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Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)

Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)

Titel: Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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wissen. (Mal rasch den Kerl angefaßt, mal an die Beene gepackt, mal gegen die Wand gefeuert.) Nu weeß ichs, so gut wie schriftlich.« Den Hut aufgeknallt, mit demselben Schwung wie vorhin: »Denn also schön guten Morgen, Karl, Herr Schlossermeister Karl. Grüß auch Minna, sag ihr, daß ich da war, bloß mal sehn, wies geht. Und du Schweinekerl bist das dämlichste Luder der Welt. Schreib dirs hinter die Ohren und kuck dir meine Faust an, wennste wat willst und komm bloß nich an. Du bist son Fetzen Dreck, daß mir Minna leid tut mit dir.«
    Und ab. Und ruhig ab. Und ruhig und langsam die Treppe runter. Soll mal hinterherkommen, wird sich hüten. Und gegenüber einen einzigen Schnaps, einen heißen Herzensstärker, runtergeschüttet. Und vielleicht kommt er doch rüber. Ich warte. Und sehr zufrieden ist Franz weitergegangen. Geld werd ick schon woanders kriegen. Und hat seine Muskeln dick gefühlt und ich werde mir auch schon wieder auffüllen.

    »Du willst mich auf meinem Wege aufhalten und mich niederwerfen. Aber ich habe eine Hand, die würgen kann, und du vermagst nichts über mich. Du dringst mit Spott auf mich ein, du willst mich mit Verachtung verschütten – nicht mich, nicht mich, – ich bin sehr stark. Ich kann an deinem Hohn vorbeihören. Deine Zähne dringen nicht durch meinen Panzer, gegen Vipern bin ich gefeit. Ich weiß nicht, von wem du die Macht hast, gegen mich anzudringen. Aber ich vermag dir ja zu widerstehen. Der Herr hat mir meine Feinde mit dem Nakken gegenübergestellt.«
    »Rede nur. Wie fein können Vögel singen, wenn sie einmal dem Iltis entronnen sind. Iltisse gibt es aber viele und Vöglein soll nur singen! Noch bist du ohne Augen für mich. Noch hast du nicht nötig, auf mich zu blicken. Du hörst das Plappern der Menschen, den Lärm der Straße, das Sausen der Elektrischen. Atme nur, höre nur. Zwischen allem wirst du mich auch einmal hören.«
    »Und wen? Wer spricht?«
    »Ich sag es nicht. Du wirst es sehen. Du wirst es fühlen. Wappne dein Herz. Zu dir spreche ich dann. Du wirst mich dann sehen. Deine Augen werden nichts hergeben als Tränen.«
    »Du kannst noch hundert Jahre so sprechen. Ich lach ja nur drüber.«
    »Lach nicht. Lach nicht.«
    »Weil du mich nicht kennst. Weil du nicht weißt, wer ich bin. Wer Franz Biberkopf ist. Der fürchtet sich vor nichts. Ich hab Fäuste. Sieh mal, was ich für Muskeln habe.«

FÜNFTES BUCH
Eine rasche Erholung, der Mann steht wieder da, wo er stand, er hat nichts zugelernt und nichts erkannt. Jetzt fällt der erste schwere Streich auf ihn. Er wird in ein Verbrechen hineingerissen, er will nicht, er wehrt sich, aber er muß müssen.
Er wehrt sich tapfer und wild mit Händen und Füßen, aber es hilft nichts, es geht über ihn, er muß müssen.

Wiedersehn auf dem Alex, Hundekälte.
Nächstes Jahr, 1929, wirds noch kälter
    Rumm rumm wuchtet vor Aschinger auf dem Alex die Dampframme. Sie ist ein Stock hoch, und die Schienen haut sie wie nichts in den Boden.
    Eisige Luft. Februar. Die Menschen gehen in Mänteln. Wer einen Pelz hat, trägt ihn, wer keinen hat, trägt keinen. Die Weiber haben dünne Strümpfe und müssen frieren, aber es sieht hübsch aus. Die Penner haben sich vor der Kälte verkrochen. Wenn es warm ist, stecken sie wieder ihre Nasen raus. Inzwischen süffeln sie doppelte Ration Schnaps, aber was für welchen, man möchte nicht als Leiche drin schwimmen.
    Rumm rumm haut die Dampframme auf dem Alexanderplatz.
    Viele Menschen haben Zeit und gucken sich an, wie die Ramme haut. Ein Mann oben zieht immer eine Kette, dann pafft es oben, und ratz hat die Stange eins auf den Kopf. Da stehen die Männer und Frauen und besonders die Jungens und freuen sich, wie das geschmiert geht: ratz kriegt die Stange eins auf den Kopf. Nachher ist sie klein wie eine Fingerspitze, dann kriegt sie aber noch immer eins, da kann sie machen, was sie will. Zuletzt ist sie weg, Donnerwetter, die haben sie fein eingepökelt, man zieht befriedigt ab.
    Alles ist mit Brettern belegt. Die Berolina stand vor Tietz, eine Hand ausgestreckt, war ein kolossales Weib, die haben sie weggeschleppt. Vielleicht schmelzen sie sie ein und machen Medaillen draus.
    Wie die Bienen sind sie über den Boden her. Die basteln und murksen zu Hunderten rum den ganzen Tag und die Nacht.
    Ruller ruller fahren die Elektrischen, Gelbe mit Anhängern, über den holzbelegten Alexanderplatz, Abspringen ist gefährlich. Der Bahnhof ist breit freigelegt, Einbahnstraße nach der

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