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Bernstein-Connection - Klausner, U: Bernstein-Connection

Bernstein-Connection - Klausner, U: Bernstein-Connection

Titel: Bernstein-Connection - Klausner, U: Bernstein-Connection Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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Angebot, oder?«
    »Falls es um das Bernsteinzimmer geht, du Lackaffe, gib dir keine Mühe.« Trotz des Pfeiftons, der sich heftiger denn je bemerkbar machte, antwortete Jensen mit einem breiten Grinsen. »Meinetwegen kannst du die ganze Bude hier auf den Kopf stellen – der Fetzen Papier, hinter dem du her bist, befindet sich ganz woanders.«
    »Schlecht für dich, Jensen, wirklich sehr schlecht«, spöttelte Rembrandt, ließ seine Tokarew um den Zeigefinger herumwirbeln und sah den Gefangenen, von dem das Gelingen seines Coups abhing, mit hochgezogenen Brauen an. Ohne ihn aus den Augen zu lassen, begab er sich daraufhin hinter den Schreibtisch und beugte sich über die drei aneinandergeklebten Papierfetzen, auf der ein Flusslauf, Bergrücken und diverse Stollen zu erkennen waren. Die topografische Karte, an den Rändern bereits vergilbt und offenbar älteren Datums, war zu drei Vierteln komplett, und obwohl ihre Einzelteile sichtlich gelitten hatten, erkannte man sämtliche Details. Auffällig daran war, dass der linke obere Teil fehlte und dass die mit roter Farbe hervorgehobenen Linien, der Legende zufolge unterirdische Stollen, scheinbar geradewegs ins Nichts führten. »Dabei hatte ich fest daran geglaubt, in dir einen einsichtigen Verbündeten zu finden.«
    »Such dir deine Handlanger woanders, Kameradenschwein, das Versteck drüben in Westberlin wirst du ohne mich sowieso nicht …« Die Schimpfkanonade, mit der er den verhassten Widersacher eindecken wollte, hatte noch nicht richtig begonnen, als Ole Jensen seinen Fehler bemerkte.
    Einen Fehler, wie er größer nicht hätte sein können.
    Rembrandt genoss seinen Triumph in vollen Zügen. »Sprich dich ruhig aus, Olaf«, stachelte er ihn schadenfroh an. »Gut zu wissen, dass du endlich Vernunft angenommen hast.« Holländer erhob sich, verstaute seine Tokarew und warf einen Blick auf die Uhr. »Beziehungsweise noch nicht ganz.«
    »Wenn du denkst, ich verrate dir, wo …«
    »Aber natürlich wirst du mir verraten, wo der fehlende Teil unserer Schatzkarte abgeblieben ist, Jensen. Weißt du auch, warum? Weil du raus willst aus diesem Loch, oder liege ich da falsch? Um jeden Preis, würde ich sogar sagen.« Rembrandt sah erneut auf die Uhr. »Gleich neun«, murmelte er, die Andeutung eines Flackerns in den Augen. »Höchste Zeit für ein Telefonat mit einem guten Freund.«
    »Jemand, den ich kenne?«
    »Höchstwahrscheinlich nicht«, wiegelte Rembrandt ab, schlenderte zur Tür und drehte sich blitzschnell um. »Aber immerhin jemand, den du in Kürze kennenlernen wirst. Vorausgesetzt, du nimmst endlich Vernunft an, Jensen.«
    »Und wenn nicht?«
    »Ich gebe dir genau eine Stunde Zeit, Olaf«, drohte Rembrandt mit erhobener Stimme, längst nicht mehr so abgebrüht wie zuvor. »Spätestens, wenn die Frist abgelaufen ist, wirst du auspacken, das garantiere ich dir.«
    »Sicher?«
    »Mehr als das.« Der Stasi-Offizier legte die Hand auf die Klinke, rückte seine Krawatte zurecht und funkelte Jensen boshaft an. »Keine Bange, Ole – die beiden Gorillas da draußen werden alles tun, damit es dir in der Zwischenzeit nicht langweilig wird.«
     
    *
     
    Es war kurz vor neun, als sich die im Verlauf des Morgens auf mehrere Tausend Demonstranten angewachsene Menge vor dem Eingang der verhassten Untersuchungshaftanstalt zusammenrottete. Eine Szene, wie sie sich an diesem Morgen überall in der DDR abspielte, einem Morgen, von dem nicht wenige glaubten, dass er ihnen die lang ersehnte Freiheit bescheren würde. Das hier war ihre Stunde, ihr Tag – und ihr Sturm auf die Bastille.
    Beim Versuch, ihren Wunsch nach Freiheit, Einheit sowie Abdankung der Statthalter Moskaus Ausdruck zu verleihen, sollte es allerdings nicht bleiben. Die Menge wollte mehr, weit mehr. Dort drinnen, in der einstmals so gefürchteten Haftanstalt, saßen nicht nur gewöhnliche Kriminelle. Das war allen, die sich dem Demonstrationszug angeschlossen hatten, bekannt. Dort drinnen saßen die Denunzierten, die Regimegegner, die Opfer einer Willkür, wie sie vor nicht allzu langer Zeit noch an der Tagesordnung gewesen war.
    Dort drinnen, in dem schäbigen Backsteingebäude, hätten auch sie, die sie auf das Portal zustürmten, sitzen können.
    Allein schon deshalb würden sie sich von ihrem Vorhaben auch nicht abbringen lassen, erst recht nicht von den Wärtern und Stasi-Beamten, die den Versuch unternahmen, sich ihnen in den Weg zu stellen. Angesichts der Menge, der sie sich gegenübersahen, ein schier

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