Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)
mitgefangen, mitgehangen, aber morgen ist es aus: kommen mir die Hunde noch mal in mein Haus, wo ich Verwalter bin, und mischen sich in meine Angelegenheiten, da sollen sie mal sehen, wie die Grünen da sind. Das sind ja Ausbeuter, das sind Erpresser.
Und sie arbeiten und arbeiten zwei ganze Stunden in dem Keller, nach Gerners Wohnung tragen sie das meiste rüber, immer sackweise Kaffee, Korinthen, Zucker, die räumen gründlich auf, dann Kisten mit Alkohol, allerhand Schnaps und Wein, das halbe Lager schleppen sie weg. Gerner ist in Wut, daß er das alles mit die teilen soll. Die Olle drüben besänftigt ihn: »Ich hätte doch nicht so viel tragen können bei meinen Krampfadern.« Er giftet, sie schleppen noch immer: »Deine Krampfadern, du hättest dir schon lange Gummistrümpfe kaufen sollen, das kommt von dem ollen Sparen, Sparen immer, wos falsch ist.« Guste aber guckt bloß hinter ihrem Langen her, und der ist mächtig stolz auf sie vor die andern Jungs, das ist hier sein Geschäft, er ist ein Fixer.
Wie sie weg sind, haben wie Tiere gearbeitet, macht Gerner seine Wohnungstür zu, schließt sich ein und fängt mit Guste an zu saufen, wenigstens det muß er haben. Er muß alle Sorten durchprobieren, und die besten Sorten, die wird er noch morgen früh an ein paar Koofmichs abstoßen, und darüber freuen sich beide, Guste auch, er ist doch ihr guter Mann, und schließlich ist es doch ihr Mann und sie wird ihm helfen. Und von 2 in der Nacht bis 5 sitzen die beiden und probieren alle Sorten durch, aber gründlich, mit Plan, mit Berechnung. In tiefste Zufriedenheit über diese Nacht sind sie beide gesunken, sie haben sich bis oben vollgesoffen, wie die Säcke sind sie hingefallen.
Gegen Mittag sollen sie öffnen. Es klingelt, es bimmelt, es läutet. Aber wer nicht öffnet, sind Gerners. Wie sollen sie öffnen bei die Narkose. Aber die geben nicht nach, die bummern an der Tür, und da merkt Guste was und fährt in die Höhe und haut auf Paul los: »Paul, da kloppen welche, du mußt aufmachen.« Da sagt er erst: »Wo«, dann schiebt sie ihn raus, weil sie ja die ganze Tür zerschmeißen, wird der Briefträger sein. Steht Paul auf, zieht sich bloß die Hosen über, macht auf. Und da marschieren sie schon an ihm vorbei, drei Mann hoch, eine ganze Bande, was wollen die, wollen die Jungs schon die Sachen abholen, nee, das sind ja andere. Da sind es Bullen, Kriminalbeamte, und die haben leichtes Spiel, die staunen, die staunen, der Herr Verwalter, an der Erde liegt alles voll, auf dem Korridor, in der Stube, die Säcke, Kästen, Flaschen, Stroh, durcheinander, übereinander. Der Kommissar sagt: »Sone Schweinerei ist mir mein Lebtag noch nicht vorgekommen.«
Und was sagt Gerner? Wat wird der sagen? Der sagt kein Wort. Der kuckt sich bloß die Bullen an, übel ist es ihm auch, die Bluthunde, wenn ich ein Revolver hätte, kriegen die mich nicht lebendig raus, die Bluthunde. Da soll man wohl zeitlebens in die Baubude stehen, und die feinen Herrn haben sich mein Geld eingesteckt. Wenn sie mir bloß noch ein Schluck trinken lassen. Aber es hilft nichts, er muß sich anziehen. »Ich werd mir woll noch die Hosenträger anknöppen können.«
Die Frau sabbert und bibbert: »Ich weiß ja gar nicht, Herr Kommissar, wir sind doch anständige Leute, es muß uns einer reingelegt haben, die Kisten, wir haben ganz fest geschlafen, Sie habens ja gemerkt, da muß uns einer ausm Haus einen Streich gespielt haben, sagen Sie bloß, Herr Kommissar. Paul, was ist denn mit uns?« »Das können Sie alles auf der Wache erzählen.« Gerner fällt ein: »Jetzt haben die auch bei uns eingebrochen in die Nacht, Olle, sind dieselben wie von hinten, und darum solln wir uff die Wache.« »Können Sie alles nachher uff der Wache erzählen oder uffm Präsidium.« »Ich geh nich uffs Präsidium.« »Wir fahren.« »Gott, Guste, ich hab keen Ton gehört, wie die hier bei uns eingebrochen sind. Ich hab wie ne Ratte geschlafen.« »Ich ja ooch nich, Paul.«
Guste will rasch zwei Briefe aus der Kommode holen, sind von dem Langen, aber ein Beamter hat es gesehen: »Zeigen Sie mal her. Oder legen Sie wieder rein. Haussuchung ist nachher.«
Sie sagt bockig: »Können Sie, schämen sollt ihr euch, in ne fremde Wohnung zu kommen.« »Nu mal vorwärts.«
Sie weint, kuckt ihren Mann nicht an, sie schreit, macht Theater, sie wirft sich auf den Boden, man muß sie hochnehmen. Der Mann flucht und wird festgehalten: »Nu werdt ihr euch noch an die Frau
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