Berlin Gothic 7: Gottmaschine (Thriller) (German Edition)
verstecken kann.“
Felix‘ Augen ruhten auf ihr. Sein Gesicht wirkte, als hätte er alles Überflüssige durch pure Willenskraft daraus verbannt. „Treibel?“ Fast schien er erstaunt.
„Unser Chefredakteur? Der dich gestern Abend in die Redaktion gebracht hat.“
„Was geht mich Treibel an, Lisa?“
Sie musste schlucken.
„Ist das wirklich alles, was dich interessiert?“
Worte, Erinnerungsfetzen, der Nachhall unzähliger Berührungen durchblitzten sie.
„Du hast mich verlassen, Lisa“, Felix‘ Stimme war nur noch ein Flüstern, „dazu willst du mir nichts sagen?“ Seine Augen fixierten sie, der scharf geschnittene Mund war geschlossen, an den Wangen zeichneten sich die Kiefermuskeln ab. „Du hast mich verletzt Lisa, und jetzt schneist du hier rein und erzählst mir was von Treibel?“
Plötzlich war alles wieder da. Das Unerbittliche, das Überlegene, das für sie schon immer von ihm ausgegangen war. Felix war zwanzig Jahre älter als sie und er hatte diese Zeit nicht verschwendet. Er hatte mit der ihm eigenen Energie an sich gearbeitet, sich geschärft - bis er zu einer Waffe geworden war, die gefährlicher war als alles, was Lisa in ihrem Leben kennengelernt hatte.
„Wie kannst du die Dreistigkeit besitzen, nach all dem, was zwischen uns geschehen ist, hier aufzukreuzen und so zu tun, als wäre überhaupt nichts passiert?“ Felix hatte sich von seinem Platz erhoben und war an die Glasfront getreten, von der aus man in die dunkle Straßenschlucht hinunterblickte. „Was willst du von mir, Lisa?“
Es war, als wäre durch ihre Begegnung eine Schleuse in Lisa wieder aufgesprungen, die lange verschlossen gewesen war.
Sie hatte ihm nie wirklich etwas entgegenzusetzen vermocht. Felix‘ Gegenwart hatte schon immer auf ihr gelastet wie ein Alpdruck. Deshalb hatte sie ihn verlassen - und war zu Till gegangen. Zu Till, der auf sie gehört hatte, mit dem sie hatte reden können, sich verständigen - auf Augenhöhe. Zu Till, den sie seit jenem Abend vor zwei Jahren, an dem er Max aufgesucht hatte, nicht mehr gesehen hatte.
„Ich wollte ein Kind von dir, Lisa - schon vergessen?“ Felix hatte sich wieder zu ihr umgedreht und seine Augen schienen zu funkeln. Er machte einen Schritt auf sie zu und für einen Moment durchzuckte sie die aberwitzige Vorstellung, er könnte sich über sie beugen, mit einem Arm ihre Taille umschlingen und seine andere Hand auf sie pressen. „Du hast mir nicht gesagt, was du davon hältst, Lisa, du bist einfach nur davon gelaufen!“
Von der freundlichen Gelassenheit, mit der er sie im Kreis seiner Arbeitskollegen empfangen hatte, war nichts mehr übrig. Der Zorn und die Aufregung, die jetzt von ihm abstrahlten und in die er nur durch ihre Gegenwart gestürzt worden sein konnte, schienen die Luft zwischen ihnen förmlich aufzuladen.
„Hast du mich nicht gehen lassen, Felix?“, hörte Lisa sich mit seltsam rauer Stimme entgegnen. „An jenem Abend, gleich hier unten … ich bin aus dem Taxi gestiegen, erinnerst du dich? Wir haben geredet, ich habe gesucht, Felix - gesucht nach dem, was ich wollte. Aber … es kommt mir so vor, als wäre ich mitten im Satz gewesen - plötzlich hast du dich abgewendet, den Code in die Tür getippt - plötzlich warst du nicht mehr auf der Straße … plötzlich war alles aus.“ Sie konnte kaum fassen, was sie da sagte. Hatte sie Felix nicht den Rücken gekehrt, um für Till frei zu sein?
Gleichzeitig kämpfte sie gegen den Impuls an, eine Hand vorzustrecken, befürchtete beinahe, dass Blitze aus ihren Fingerspitzen hervorschießen und in seiner Brust einschlagen könnten.
„War es nicht so?“
Er stand vor ihr wie in den Boden gerammt und Lisa spürte, wie sie es genoss, von seinen Blicken verschlungen zu werden. Konnte es sein, dass sie ihm jetzt gewachsen war - anders als vor zwei Jahren, als sie nur das Gefühl hatte, ihm hilflos ausgeliefert zu sein?
Erinnerungen an einen Sommertag vor etlichen Jahren durchfluteten sie, Erinnerungen daran, wie sie im Pool ihrer Eltern geschwommen war und Felix am Rand des Beckens aufgetaucht ist. Wie sein Blick - der gleiche, mit dem er sie auch jetzt wieder festhielt - auf sie gerichtet war, wie er ihr dabei zugesehen hatte, während sie sich abtrocknete. Wie sie schon damals - gerade so wie jetzt - hatte spüren können, dass dieser Mann von einem gleichsam entgrenzten Verlangen nach ihr verzehrt wurde - einem Feuer, vor dem sie sich schon immer gefürchtet hatte - einem Feuer, das auch sie
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