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Berlin Gothic 7: Gottmaschine (Thriller) (German Edition)

Titel: Berlin Gothic 7: Gottmaschine (Thriller) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Winner
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Abständen über den Bildschirm.
    Max war nicht zu Hause. Am Tisch aber lungerte ein junger Mann, ein Junge fast noch, vielleicht achtzehn oder neunzehn Jahre alt, der Lisa zugleich neugierig und etwas feindselig musterte. Er war es, der ihr sagte, dass Max außer Haus sein würde, nachdem sie ihm verständlich gemacht hatte, dass sie Max‘ Schwester wäre, und es dem Junge gelungen war, seine Überraschung so gut wie möglich zu überspielen. Er war hübsch, unter seinem glänzenden, verwuschelten Haar leuchteten zwei dunkle, große Augen, und doch gab es in seinem Gesicht einen Zug, der Lisa irritierte und sie unwillkürlich dazu brachte, ihm zu misstrauen. Was er in Max‘ Behausung zu suchen habe, wagte sie ihn jedoch nicht zu fragen.
    Was sollte sie tun? Später noch einmal zurückkommen? Es erschien ihr unwahrscheinlich, dass es ihr gelingen würde, Max ausgerechnet dann abzupassen, wenn er einmal zu Hause sein würde. Und eine Handynummer von ihm hatte sie nicht.
    Also beschloss Lisa, in dem kleinen Haus auf ihren Bruder zu warten und nahm auf einem der Stühle an dem Tisch Platz, an dem auch der Junge schon saß. Benutzte Spaghetti-Teller, Flaschen, Aschenbecher, die seit Tagen nicht mehr geleert worden waren, drängten sich auf der Tischplatte. Lisa zog es vor, sich nicht darauf abzustützen.
    Bald schon hatte sich der Junge von dem Tisch erhoben und war nach draußen gegangen. Sie mochte danach vielleicht noch eine Stunde aufrecht auf ihrem Stuhl gesessen haben, bevor sie eingeschlafen war - geweckt wurde sie durch das Schlagen einer Tür.
    Lisa blinzelte zu dem Eingang, vor dem die Kinder gespielt hatten. Ihr Hemd klebte an ihrem Rücken, der Hals schmerzte von der ungewohnten Haltung, mit der ihr Kopf im Schlaf zur Seite gesunken war. Die Sonne war zwar noch nicht ganz untergegangen, ihre Glut aber gebrochen, so dass das Licht, das draußen noch herrschte, durch die geschlossenen Fensterläden weitgehend abgehalten wurde und es im Zimmer fast dunkel war.
    Und doch erkannte Lisa ihn sofort.
    Max war auf der Schwelle stehen geblieben und wirkte magerer als sie ihn in Erinnerung gehabt hatte. Das Haar trug er kurz, ein leichter, ausgeblichener, blauer Leinenanzug schlotterte um seinen Körper. Vor allem aber war es sein Gesicht, das ihr auffiel. Max hatte schon als Junge scharfkantige Züge gehabt, ein Gesicht in dem sich die Konflikte, die er ausfocht, stets abgezeichnet hatten. Jetzt aber war diese Schärfe seiner Züge geradezu ins Gespenstische vertieft.
    „Max.“
    Lisa stand auf. Gern hätte sie sich telefonisch vorab bei ihrem Bruder angemeldet, doch das Haus verfügte über keinen Anschluss. Mit zwei Schritten war sie bei ihm, umarmte ihn, fühlte, wie seine Arme sich um sie schlossen - ohne sie jedoch richtig zu drücken.
    „Was für eine Überraschung … “ Er schien Mühe zu haben, die Augen offen zu halten.
    „Wie geht es dir?“ Ihr blieben die Worte im Hals stecken. Was machte er in Rom? Was war das für ein Junge, der sie empfangen hatte? Was war es, das sich in seine Züge gegraben hatte?
    Aber sie wollte sich von der Beklommenheit, die sie bei Max‘ Anblick empfand, nicht einschüchtern lassen und begann, ihrem Bruder lebhaft von Berlin zu erzählen.
    Sie setzten sich an den Tisch, Max drehte den Kopf in ihre Richtung - seine Lider aber sanken immer wieder über die Pupillen herab. Mit offenbar großer Willensanstrengung zog er sie hoch, doch dann schienen die Pupillen darunter mit ihnen nach oben gezogen zu werden, so dass Lisa kurz ins Weiße seiner Augen blickte, bevor die Pupillen wie in Zeitlupe unter den Lidern wieder hervortauchten. Sein Blick strich über Lisa hinweg - kurz darauf folgten auch die Lider wieder dieser Abwärtsbewegung und senkten sich über die Augen.
    Noch nie hatte sie jemanden gesehen, der so müde wirkte.
    Es war klar, dass er nur eines wollte: Sich auf seine Matratze legen und schlafen. Sollte sie ihn allein lassen, in ein Hotel gehen, morgen früh wieder kommen? Oder hier bleiben? Aber wo? Es gab kein Gästebett, keinen Sessel - sollte sie sich auf den nackten Boden legen?
    Mit einem Ruck erhob sich Lisa aus dem Stuhl, auf dem sie Platz genommen hatte. „Vielleicht sollte ich mir ein Zimmer in der Nähe suchen und wir sehen uns morgen ein wenig die Stadt an?“
    Max stand ebenfalls auf und nickte. Er umarmte sie und wandte sich ab.
    Erst jetzt fiel ihr auf, dass der Junge, der sie vorhin begrüßt hatte, zurückgekommen sein musste, während sie

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