Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin
vielleicht eine Spur zu schwerfällig. Ich habe keine große Neigung zur Ausgelassenheit, und Dagmar war die Art von Frau, die ein bißehen Spaß verdiente.
Da stand sie also nun und heiratete ihren Flieger. Und auf den ersten Blick besaß er alles, was eine junge Frau sich nur wünschen konnte: Er war jung, stattlich, und in der graublauen Uniform des nationalsozialistischen Fliegerkorps wirkte er wie der Inbegriff des strahlend jungen, arischen Mannes. Doch als ich ihm beim Hochzeitsempfang begegnete, war ich enttäuscht. Wie die meisten Parteimitglieder hatte Johannes Buerckel das Aussehen und Gehabe eines Mannes, der sich überaus wichtig nahm.
Dagmar machte uns miteinander bekannt. Johannes schlug, wie bei seinem Typ nicht anders zu erwarten, mit lautem Krachen die Hacken zusammen und bedachte mich mit einem kurzen Kopfnicken, ehe er mir die Hand schüttelte.
«Glückwunsch», sagte ich zu ihm. «Sie sind ein echter Glückspilz. Ich habe Dagmar gebeten, mich zu heiraten. Ich glaube nur nicht, daß ich in Uniform so gut aussehe wie Sie.»
Ich sah mir seine Uniform genauer an: Auf der linken Brusttasche trug er das silberne SA-Sportabzeichen und das Pilotenabzeichen; über diesen beiden Schmuckstücken prangte das allgegenwärtige Parteiabzeichen; und an seinem linken Arm trug er die Hakenkreuzbinde. «Dagmar hat mir erzählt, Sie wären ein Lufthansa-Pilot und vorübergehend dem Luftfahrtministerium zugeteilt, aber ich hatte keine Ahnung ... Sagten Sie nicht, Dagmar, er wäre ein. ' .. »
« Sportflieger.»
«Ja, richtig. Ein Sportflieger. Nun, ich wußte gar nicht, daß ihr Burschen Uniform tragt.»
Natürlich brauchte man kein Detektiv zu sein, um darauf zu kommen, daß «Sportflieger» eine dieser phantasievollen Umschreibungen der Nazis war und sich auf die geheime Ausbildung von Kampffliegern bezog.
« Er sieht prächtig aus, nicht wahr?» sagte Dagmar.
« Und du siehst wunderschön aus, mein Schatz», flötete der Bräutigam pflichtbewußt.
»Entschuldigen Sie meine Frage, Johannes, aber ist die deutsche Luftwaffe inzwischen offiziell anerkannt? »
« Fliegerkorps », sagte Buerckel. « Es ist ein Fliegerkorps. » Aber das war seine ganze Antwort. « Und Sie, Herr Gunther - Privatdetektiv, wie? Das muß interessant sein.»
« Ich führe private Ermittlungen durch », verbesserte ich ihn. « Manchmal ist es spannend.»
« Welcher Art sind Ihre Ermittlungen? »
« Ich mache fast alles, ausgenommen Scheidungsfälle. Die Leute verhalten sich merkwürdig, wenn sie von ihren Frauen oder ihren Ehemännern betrogen werden. Einmal beauftragte mich eine Frau, ihrem Mann zu sagen, sie plane, ihn zu verlassen. Sie hatte Angst, er würde sie abknallen. Also sagte ich's ihm, und, wissen Sie was, der Hundesohn versuchte, mich abzuknallen. Ich lag drei Wochen mit geschientem Hals im Gertrauden-Krankenhaus. Danach war für mich auf Dauer Schluß mit Ehesachen. Im Augenblick mache ich alles. Ich arbeite für Versicherungen, bewache Hochzeitsgeschenke und suche vermißte Personen - solche, von deren Verschwinden die Polizei noch nichts weiß, aber auch andere, deren Verschwinden gemeldet ist. Ja, das ist ein Bereich meines Geschäfts, der seit der Machtübernahme richtig aufgeblüht ist.» Ich lächelte so freundlich, wie ich konnte, und zwinkerte ihm vielsagend zu. « Ich denke, wir haben alle ganz hübsch vom Nationalsozialismus profitiert, nicht wahr? Richtige kleine Märzgefallene.»
«Du mußt Bernhard nicht ernst nehmen», sagte Dagmar.
«Er hat einen komischen Sinn für Humor.» Ich hätte weitergesprochen, doch die Kapelle hatte zu spielen begonnen, und Dagmar war so klug, Buerckel auf die Tanzfläche zu führen, wo sie mit herzlichem Beifall empfangen wurden.
Da der Sekt, der angeboten wurde, mich anödete, ging ich auf der Suche nach einem richtigen Schluck in die Bar. Ich bestellte ein Bock und einen Klaren zum Nachspülen, einen farblosen Kartoffelschnaps, für den ich eine Schwäche habe. Ich kippte Bier und Schnaps ziemlich schnell runter und bestellte dasselbe noch mal.
«Durstige Angelegenheit, so eine Hochzeit», sagte der kleine Mann neben mir: Es war Dagmars Vater. Er lehnte sich mit dem Rücken an die Theke und beobachtete voller Stolz seine Tochter. «Sieht zum Anbeißen aus, nicht wahr, Herr Gunther? »
«Ich weiß nicht, was ich ohne sie machen werde», sagte ich. «Vielleicht können Sie sie dazu überreden, ihre Meinung zu ändern und weiter bei mir zu bleiben. Ich bin sicher,
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