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Bernsteinaugen und Zinnsoldaten

Bernsteinaugen und Zinnsoldaten

Titel: Bernsteinaugen und Zinnsoldaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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Wochen, als Shemadans die Nachricht von der Zerstörung des Transporters und der weiteren Verschlechterung der Lage in der Stadt gebracht hatte.
    Und diese Menschen waren vierhundert Kilometer weit hierhergekommen, in Schneepanzern, nicht in den Gleitern der Polizei, die das Lager früher besucht hatten. Die Ereignisse wickelten sich nun sehr viel rascher ab, beschleunigt durch die Angst. Diese Männer kamen nicht länger in einer halboffiziellen Mission, sie kamen, um zu töten.
    „Was wollt ihr hier?“ sprach er sie an.
    Die Kolonisten hielten fünf Meter vor ihm an. Er sah die häßlichen Projektilwaffen nun ganz deutlich, ihre Mündungen wiesen auf seine Freunde, auf ihn selbst. „Bleibt, wo ihr seid. Du weißt, was wir wollen. Wir wollen eure „Freunde“!“ Ihr Anführer zog jene tiefe, klare Freundschaft in den Schmutz. „Känguruh-Liebhaber! Wo sind sie?“
    Er hatte diesen Mann schon früher gesehen, vielleicht aber auch nur allzu viele andere, die wie er waren, zu viele Gesichter, gezeichnet von blinder Bigotterie … „Sie sind irgendwo, wohin ihr ihnen nicht folgen könnt.“ Seine Augen schweiften über den gesichtslosen Mob.
    „Wir werden sie finden.“ Mit einem Wink schickte der Anführer einen Suchtrupp zu ihrem Lager und den Zelten der Eingeborenen. „Und wenn wir sie gefunden haben, dann könnt ihr zusehen, was wir mit ihnen machen – dafür, daß sie unsere Welt zerstört haben.“
    „Wir wissen, was die Kultisten mit dem Transporter gemacht haben.“ Er sprach leise, jede Silbe betonend. „Wir wissen, daß sie den Kontakt unterbrochen haben; niemand kann uns mehr erreichen. Aber die Eingeborenen können doch dafür nicht verantwortlich gemacht werden!“
    „Aber wer, zum Teufel, ist dann schuld daran? Es ist ihr Chitta, das unser Volk auslöscht und uns alle in den Wahnsinn treibt. Genau das haben sie geplant, um unsere Welt zu übernehmen!“
    „ Wir sind diejenigen, die ihnen ihre Welt weggenommen haben.“ Er konnte sich in diesem Fall nicht vom Rest der Menschen ausschließen, leider. „Glaubt ihr wirklich, eine Herde von … von ‚Känguruhs’ wäre in der Lage, eine so fürchterliche Vergeltung zu üben? Es ist unsere eigene Schuld, daß wir die Droge gedankenlos angewendet haben!“
    Er erinnerte sich daran, wie Shemadans einst gesagt hatte, es sei eine Art Vergeltung, eine ironische Justiz. Wie oft schon in der langen Geschichte der Menschheit waren „primitive“ Randgruppen wie die Wirklichen Menschen durch eine übermächtige Technologie dezimiert und vernichtet worden? Und dieses eine Mal war es umgekehrt gewesen … „Könnt ihr nicht erkennen, daß alles, was wir hier getan haben, falsch war? Wir müssen umdenken, wenn wir den Rest unserer Gruppe vor dem Untergang bewahren wollen. Wir müssen zusammenarbeiten, auch mit den Eingeborenen …“
    Seine Stimme redete unaufhörlich, stolperte über unbeholfene Worte, die nicht in der Lage waren, das auszudrücken, was er meinte: sich von einem anderen Wesen absorbieren lassen, durch dessen Augen zu schauen, zu wissen, daß ein Teil von dir für alle Zeit überdauert … Wenn er ihnen das nur zeigen könnte, zeigen könnte, wie seine eigene, menschliche Selbstsucht durch andere Anschauungen, andere Gedanken verändert worden war; wie sehr alle Bewohner des Lagers sich in ihr Selbst vertieft hatten und wiedererstanden waren, toleranter ihnen und anderen gegenüber – mit einer Stärke, die der Menschheit immer gefehlt hatte.
    Und auch die Wirklichen Menschen waren durch die Vereinigung verändert worden. Für ihre Spezies hatte sich die Stabilität des „Zeige-Rituals“ in eine Überspezialisierung verwandelt, die eine mittelmäßige Begabung förderte und dabei Veränderung und Innovation verhinderte. Die Vereinigung mit Menschen hatte die Sternenmenschen-Kith-Freunde (er zeigte einen fast krankhaften Stolz über diesen Eingeborenen-Beinamen) davon überzeugt, daß eine Veränderung für beide Seiten von Vorteil sein konnte. Und jeder Mensch konnte die Geheimnisse der Technologie direkt in den Kopf eines ‚Wirklichen’ übergeben, konnte gedanklich ein Wissen vermitteln, das die evolutionäre Entwicklung vielleicht für immer vor ihnen verborgen hätte.
    Und alles, was sie gelernt hatten, konnte rasch und schmerzlos an andere Menschen weitergegeben werden. „Was kann die Einigung zwischen den Rassen uns denn bringen, außer Gutem? Noch niemals bisher hat es eine derart ergänzende Freundschaft zwischen zwei

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