Berlin Gothic 7: Gottmaschine (Thriller) (German Edition)
hat es begonnen. Später habe ich gehört, dass Irinas Ex-Freund sie angesteckt haben soll. Ich weiß nicht, warum er das getan hat, ich habe ihn nicht gekannt. Die anderen meinten, er hätte jahrelang unter dem Einfluss von Felix gestanden. Aber als er Irina angesteckt hat, habe er das auf eigene Faust getan.“
Das Wasser strömt ungehindert in das Zimmer. Butz streckt die Hand aus. „Kommen Sie, es ist zu gefährlich. Wenn es einen Kurzschluss gibt, können sie sich verletzen … “
Aber seine Stimme verliert sich, denn er sieht, wie ihre Finger den Zug des Reißverschlusses berühren, der an der schwarzen Kunsthaut entlangführt.
„Meinen Sie wirklich, ich übertreibe?“ Sie nestelt an dem Verschluss des fischglatten Anzugs. „Ich habe Ihnen doch gesagt, dass ich die Wohnung nicht verlassen kann.“ Unendlich langsam, wie um nichts zu überstürzen, zieht sie an dem Verschluss, der von der Handkante, über den Arm, die Achselhöhle, ihre Seite und ihren Schenkel bis hinunter zur Spitze ihres zierlichen Fußes führt.
„Warten Sie - “
„Du hörst ja nicht auf mich. Ich kann nicht einfach dem nächstbesten Schutzpolizisten übergeben werden … nachdem sie mich hier … ich meine … siehst du das nicht? Ich weiß doch, wie es wirkt … “
Es knistert leise, während der Wagen des Reißverschlusses über die Biegungen und Täler ihres Körpers hinweggleitet - und sich die beiden Seiten ihres hautengen Anzugs aufspalten.
Butz‘ Mund wird trocken, sein Blick saugt sich förmlich an der schneeweißen Haut fest, die in dem wachsenden Dreieck unter dem sich öffnenden Reißverschluss zum Vorschein kommt. Unendlich zart, empfindsam, empfänglich.
Er muss zu von Quitzows Firma - den Freund dieser Irina ausfindig machen - aber Butz kann keinen klaren Gedanken fassen, während er sieht, wie sie sich entblößt - WAS sie da vor ihm entblößt.
Das sind keine Tattoos, das ist …
„Verstehst du jetzt, was ich meine?“, hört er sie flüstern und sieht, wie ihre Hand den Anzug ablöst, der auf einer dünnen Schweißschicht an ihrem Körper klebt.
„Aber“, sein Hals ist verschlossen, „das ist … “ NEIN! N - E - I - N! „ … es ist wunderschön.“
„Findest du?“
Ja.
„Gefällt es dir?“
DARF ES MIR NICHT!, schreit es in ihm, aber seine Lippen sagen: „Ja - ja - ja“, und schon tasten sie über die Haut, die sie freigelegt hat.
‚JA JA JA, lass mich dich ganz entblößen, bevor ich nie wieder an etwas anderes denken kann!‘ Und ohne dass er noch dagegen ankann, gleitet er zwischen die Arme, die sie ihm vom Bett aus entgegenstreckt, fühlt, wie seine Hände sich unter die Kunsthaut schieben, spürt, wie er einen Leib aus dem Anzug herausschält, der zu nichts anderem modifiziert worden ist, als dafür, ihm zu gefallen.
3
Lisa nimmt den Friedhof nur durch einen Schleier wahr. Die Tannen, die Wege, die Glocken, die Gäste, die Blicke, die Blumen, die Erde, die Gesten, die Worte, die Tränen.
Sie sagt seinen Namen vor sich hin, aber sie sieht ihn nicht vor sich. Sie sieht nur den Schleier vor sich, der die vormittägliche Prozession verschwimmen lässt.
Die Reden in der Kirche. Das Warten. Der Sarg. In dem er liegen muss. Auch wenn sie sich das nicht vorstellen kann.
Max liegt in diesem Holzkasten? Er ist nicht … entwichen? Er liegt dort drin?
Seine … Leiche?
Seltsame, unfassbare Vorstellung.
‚Max?‘
…
‚Ich habe meinen Bruder umkommen lassen.‘
Sie steht ein paar Schritte von dem Loch entfernt, das sie ausgehoben haben, und sieht zu, wie der Holzkasten in die Erde gesenkt wird. Wie kann man jemanden verscharren, ohne darauf zu achten, dass er auch wieder herauskommen kann? Wie kann man jemanden in eine Holzkiste legen und tonnenweise Erde darauf schütten?
Till ist gekommen. Sie kann ihn weiter hinten zwischen den Tannen stehen sehen. Zwei Jahre lang ist sie ihm nicht begegnet, aber ihre Gedanken sind woanders.
Lisa kommt sich vor, als wäre sie in voller Fahrt mit einem Motorrad gestürzt. Als wäre ihr Körper mit zweihundert Kilometern pro Stunde über den Asphalt geschleudert worden - als würde sie noch immer darüber hinwegschießen, sich überschlagen und über das Pflaster springen, durchglüht von dem Schrecken über den Sturz.
‚Ich habe ihn umkommen lassen.‘
War es nicht so? Hätte sie sich nicht mehr um Max kümmern müssen?
Wieso hat er es nicht geschafft? Was für eine seltsame Verdrehung in seinem Kopf hat ihn dazu getrieben, sich
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