, Franz?« »Nee, vor zwei Wochen, ist aber alles gut.« »Ne Bekanntschaft?« »Nee, hat mir erzählt vom Neffen von ihrem Herrn, aber der ist da, ich hab ihn gesehen.« »Vielleicht, man müßte den mal beobachten, vielleicht ist sie doch bei dem.« »Gloobste?« »Man müßte aufpassen. Bei Mieze weiß man nicht. Die hat ihre Launen.«
    Sie ist nicht da. Franz tut zwei Tage nichts, denkt, ich werde der nicht nachlaufen. Dann hört er nichts und hört nichts und dann läuft er einen ganzen Tag hinter dem Neffen her und am nächsten Mittag, wie die Wirtin von dem Neffen ausgegangen ist, schiebt Franz und der elegante Koofmich rasch in die Wohnung, die Tür geht leicht auf mitm Haken, kein Mensch in der Wohnung, in seinem Zimmer lauter Bücher, nischt von einem Weibsbild, feine Bilder an der Wand, Bücher, die ist nicht hier, ick kenn ihren Puder, riecht ja nicht so, komm los, nischt mitnehmen, laß die arme Frau, lebt vom Zimmervermieten.
    Wat ist los. Franz sitzt auf seiner Stube. Stundenlang. Wo ist Mieze. Die ist weg, läßt nichts von sich hören. Wat sagt man. Alles durcheinandergewühlt in der Stube, Bett auseinandergenommen, wieder zusammengelegt. Die läßt mir sitzen. Ist nicht möglich. Ist nicht möglich. Läßt mir sitzen. Hab ick wat getan, hab ihr nischt getan. Det mit dem Neffen hat sie mir nicht nachgetragen.

    Wer kommt? Eva. »Sitzt im Dustern, Franz, steck doch das Gas an.« »Die Mieze läßt mir sitzen. Ist das möglich?« »Laß man det, Mensch. Sie kommt schon wieder. Sie hat dir gern, wird dir nich wegloofen, ich kenn doch Menschen.« »Weeß ick alles. Denkst du, ick gräme mir darum? Die kommt schon.« »Siehste. Wird irgend wat sein mit det Mächen, hat wen getroffen von früher, macht sone kleene Spritztour, ich kenn die von früher, wo du sie noch gar nicht gekannt hast, det macht die, hat ihre Einfälle.« »Komisch is et doch. Ick weeß nich.« »Hat dir doch lieb, Mensch. Kuck doch mal, faß mir uffn Bauch, Franz.« »Was ist?« »Na, von dir, weeßt doch, wat Kleenes. Sie hats doch gewollt, die Mieze.« »Wat?« »Na ja.«
    Franz drückt seinen Kopf gegen Evas Leib: »Von Mieze. Laß mir setzen. Ist nicht möglich.« »Na, paß uff, Franz, wenn sie wiederkommt, die wird een Gesicht machen.« Da heult Eva selber. »Na siehste, Eva, wer hier uffgeregt ist? Bist du doch.« »Ach, mir macht det so kaputt. Ich versteh det Mädel nich.« »Nu muß ick dir schon trösten,

Weitere Kostenlose Bücher